Nein, Begeisterung löste dieser Sieg wohl bei niemandem aus, weder bei Spielern noch bei Fans. Der 1. FC Köln hatte sich mit Glück und Geschick mit 2:0 beim VfL Bochum durchgesetzt, dabei mehr gelitten als geglänzt. Die Tore fielen zu den bestmöglichen Zeitpunkten und waren aus Sicht der Bochumer mehr als vermeidbar – am Ergebnis ändert sich jedoch nichts. Und das ist auch der Ansatz, den Markus Anfang und seine Mannschaft in dieser Trainingswoche verfolgen sollten: Der Job wurde erledigt, das Spiel gewonnen und die ersten drei Punkte eingefahren. Dass es nach der Vorbereitungszeit noch ein wenig dauern dürfte, bis die Spielidee vollends greift, hatte Anfang zwischenzeitlich sowieso des Öfteren betont.
Es steht außer Frage, dass Anfangs Spielstil, auf Offensivfußball und Dominanz ausgelegt, im Zweifel eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit mit sich bringt als ein destruktiver, defensiv orientierter Verteidigungsfußball. Dementsprechend wird es in dieser Saison Spiele geben, in denen der 1. FC Köln sein Publikum begeistert – dazu muss allerdings der Gegner das Spiel des effzeh zulassen, das Spiel eine entsprechende Dynamik entwickeln und die Spieler des 1. FC Köln ihr zweifelsfrei vorhandenes Potenzial auf den Platz bringen. Denn genau das ist es nämlich, was den effzeh und den Hamburger SV von den 16 Mitbewerbern unterscheidet: Die Möglichkeit, durch überdurchschnittlich hohe Gehaltszahlungen bessere Spieler an Land zu ziehen und zu halten.
Die Qualität des 1. FC Köln wird sich auf Dauer durchsetzen
Der Satz, dass Geld alleine keine Tore schieße, ist natürlich richtig – bewiesen wurde jedoch auch, dass sich langfristig immer diejenigen Mannschaften erfolgreich zeigen, die die besten Spieler hatten. Und diese kosten im kapitalistischen System Profifußball eben Geld. Von daher wäre es vermessen, wenn der 1. FC Köln die Rolle des Favoriten ablehnen würde, dafür ist die Qualität schlichtweg zu hoch. Dass mit Markus Anfang ein betont offensiv denkender Trainer am Geißbockheim das Sagen hat, hilft in diesem Zusammenhang ebenfalls.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der effzeh in der leistungsmäßig ausgeglichenen zweiten Bundesliga über 34 Spiele durch die Stadien pflügt und alle Gegner locker und leicht besiegt, dabei einen Kantersieg nach dem anderen herausschießt und bereits im Februar als Aufsteiger feststeht. Denn für die anderen 17 Mannschaften (mit dem HSV) ist ein Duell gegen den effzeh eines der Highlights der Saison, das darf man nicht vergessen. Und die Stützen der aktuellen Mannschaft haben nicht wirklich eine erfolgreiche Saison hinter sich, ganz im Gegenteil.
Das Aufstiegsrennen ist ein Marathon, kein Sprint
Horn, Hector, Özcan, Risse und Co. holten in der abgelaufenen Saison 22 Punkte und stiegen sang- und klanglos ab. Aus psychologischer Sicht muss die “Winnermentalität” als solche erst wieder behutsam gepflegt werden, bevor der 1. FC Köln eine Serie startet, die eventuell zum Aufstieg führt. Mit der Aufgabe “Wiederaufstieg” hatten sich in der Vergangenheit schon andere Mannschaften schwer getan, die aufgrund ihres Status als Absteiger ebenfalls hochgehandelt, in der zweiten Liga dann aber lange Zeit zittern mussten.
Im “kicker”-Sonderheft zur Bundesliga-Saison 2018/2019 steht dazu die passenden Worte: “Der HSV und der FC können sich auf einiges gefasst machen. So sehr die Liga darauf stolz ist, zwei solche Aushängeschilder zu haben, so wenig Rücksicht wird sie auf die beiden nehmen. Das krasse Gegenteil wird gar der Fall sein: Mit dem Anpfiff der Saison werden sie gejagt, in jeder einzelnen Sekunde, in jedem einzelnen Zweikampf. Und das Schöne daran, zumindest für die anderen: Wirklich verlieren können dabei nur die zwei Großen.” Verloren hat der 1. FC Köln am ersten Spieltag zwar nicht, die Vorschusslorbeeren konnte er jedoch auch nicht bestätigen.
Gebt der Entwicklung Zeit!
Ist das Ganze also ein direkt ein Problem, muss man gar Zweifel haben an einzelnen Spielern? Ist Salih Özcan wirklich der richtige Mann auf der Sechs? Welche Funktion soll Louis Schaub erfüllen, wenn er so spielt wie in Bochum? Das Plädoyer, den Entwicklungen Zeit zu geben, kann nicht häufig genug wiederholt werden. Erfolg im Fußball entsteht durch langfristige, kontinuierliche Arbeit an einem gemeinsamen Ziel – wenn man auf dem Weg dorthin Spiele gewinnt, ohne dabei zu glänzen, dann ist das völlig ausreichend. Die Prozesse werden sich weiter automatisieren, die Spieler werden an Sicherheit gewinnen und damit auch ihr Spiel verbessern.
Das funktioniert nur über Trainingsarbeit, gepaart mit Erfolgserlebnissen am Wochenende. Den ersten Schritt dahin hat der 1. FC Köln am Samstag gemacht, kommenden Montag geht es weiter. Auch wenn es dort einen Rückschlag geben sollte, muss man sich beim effzeh um das Leistungsvermögen der Mannschaft wohl keine Sorgen machen – auch wenn die spektakulären Spiele fehlen.