Seit heute herrscht wieder rege Betriebsamkeit im Kölner Grüngürtel, denn die Profis des 1. FC Köln haben am Mittwoch die Vorbereitung auf die neue Bundesliga-Saison angetreten – wie so ziemlich alles in diesen Zeiten auf ungewöhnliche Art. Am Geißbockheim waren keine Zuschauer*innen zugegen, die in voller Vorfreude auf die neue Saison den Neuzugängen zujubelten. Während das Publikum wegen der Pandemie-Maßnahmen fehlte, wartet der Bundesliga-Vierzehnte immer noch auf den ersten externen Spieler, der neu zur Mannschaft stößt – natürlich liegt das auch an der durch Corona veränderten Transferdynamik in diesem Sommer, aber auch am Wirtschaften des 1. FC Köln in der jüngeren Vergangenheit. Der schon leicht verkleinerte, aber immer noch nicht endgültig konkurrenzfähige Kader wird sich in den nächsten Wochen weiter verändern müssen: Einige Spieler müssen abgegeben, andere noch hinzugeholt werden. Für Vincent Koziello, Louis Schaub, Tomas Ostrak und Kingsley Schindler gibt es keine Zukunft in Köln, sie alle befinden sich derzeit auf Vereinssuche.
Für die Spieler, mit denen der FC plant, laufen bis einschließlich Freitag zwar erst einmal sportmedizinische Voruntersuchungen, offiziell befindet sich der FC aber dennoch in einem Prozess, der die Mannschaft bestmöglich auf die am Wochenende des 12. September beginnende Saison vorbereiten soll. Dann trifft die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol im DFB-Pokal auf einen Berliner Vertreter, bevor es eine Woche später in der Bundesliga mit dem ersten Spieltag losgeht. Bis dato warten mit dem FC Utrecht und dem VfL Bochum nur zwei Profiteams als Gegner, zuvor trifft der FC in Testspielen noch auf Porz, Lohne und Deutz. Zwischendurch reist der kölsche Tross für neun Tage in ein Trainingslager nach Donaueschingen.
Dem Kader fehlt es wohl an Kreativität
Neben der Arbeit an den Leistungsfaktoren des Fußballs steht diese Sommervorbereitung in Köln unter besonderen Vorzeichen: Stand jetzt ist nicht davon auszugehen, dass mit Jhon Cordoba und Mark Uth zwei der Schlüsselspieler der vergangenen Saison auch in Zukunft für den FC spielen werden. Während der Kolumbianer sich in seinem letzten Vertragsjahr befindet und noch Transfererlöse einspielen könnte, liegt die Zukunft von Uth aus finanzieller Sicht wohl eher in Gelsenkirchen – obwohl sich der Sachstand bei beiden bis in den Herbst noch verändern kann. In jedem Fall aber fehlt Markus Gisdol, dessen Vertragsverlängerung zum Vorbereitungsstart bekanntgegeben wurde, ein Spielmacher oder Satelliten-Stürmer, der neben Cordoba eingesetzt werden könnte. Durch den baldigen Weggang von Louis Schaub fehlt eine Alternative zu Dominick Drexler, der dem Label “Kreativspieler” im Kölner Kader wohl aktuell noch am nächsten kommt, zuletzt aber von Gisdol eher auf den Außenbahnen eingesetzt wurde. Die erste große Baustelle im Kader daher: Die Verpflichtung eines Zehners.
Unabhängig davon, wer beim FC als Sturmspitze agiert: Aktuell fehlt ein Übergangsspieler, dessen Stärken darin liegen, im letzten Drittel Aktionen einzuleiten, sei es aus eigenem Aufbauspiel oder eher aus Umschaltaktionen, auf denen beim 1. FC Köln in der letzten Saison der Fokus lag. Im aktuellen Kader kommen für diese Position Elvis Rexhbecaj und auch der nach seiner Rückkehr aus Kiel gereifte Salih Özcan in Frage – durch ihre Laufstärke und Dynamik liegen bei beiden die Stärken aber eher weiter hinten im Feld. Dort hingegen gelten Ellyes Skhiri und Jonas Hector als gesetzt und es dürfte schwer werden, die beiden zu verdrängen. Etwas besser sieht es auf den Flügeln aus: Neben Florian Kainz, Ismail Jacobs, Jan Thielmann und Tim Lemperle werden dort auch die beiden ehemals Langzeitverletzten Christian Clemens und Marcel Risse um ihre Chance kämpfen.
Überangebote im Zentrum
Ansonsten gilt es für Gisdol noch, einen Platz für Jannes Horn zu finden, dem von den Leih-Rückkehrern offensichtlich noch am meisten Chancen eingeräumt werden, langfristig um einen Kaderplatz zu konkurrieren. Frederik Sörensen wird nach dem Saisonende in der Schweiz erst im September zur Mannschaft stoßen, Lasse Sobiech sucht zwar anscheinend seine Chance, dürfte aber in der Hierarchie relativ weit hinten stehen. Mit Sebastiaan Bornauw, Rafael Czichos, Jorge Meré und Robert Voloder weist der derzeitige Kader eben auch schon vier Innenverteidiger aus.
Eines wird deutlich: Der FC verfügt derzeit in Abwehr- und Mittelfeldzentrum über ein Überangebot an Spielern, die konkurrenzfähig sind und für einen Startplatz in Frage kommen. Auch auf einer weiteren Position gilt das nur bedingt, denn gerade die Position des Rechtsverteidigers ist mit Kingsley Ehizibue und Benno Schmitz eventuell nicht ausreichend besetzt.
Personelle Veränderungen gab es rund um die Profis jedoch trotzdem: Neben der Verlängerung der Verträge des Trainerteams nahm der FC auf der Position des leitenden Physiotherapeuten eine Veränderung vor. Klaus Maierstein wird ersetzt durch Christian Osebold und dessen Team. Und auch eine weitere Personalie ist bemerkenswert: Ab sofort unterstützt mit Moritz Anderten ein Sportpsychologe die Mannschaft dauerhaft und nicht nur episodenhaft. Das ist insofern zu begrüßen, als die Ressourcen in der mentalen Leistungsfähigkeit der Profis in der Vergangenheit vielleicht nicht immer zu 100 Prozent ausgeschöpft wurden.
Keine Vorbereitung wie jede andere
Der 1. FC Köln bleibt trotz oder gerade wegen der vielen Herausforderungen eigentlich fortwährend im Ausnahmezustand. Seit der Bundesliga-Unterbrechung im März, dem Training im Home Office, der Wiederaufnahme des Normalbetriebs und der letztlich sieglosen zehn Spiele am Ende der Saison ist man am Geißbockheim derzeit weit davon entfernt, konzentriert und fokussiert an der Erreichung der Ziele zu arbeiten. Bis Saisonstart wird sich der Kader noch stark verändern und es ist derzeit noch komplett offen, welche Art von Neuzugängen dazustoßen – wenn überhaupt. Vielleicht gelingt es auch erst ganz spät, durch kurzfristige Deals den Kader zu verstärken. Was es allerdings bedeuten kann, schlecht in die Saison zu starten, weiß der 1. FC Köln noch aus der letzten Saison und leidvoller Erinnerung.