Egal, was in dieser Saison noch passieren wird – irgendwann wird man sagen: “Weißt du noch, als der 1. FC Köln zuhause gegen Arsenal gewonnen hat?”
Als der 1.FC Köln im Heimspiel der Europa League Arsenal mit 1:0 niederringt, ist unser Autor mit dabei. Es war ein Abend voller Emotionen. Begeisterung, Schock, Euphorie, Verständnislosigkeit, unendlicher Freude. Dies ist der Ansatz einer Erklärung, was an diesem Donnerstagabend wirklich geschehen ist. Wer kein Kölner ist, der dürfte es schwer zu haben zu verstehen, was wir im Moment fühlen. Klar, der 1.FC Köln ist und bleibt der geilste Club der Welt, klar ist aber auch, dass die Mannschaft in dieser Saison ziemliche Grütze abliefert, vor allem vor dem gegnerischen Tor. Kein Zug, keine Ideen, zwei jämmerliche Punkte aus zwölf Spielen in der Bundesliga.
Dazu jede Menge Pech mit Videoassistenten, denen ich die Bezeichnung Schiedsrichter an dieser Stelle verwehren möchte, und mit Verletzungen aus dem Reich der Muskeln noch und nöcher. Und doch schweben wir auf einer Wolke des Hochgefühls. Es ist nicht egal, dass der effzeh taumelt, aber es ist anders als in den vergangenen Jahren. Denn einerseits kennen wir das Gefühl des Taumelns, wir wissen, was kommt. Die Angst vor dem Abstieg ist aber in diesem Jahr eine andere geworden. Früher war sie die Angst vor dem Absturz in die völlige Bedeutungslosigkeit. Heute wäre ein Abstieg ein schwerer Rückschlag. Aber wir sind wieder da. Der 1.FC Köln ist wieder wer. Wir spielen in Europa.
Arsenal zu Gast in Köln: Immer noch surreal
Donnerstagabend, Flutlichtspiel. Der Arsenal FC ist zu Gast in Kölle. Es ist immer noch völlig surreal, das sagen zu können. Der große Fußball auf Station in der Domstadt. Dass Arsenal eine B-Elf aufbietet, ist sowas von egal. Giroud, Wilshere, Mertesacker. Namen, die sich sehen lassen können und die belegen, wo der Unterschied zwischen dem effzeh und Arsenal. Wenn das eine B-Elf ist, dann ist und bleibt alles andere als ein Sieg für das Team von Sir Arsène Wenger in diesem Spiel eine Sensation.
Peter Stöger beeindruckt mich einmal mehr. Klar, viele Möglichkeiten hat der Trainer nicht mehr, drei Nachwuchskräfte sitzen auf der Bank und schnuppern Europa-Luft. Doch im Heimspiel gegen Arsenal mit drei Stürmern aufzulaufen, das zeugt von Mut. Und auch von einem Plan, einer Strategie. Leider ist die wie so oft in dieser Spielzeit dann konkret eher schwer zu erkennen. Von Angriffsspiel, für das die Offensivkräfte Osako, Cordoba und Guirassy ja sicher da sein sollen, ist wenig zu sehen. Allerdings gibt es Ansätze für Konter, die meist leider nicht gut ausgespielt werden.
Allen wird klar: Hier geht was für den 1. FC Köln!
Das Glück an diesem Abend ist, dass es Arsenal ähnlich geht. Weltmeister Per Mertesacker räumt weit aufgerückt alles ab, was da so kommt. Aber dann versackt der Ball auch in den Reihen der Londoner. Der Kölner Kampfgeist zeigt Wirkung. Klünter rennt, Horn grätscht, Meré schlägt alles hinten raus, was ihm vor die Füße kommt. Die Mannschaft definiert ihr Spiel über den Kampf, was auch sonst in dieser Saison und in einem Spiel, was vermutlich so schnell nicht wiederkommen wird. Es geht um die letzte Chance, doch noch in Europa zu überwintern. Dafür muss ein Sieg her. Das wissen auch die Fans. Gänsehaut-Atmosphäre im Stadion. Immer wieder zeigen die Kölner allerdings genau jene Schwächen, die sie so anfällig machen. Unnötige Ballverluste in der Vorwärtsbewegung und ganz miese letzte Pässe in die vermeintliche Schnittstelle. Dabei ist allen im Stadion klar, hier geht was. Die Erwartungshaltung wächst, weil Arsenal alles andere als übermächtig scheint.
0:0 zur Pause. Und dann spielen wir ein einziges Mal einen sehr klugen Doppelpass und Sehrou Guirassy ist im Strafraum des Gegners und fällt. Hat er gepfiffen? Das Spiel ist unterbrochen. Elfmeter! Elfmeter? Gibt er ihn wirklich? Ich bange kurz, dann sehe ich den ausgestreckten Arm. Er hat ihn gegeben, wir haben einen Elfmeter! Gänsehaut. Scheiße, mach ihn rein, Junge. Der Gefoulte tritt selbst an, Sehrou Guirassy gebührt gehöriger Respekt. Der junge Stürmer denkt nicht groß nach, sondern schnappt sich den Ball, übernimmt die Verantwortung und knallt ihn rein. Danke! Grenzenloser Jubel. Ja! Wir führen zum zweiten Mal in einem Jahr gegen Arsenal. Der 1.FC Köln ist wieder wer. Und ich bin dabei.
Den nahenden Absturz mit einem Lächeln ertragen!
Jetzt beginnt das Zittern auf den Rängen und der Kampf auf dem Platz wird noch intensiver. Pawel Olkowski, der sonst kaum Spielzeit bekommt, haut sich in jeden Zweikampf. Was für ein geiler Typ! Jannes Horn schleppt sich mehr schlecht als recht über den Platz. Timo Horn beißt auch auf die Zähne und verteidigt sein Tor mit allem, was er hat. Irgendwie schicken die Jungs den Ball immer wieder zurück, immer wieder weg vom eigenen Tor. Wir gewinnen das Heimspiel gegen Arsenal und bleiben im Rennen um den Einzug in die Zwischenrunde – als einzige deutsche Mannschaft.
Hoffnung, die ist uns Kölnern wohl vertraut. Oft mischen wir in unsere Hoffnungen noch einen oder gleich mehrere Schuss Ironie. So war es, seit ich denken kann. Denn mit Jahrgang 1987 ist der effzeh für mich immer verbunden mit der Hoffnung auf bessere Zeiten, nie mit dem Gefühl, dass diese Zeiten tatsächlich da sein könnten. Doch Wünsche sind jetzt Wirklichkeit geworden. Wir spielen in Europa! Das Bangen vor dem Absturz hat uns zwar wieder, aber ich kann es mit einem Lächeln ertragen – spätestens seit diesem Heimsieg gegen fucking Arsenal.