Mit dem Ausscheiden in der zweiten DFB-Pokalrunde beim 1. FC Saarbrücken hat sich der 1. FC Köln nur wenige Tage nach der mehr als vermeidbaren Niederlage gegen Mainz ein weiteres Problem eingehandelt. Nach dem 0:2-Rückstand und einer bis dato überschaubar guten Leistung verbesserte sich die Mannschaft von Trainer Achim Beierlorzer und kam durch Tore von Hector und Terodde zurück. Dass in der 90. Minute noch der Siegtreffer für den Spitzenreiter der Regionalliga Südwest fiel, sorgte daher in Köln für lange Gesichter – und die nächsten Anzeichen einer handfesten Krise.
In einer Englischen Woche versuchte Beierlorzer durch Rotation und einige personelle Wechsel die Belastung auf mehrere Schultern zu verteilen – der Plan ging sowohl in Bezug auf das Ergebnisziel (der FC verlor) als auch die Handlungsziele (der FC spielte überwiegend keinen Bundesliga-Fußball) gehörig daneben. Mit Benno Schmitz und Marcel Risse besetzte er die rechte Seite neu, im Sturm kamen Jhon Cordoba und Anthony Modeste zum Einsatz. Alle hatten in der jüngeren Vergangenheit wenig Spielzeit. Mit Dominick Drexler bekam der offensive Verbindungsspieler ebenfalls die Möglichkeit, wieder unter Wettkampfbedingungen zu spielen und der Mannschaft zu helfen.
Große Schwierigkeiten gegen einen Viertligisten
Am Dienstagabend entwickelte sich daher ein eher zähes Spiel, in dem der FC durch Cordoba nach 15 und Drexler nach 29 Minuten gute Möglichkeiten hatte. Beide Male gingen den Torchance gute Kombinationen voraus, die speziell bei der Drexler-Chance durch einen guten und öffnenden Ball von Jorge Meré (er verteidigte an der Seite von Sebastiaan Bornauw) eingeleitet wurden. Zwei gute Torgelegenheiten in einer Halbzeit gegen einen Regionalligisten sind aber für einen Bundesligisten kein Gütesiegel – der 1. FCS versuchte, den FC durch hohes Pressing zu stressen und den Raum zu verengen, mit Gillian Jurcher bot Trainer Dirk Lottner einen Spieler auf, der die Kölner Hintermannschaft mit seinen Dribblings immer wieder vor Probleme stellte.
Probleme hatte der 1. FC Köln darin, den Ball in die letzte Linie zu transportieren: Das Experiment mit den beiden aktuell formschwachen Cordoba und Modeste zusammen im Sturm ging nicht auf, sodass der Franzose bereits nach 45 Minuten durch Schaub ersetzt wurde. Im ersten Durchgang (und auch danach) versuchten es die Kölner viel über Distanzschüsse und Halbfeldflanken. Das zeugte allerdings von einer gewissen Ratlosigkeit – speziell die rechte Seite mit Risse und Schmitz konnte im Spiel mit Ball nicht überzeugen, weil sie entweder die falsche Entscheidung trafen oder aber die technische Ausführung nicht passte. Kurzum: Der FC hatte große Schwierigkeiten, Fußball zu spielen.
Der 1. FC Köln kommt zurück, bestraft sich aber wieder selbst
In der zweiten Halbzeit kam noch hinzu, dass Saarbrücken torgefährlicher wurde – erst vergab Jacob aus kurzer Distanz, danach traf Schorch zum 1:0 nach einem Halbfeldfreistoß, bei dem der Bundesligist wahrscheinlich zu tief verteidigen wollte und dann keinen Zugriff auf den Ball bekam. Nur wenige Minuten später waren die beiden Kölner Sechser nach einem abgewehrten Flankenball komplett aus dem Spiel und konnten nicht mehr absichern und eingreifen, sodass Meré ins Laufduell mit Jurcher geschickt wurde, was der Spanier zwangsläufig verlor und der Saarbrücker Stürmer zum 2:0 nach 57 Minuten nutzte – mit dem Doppelschlag hatte der Regionalligist den FC geschockt. Das 1:2 durch Hector nach guter Vorbereitung durch Katterbach bedeutete dann den Beginn der Aufholjagd gegen einen zunehmend müder werdenden 1. FCS. Die Kölner nutzten die Spielunterbrechung, um gleichzeitig Terodde für Schmitz einzuwechseln.
Damit ergab sich dann eine veränderte Grundordnung beim FC, bei dem Schindler (sehr offensiv) und Schaub (offensiv) fortan die rechte Seite besetzten. Gegen einen müden Gegner hatten die Gäste dann auch viel Ballbesitz, trafen durch Terodde zum 2:2 nach einem Umschaltmoment und hatten durch Drexler gar die Möglichkeit zum 3:2. Die bisherige Leistung hätte man ja irgendwie tolerieren können, wenn der FC in der Verlängerung den Sieg herausgeschossen hätte – dann hätten alle gesagt, ok, Mund abputzen und weiter geht’s. Doch der 1. FC Köln wäre nicht der 1. FC Köln, hätte er nicht durch eklatantes Fehlverhalten das Spiel in der 90. Minute noch hergeschenkt. Jonas Hector (!) warf den Ball auf der rechten Seite direkt zu einem Saarbrücker, der den Ball gleich nach vorne spielte.
Die Kritik nach der Niederlage nimmt zu
Die beiden Kölner Sechser standen in dieser Szene hinter- und nicht nebeneinander, sodass es für den Regionalligisten ein Leichtes war, eine Vier-gegen-Drei-Situation zu schaffen und Jänicke in eine Abschlusssituation zu bringen, die dieser auch zu nutzen wusste – 3:2 für Saarbrücken, Pokal-Aus, Blamage. Gerade die Entstehungsgeschichte des dritten Gegentreffers, bei dem der Kapitän zu viel wollte und gleichzeitig seinen Raum entblößte, steht ein wenig sinnbildlich für das Auftreten des FC.
Mit dieser Niederlage setzten beim 1. FC Köln auch wieder die Prozesse ein, die in jeder sportlich schwierigen Phase der jüngeren Vergangenheit griffen – über den Trainer wird nicht erst seit der Niederlage in im Stadion von Röchling-Völklingen diskutiert. Bereits im Monat September gab es nach schlechten Leistungen gegen Mönchengladbach, Bayern und die Hertha deutliche Kritik. Zwischendurch gelang es der Mannschaft jedoch, sich leistungs- und ergebnistechnisch zu fangen, wovon das Unentschieden auf Schalke und der Heimsieg gegen Paderborn Zeugnis waren.
Gegen Mainz war sicherlich nicht alles schlecht, der FC hatte ein wenig Spielpech, sodass ein Spiel auf Augenhöhe gegen einen solchen Gegner durchaus mal verloren werden kann, ohne gleich alles in Frage zu stellen. Wenn allerdings nur wenige Tage später eine Niederlage gegen einen Regionalligisten zu Buche steht und sich die Reservisten nicht wie erhofft Spielpraxis und Form zurückholen konnten, darf der Ton auch intern ruhig mal etwas rauer werden. Hinzu kommt, dass mit dem Derby gegen Fortuna Düsseldorf ein Spiel ansteht, in dem es für den FC um jede Menge geht: Die Fans gieren nach einem Erfolg über den Rivalen, gleichzeitig braucht es Punkte gegen einen direkten Konkurrenten.
Terodde, Czichos, Schaub – ihnen winkt die Rückkehr in die Startelf
Die Fortuna steht ebenfalls mit sieben Punkten auf Rang 14 und konnte von vergangenen fünf Partien nur eine gewinnen. Unter der Woche gelang zwar ein Heimerfolg gegen den Zweitligisten aus Aue im Pokal, wirklich überzeugend war der Auftritt allerdings nicht. Im ersten Erstliga-Aufeinandertreffen der beiden rheinischen Rivalen seit 22 Jahren ist daher alles bereitet für ein emotionales Spiel – was allerdings gerade den 1. FC Köln nicht von seinen Handlungszielen abbringen sollte. Aktives Verteidigen, schnelles Umschalten, Fokus auf die Flügel – diese Aspekte sind seit Beierlorzers Amtsantritt wichtig. Damit sie bestmöglich umgesetzt werden können, erscheint es sinnvoll, auf die zuletzt bewährten Kräfte zurückzugreifen.
Mit Rafael Czichos und Simon Terodde werden mit ziemlicher Sicherheit zwei Stammspieler und Leistungsträger in den Kader zurückkehren, auch Louis Schaub auf der Zehnerposition sollte wieder seinen Platz einnehmen. Gleiches gilt für den nicht immer stabilen, aber trotzdem noch konkurrenzfähigen Kingsley Ehizibue auf der rechten Verteidigerposition. Mit einem Derbysieg könnte sich die Mannschaft relativ zeitnah nach dem Aus gegen Saarbrücken wieder rehabilitieren und ihrem Trainer ein wenig Luft verschaffen – im gegenteiligen Fall würden die Diskussionen zunehmen und dem 1. FC Köln wahrscheinlich bald ein Trainerwechsel ins Haus stehen.