Folge uns
.

Analyse

Fünf Erkenntnisse aus dem Sandhausen-Sieg: Heldenfußball aus Hollywood

Der 1. FC Köln schlägt mit viel Mühe Kellerkind Sandhausen mit 3:1. Ein Befreiungsschlag war der hart erarbeitete Heimsieg aber für Trainer und Team nicht.

COLOGNE, GERMANY - FEBRUARY 08: Markus Anfang head coach of Koeln looks on prior to the Second Bundesliga match between 1. FC Koeln and FC St. Pauli at RheinEnergieStadion on February 08, 2019 in Cologne, Germany. (Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Doch individuelle Klasse blitzt nur in einzelnen Situationen auf, ist nur ungeplant abrufbar und kein Fundament für eine funktionierende Mannschaft. Gut zu sehen war dies am Samstagmittag wieder an Johannes Geis: Der defensive Mittelfeldspieler, der beim Heimsieg gegen den FC St. Pauli eine überzeugende Leistung bot, wurde vom SV Sandhausen konsequent aus dem Spiel genommen – sein Wert für den effzeh ist dann überschaubar und beschränkt sich auf die einzige Qualität, die ihm kein Gegenspieler nehmen kann: Seine Standardsituationen. Kaum verwunderlich, dass Geis’ auffälligste Szene seine Torvorlage zum 1:1 war. Ein schön getretener Freistoß. Für den Spielaufbau allerdings war Geis kein Faktor – auch ein Grund, weshalb Markus Anfang in der Pause reagierte und eine Reihe hinter ihm Marco Höger brachte, der von dort aus die Angriffe der Kölner eröffnen sollte.

Anfangs Wechsel saßen endlich einmal

Eine Umstellung, die sich für den 1. FC Köln auszahlen sollte: Die „Geißböcke“ kamen nicht nur mit neuem Elan aus der Kabine, sondern legten die Partie auch deutlich anders an. Neben Jorge Meré stand nun dank Höger ein weiterer Spieler in der letzten Linie, der über die nötigen Passqualitäten verfügt, gegen einen defensiv eingestellten, aber hervorragend anlaufenden Gegner die entsprechenden Räume zu finden. Jonas Hector konnte somit etwas nach vorne rücken und das Spiel dort ankurbeln. Ein Schachzug, der aufging – auch weil der effzeh es schaffte, nun mit größerem Tempo und mehr Zug zum Tor zu agieren. Der erzeugte Druck nach dem Seitenwechsel trug Früchte, nach Drexlers Ausgleich hatte der effzeh mehrmals die Führung auf dem Fuß.

https://twitter.com/MarcoHoeger/status/1099332111876714500

Die kam allerdings erst später – und dafür musste der Bundesliga-Absteiger seine größten Trumpfkarten ziehen: Erst kam Louis Schaub für den am Kopf verletzten Vincent Koziello, der nach seiner Verletzung eine eher überschaubare Startelf-Rückkehr feierte, dann sorgte Anfang unter dem großen Jubel der Kölner Anhänger für Anthony Modestes Heim-Comeback. Eine tödliche Kombination für die Sandhäuser, wie sich wenig später zeigen sollte: Schaub, der zuvor schon eine Riesenchance für Cordoba aufgelegt hatte, flankte butterweich auf Modeste, der nickte in bester Torjägermanier zum 2:1 ein. In der Nachspielzeit machte der Franzose dann nach einem schweren Abwehrpatzer der Gäste den Deckel drauf auf den Heimsieg. Und auf die Erkenntnis, dass auch Anfang durchaus im Spiel zu reagieren weiß. Etwas, das bei ihm häufig zurecht kritisiert wird.

Modeste ist zurück: Hollywood lässt grüßen

Der Kommentator der Partie hatte die passende Floskel gleich parat. „Geschichten, wie sie nur der Fußball schreibt“ – das war das Etikett, das Anthony Modestes Rückkehr ins Müngersdorfer Stadion verpasst bekam. Und ganz ehrlich: Wer dieses Drehbuch verfasst hätte, wäre hochkant aus jedem Schreibseminar geflogen. Mehr Kitsch als in Hollywood – und doch so seltsam real. Fünf Minuten war der umjubelte Rückkehrer auf dem Platz, da ließ er die Kölner Fans bereits das erste Mal feiern. Flanke Schaub, Kopfball Modeste: 2:1 für den 1. FC Köln. Die Erlösung an diesem sonst so zähen Samstagmittag. Dass die Geschichte nicht rund gewesen wäre, hätte der Hollywood-Held nicht auch noch für die endgültige Entscheidung gesorgt, steht natürlich völlig außer Frage. Was für eine Geschichte, die der Fußball da geschrieben hat.

https://www.instagram.com/p/BuOoYddF585/

Die Zahlen sind beeindruckend: 35 Minuten brauchte Anthony Modeste für seine ersten drei Treffer im effzeh-Dress nach der Rückkehr. Drei Chancen, drei Tore: Der Franzose beweist, dass er auch nach einer Saison in China und der darauf folgenden langen Spielpause vor dem gegnerischen Kasten nichts verlernt hat. Die durchaus geäußerten Zweifel, ob der 30-Jährige dem 1. FC Köln ohne Spielpraxis sofort weiterhelfen könne, dürften zerstreut worden sein. Und wer gesehen hat, wie Modeste über seine Treffer gejubelt hat, der sieht, wie sehr er für die Rückkehr der „Geißböcke“ in die Bundesliga brennt. Und wer gesehen hat, wie sich Team und Fans für und mit dem Angreifer gefreut haben, der weiß: Anthony Modeste ist endgültig wieder zurück beim 1. FC Köln!

Ein Schritt, doch es braucht mehr für den Aufstieg

Eine Leistungssteigerung dank gelungener Umstellungen, die bei einer starken Bank auch zu erwarten sind. Ein Pflichtsieg gegen den Tabellenvorletzten, der sich zwar aufmüpfig, doch letztlich fußballerisch zu limitiert zeigte und am Ende auch am Verletzungspech zweier Defensivstützen scheiterte. Ein Auftritt der „Geißböcke“, der eigentlich mehr Fragen aufwarf, als er Antworten gab. Ist das Gesicht des 1. FC Köln das aus der ersten Halbzeit oder das nach dem Seitenwechsel? Oder bleibt es bei diesen “Jekyll and Hyde”-Leistungen? Die ersten 45 Minuten waren ein taktischer wie spielerischer Offenbarungseid, der nicht nur den Autor dieser Zeilen zu dem Wunsch verleitete, dass FC-Vizepräsident Toni Schumacher doch seine Erfahrungen in Sachen Halbzeitentlassungen doch einmal von der anderen Seite ausprobieren sollte.

Auch interessant
3:1 im Heimspiel gegen Sandhausen: Modeste rettet den 1. FC Köln

Auch die zweite Hälfte lieferte nicht ausnahmslos Argumente für eine Weiterbeschäftigung des umstrittenen Trainers, dem diesmal immerhin das In-Game-Coaching glückte und darüber hinaus das oft zitierte Spielglück hold war. Das 3:1 gegen Sandhausen war letztlich nur ein erster Schritt, mehr allerdings auch nicht. Es braucht mehr für den Aufstieg, es braucht mehr für eine sportliche Perspektive in Köln. Die anstehenden Aufgaben in Aue und in Ingolstadt werden mehr Auskunft darüber geben können, ob sich die positiven Eindrücke aus der zweiten Halbzeit oder doch eher das Gefühl des Auftakts verfestigen werden. Ein kleiner Lichtblick für die kommenden Aufgaben: Dank des wiedergenesenen Louis Schaub scheint etwas mehr Struktur in die Offensivaktionen zurückkehren zu können. Für den derzeitigen Heldenfußball des 1. FC Köln kann das nur gut sein.

Seite 2 von 2Weiter

Mehr aus Analyse

.