Mit seinem letzten Torschuss als Nachwuchsspieler sicherte Darko Churlinov am vergangenen Wochenende der U19 in der 92. Spielminute den 1:0-Sieg im Finale um den Mittelrheinpokal gegen Bayer Leverkusen und setzte damit den Schlusspunkt unter eine bemerkenswerte Saison der Ruthenbeck-Elf. Das vorangegangene, letzte Ligaspiel endete allerdings mit Tränen der Enttäuschung, als die sicher geglaubte Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft denkbar knapp verpasst wurde.
Die U19 des FC bot den Zuschauern in dieser Saison eine Reihe begeisternder Spiele, wie das 3:1 bei Schalke 04, den 1:0-Sieg beim damaligen Tabellenführer Borussia Dortmund, den 3:1-Auswärtssieg bei Borussia Mönchengladbach oder das 2:2 im Heimspiel gegen den BVB. In diesen Begegnungen bildeten mannschaftliche Geschlossenheit, taktische Disziplin, Einsatzbereitschaft und individuelle Klasse die Art von perfekter Symbiose, die nicht nur im Nachwuchsbereich eigentlich stets gesucht, jedoch eher selten gefunden wird.
Auf und Abs im Saisonverlauf der U19 des 1. FC Köln
Allerdings zeigten die A-Junioren des 1.FC Köln bisweilen auch ihr anderes Gesicht, verloren in Überzahl das Heimspiel gegen die Elf vom Niederrhein, unterlagen 0:3 bei Preußen Münster und 1:2 bei Alemannia Aachen – zwei Mannschaften, die qualitativ deutlich schwächer einzuschätzen sind als die junge Geißbockelf. Diese Niederlagen und unnötige Unentschieden in Oberhausen und Düsseldorf kosteten schlussendlich den zweiten Tabellenplatz und damit die Qualifikation für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft.
Nach dem 3:1-Sieg in Gladbach
Auffällig war dabei, dass sich Ruthenbecks Schützlinge gegen solche Teams besonders schwer taten, die körperlich sehr robust waren wie Münster, Aachen und Leverkusen. Ein möglicher Erklärungsansatz dafür ist die Altersstruktur der Mannschaft, in deren Stammformation stets mindestens fünf, nicht selten sogar sechs oder sieben Spieler aus dem jüngeren Jahrgang standen. Zudem bekam das Team über die gesamte Saison hinweg eine Defensivschwäche bei gegnerischen Standards nicht richtig in den Griff. Trotzdem zeugen die mehr als zehn Punkte Vorsprung des FC vor dem gewiss nicht schwachen Tabellenvierten Bayer Leverkusen von der hervorragenden Saisonleistung der U19 und dem beachtlichen Potential vieler Spieler.
Die Mannschaft im Einzelnen
Tor
Stammtorwart Vincent Müller (23 Einsätze) spielte eine gute Runde, stellte dabei seine Stärken auf der Linie und im Eins gegen Eins unter Beweis. Ruhig und abgeklärt, ohne erkennbare Schwächen konnte U17-Nationaltorwart Daniel Adamczyk Kostproben seines großes Talents in den Heimsiegen gegen Alemannia Aachen und Rot-Weiß-Oberhausen zeigen. Julian Roloff, Neuzugang von Viktoria Köln, kam auf einen Saisoneinsatz.
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Die Abwehr
Stammkraft auf der rechten defensiven Außenposition war Philipp Höffler (14 Einsätze), der vor allem durch seinen Offensivdrang zu gefallen wusste. Er verpasste die letzten sechs Spiele aufgrund einer Verletzung und wurde durch Henri Carlo Matter ersetzt (12 Einsätze). Von Hause aus Mittelfeldspieler benötigte Matter anfangs etwas Zeit, um sich an die neue Rolle zu gewöhnen, freundete sich aber immer mit dieser Position an und gefiel vor allem durch seine couragierten Flankenläufe.
Dominik Becker im DFB-Dress | Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images
U19-Nationalspieler Dominik Becker fiel verletzungsbedingt elf Wochen aus, konnte aber bei seinen Einsätzen zeigen, dass er ein schon recht kompletter Innenverteidiger ist mit ordentlichem Tempo, Zweikampfstärke und gutem Stellungsspiel. Die meisten Einsätze (je 21) auf der Innenverteidiger-Position absolvierten U18-Nationalspieler Elias Oubella und Robert Voloder, die sich als Rechtsfuß (Oubella) und Linksfuß (Voloder) gut ergänzten.
Ebenfalls 21 Einsätze absolvierte U18-Nationalspieler Noah Katterbach auf der linken defensiven Außenposition. Für einen Nachwuchsspieler verfügt er schon über eine beeindruckende Physis, die er sowohl in Defensivzweikämpfen als auch bei seinen Flankenläufen geschickt einzusetzen weiß. Zudem zeichnet ihn eine gute Technik und eine sehr geringe Fehlerquote aus.
Das Mittelfeld
Taktgeber und Fixpunkt im zentralen defensiven Mittelfeld war Luca Schlax (24 Einsätze), der zweikampfstark und passsicher für die Absicherung nach hinten und auch die Einleitung eigener Angriffe sorgte. Zudem erwies er sich als sicherer Strafstoßschütze, vier seiner sechs Saisontore erzielte er vom Elfmeterpunkt.
U18-Nationalspieler Can Bozdogan (24 Einsätze) wechselte sich mit dem tschechischen U19-Nationalspieler Tomas Ostrak (23 Einsätze) auf der zentralen offensiven Mittelfeldposition ab. Bozdogan gefiel dabei vor allem als unermüdlicher Antreiber und müsste eigentlich dank seiner Schussstärke auf mehr als das eine von ihm erzielte Saisontor kommen. Mannschaftskapitän Tomas Ostrak ist der Prototyp eines technisch feinen Fußballers und eröffnete durch gute Bewegungen am Ball und kluge Pässe viele Räume für seine Mitspieler. Die für den Erwachsenenbereich notwendige Physis wird er sich allerdings noch erarbeiten müssen.
Darko Churlinov noch im Trikot der U17 | Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Im linken Mittelfeld zu Hause landete Alin Aydin (22 Einsätze) mit seinen neun Saisontoren auf dem dritten Platz der teaminternen Torschützenliste. Ihn zeichnet neben einem guten Tempo und gefährlichen Abschlüssen aus der Distanz die Fähigkeit aus, nach Einwechslungen sofort präsent zu sein.
Der 16-fache lettische U19-Nationalspieler Bogdans Samoilovs kam in den meisten seiner 23 Einsätze als Einwechselspieler zum Zuge und stellte dort seinen Wert als mannschaftsdienlicher Spieler unter Beweis.
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Der Sturm
Sebastian Müller kam in seinen 21 Einsätzen auf 12 Tore und wurde damit zweitbester Torschütze der U19. Als oft auch auf der rechten Mittelfeldseite eingesetzter Spieler nahm Müller in mehreren Begegnungen die Rolle des zentralen Stoßstürmers ein, die er mit gutem Tempo und ausgeprägtem Torriecher ausfüllte.
Ab der Rückrunde stieß U17-Nationalspieler Tim Lemperle von der U17 des FC zum Team und fügte seinen elf Toren für die U17 ein weiteres für die U19 hinzu. Auf dem rechten Flügel bereitete er mit seinen Tempoläufen und gekonnten Dribblings zahlreiche Torchancen vor und schaffte den Sprung zur höheren Altersklasse ohne größere Probleme.
Auf der linken offensiven Außenposition sorgte der mazedonische A-Nationalspieler Darko Churlinov in seinen 23 Einsätzen mit 18 Toren und vier Assists für sehr viel Torgefahr und war oft auch von zwei Gegenspielern nicht zu stoppen. Sein etwas unorthodoxer Laufstil erinnert bisweilen an Matthias Scherz, er besitzt gutes Tempo, eine enge Ballführung und vor allem einen ausgesprochen sicheren Torabschluss sowohl im Strafraum als auch aus der Distanz.
Oliver Issa Schmitt (16 Einsätze) wurde – wie in den Spielzeiten zuvor – auch in dieser Saison von Verletzungen heimgesucht und konnte dadurch sein großes Potential, das er als treffsicherer Stoßstürmer in der U15 und der U17 angedeutet hatte, nur zu zwei Saisontoren nutzen.
Der bosnische U17-Nationalspieler Elmin Heric (22 Einsätze) konnte als beidfüßiger Stoßstürmer die Torquote, die er im Vorjahr in der U17 erzielt hatte (26 Einsätze/12 Tore), in seinem ersten A-Junioren-Jahr noch nicht bestätigen und kam auf einen Saisontreffer.
Der Ausblick
Torhüter Vincent Müller wird den FC verlassen, mit Daniel Adamczyk und Vincent Friedsam stehen zwei U17-Nationalspieler als Ersatz bereit. Dominik Becker zieht es an die Weser zur U23 von Werder Bremen, Henri Carlo Matter schließt sich der U19 von Schalke 04 an. Philipp Höffler wird in der nächsten Saison voraussichtlich Teil der U21 des FC sein, mit Oubella und Voloder steht das starke Innenverteidigerpaar der aktuellen U19 Trainer Stefan Ruthenbeck auch in der neuen Saison zur Verfügung. Auch Noah Katterbach könnte noch ein Jahr bei den A-Junioren spielen; nur ist bei ihm fraglich, ob er nicht schon zur U21 oder gar zu den Profis hochgezogen wird. Aus der U17 des FC würden Dennis Dahmen, Meiko Sponsel, der türkische U17-Nationalspieler Yusuf Örnek und der marokkanische U17-Auswahlspieler Bilal-Badr Ksiouar als Ersatz bereitstehen.
U19-Trainer Ruthenbeck beobachtet das Spiel | Foto: effzeh.com
Luca Schlax wird in die U21 des FC aufrücken, während der mit einem Profivertrag bis 2022 ausgestattete Tomas Ostrak vor einer Ausleihe – möglicherweise zu Erzgebirge Aue – stehen könnte. Während die Zukunft von Anil Aydin noch ungeklärt ist, wird Can Bozdogan ein weiteres Jahr der U19 des FC angehören. U17-Nationalspieler Sebastian Papalia wird für das defensive zentrale Mittelfeld der U19 zur Verfügung stehen, Finn Lanser, Joshua Schwirten, Jonas Berg und Meiko Sponsel als weitere Mittelfeldspieler kommen dazu.
Ausbildung wichtiger als Ergebnisse
Im Sturm ist die Zukunft von Darko Churlinov noch ungeklärt, Oliver Issa Schmitt wird zukünftig in der U21 des FC spielen, die enorm schnellen U17-Nationalstürmer Marvin Obuz und Jan Thielmann zusammen mit Tim Lemperle und Sebastian Müller für eine stark zu beachtende Offensivabteilung der U19 sorgen. Hinzu kommt voraussichtlich noch Jacob Anton Jansen, der mit 18 Saisontoren beste Torschütze der U17.
Man kann wohl damit rechnen, dass Ruthenbecks Team auch in der nächsten Saison ein gehöriges Wort im Kampf um die Spitzenpositionen der A-Junioren Bundesliga West mitreden werden. Die Talente sind da, doch der Übergang von der U19 in den Erwachsenenbereich muss besser gelingen als bisher, dazu braucht es eine hochqualifizierte fachliche Begleitung, ein intensives Fördern und Fordern – und ein wenig mehr Mut seitens der Verantwortlichen. Auch die alleinige Fokussierung auf die Ergebnisse sollte nicht stattfinden, weil die Ausbildung der Spieler im Zentrum steht.