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„Es wirkte so charmant chaotisch”

Trotz einem durch schlechtes Wetter und dadurch bedingte Spielabsagen durcheinander geratenen Ablaufs, hat Jörg Schmadtke sich Zeit für ein Interview mit unserem Korrespondenten in Belek genommen. Der Sportdirektor spricht über die Vergangenheit in Hannover, die Entscheidung für den effzeh und die Gegenwart in Köln. Aber auch über Vaterfreuden, Transfer-Tabus und die Zukunft. 

Jörg Schmadtke © effzeh.com

effzeh.com: Herr Schmadtke, herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen.

Jörg Schmadtke: Sehr gerne.

effzeh.com: Was gab den Ausschlag für Sie nach Köln zu kommen? Welche Motivation steckte dahinter?

Schmadtke: Ich bin angesprochen worden. Dann habe ich mir überlegt: Was könntest du mit dem FC anfangen? Was ist das für ein Klub? Was ist machbar? Und am Ende ist dabei herausgekommen, dass ich gedacht habe, das ist ein interessanter Club, der aber in den letzten Jahren, aus welchen Gründen auch immer, nicht so funktioniert hat, wie es viele erhofft hatten. Mich hat interessiert, warum hat das nicht funktioniert und kannst du das vielleicht anders machen. Kriegst du das vielleicht hin, dass das wieder so funktioniert, wie die Menschen sich das vorstellen? Wie es so schön heißt: Der 1. FC Köln gehört in die erste Liga. Wird ja oft so gesagt. Dieser Meinung bin ich auch, aber das geht nicht von selbst. Dass der Club mit der Wucht seiner Fans, dieser Unterstützung eine besondere Marke in Deutschland darstellt, muss man ja niemandem mehr erklären. Aus all diesen Gründen bin ich hier.

effzeh.com: Haben Sie die Strukturen so vorgefunden, wie Sie es erwartet haben? Was war anders?

Schmadtke: Das ist ja immer ein schwieriges Thema. Wenn du einen Verein nur von außen wahrnimmst, wenn du bei einem anderen Klub bist, da guckst du ja auch immer links und rechts und nimmst ein paar Dinge wahr. Dann liest man natürlich bestimmte Dinge. Ich habe das mal irgendwann zu Beginn gesagt: es wirkte so charmant chaotisch. Aber als ich angefangen habe, hab ich von dem chaotischen eigentlich nichts mitbekommen, sondern das war sehr strukturiert, das war sehr klar. Und ich war schon ein Stück weit positiv überrascht darüber, in welcher Größe der Verein aufgestellt ist. Deswegen war es überhaupt gar nicht chaotisch, sondern eigentlich nur sehr charmant. (grinst)

effzeh.com: Welche Ziele verfolgen Sie bis 2017 – solange läuft ihr aktueller Vertrag beim 1. FC Köln?

Schmadtke: Aufstieg, Stabilisierung. Und ein paar Dinge, die wir optimieren wollen, wie zum Beispiel die Wirtschaftlichkeit, gepaart mit sportlicher Stabilität. Am Ende geht es immer darum, wirtschaftlich zu arbeiten und unsere Fans zu begeistern. Die sollen Spaß haben, die sollen Freude haben. Und wenn sie beim Spiel waren, sollen sie sich darauf freuen, in zwei Wochen wiederzukommen. Stabilität bedeutet, zunächst mal aufzusteigen und dann die Kluft, die zwischen einem Aufsteiger und einem Erstligisten liegt, möglichst schnell zu schließen.

effzeh.com: Wir möchten gerne auch noch auf Ihre letzte Station in Niedersachsen zu sprechen kommen. Was vermissen Sie aus Ihrer Hannoveraner Zeit?

© effzeh.com

Schmadtke: Ich habe da ein paar nette Menschen kennengelernt und die vermisst man natürlich gelegentlich. Aber das ist ja heutzutage nicht mehr das große Problem, in Kontakt zu bleiben. Wir haben ganz günstig gewohnt. Da konnten wir ganz gut mit dem Hund raus gehen, das war relativ unproblematisch. Das wird der Hund wahrscheinlich am Ende mehr vermissen als ich. Lange Spaziergänge, die sind in Hannover, zumindest wo ich gewohnt habe unproblematisch. Im Agnesviertel, wo ich jetzt wohne, geht das auch. Aber es ist schwieriger. Aber jede Stadt hat so ihre Besonderheiten. Köln ist eine große Stadt, die davon lebt, dass man kommuniziert und draußen ist oder sich draußen in Restaurants oder in Kneipen aufhält. Das ist in Hannover ein bisschen anders. Man nimmt aus jeder Station etwas mit, ein paar Einflüsse. Also mit Kindern und Hund ist es bestimmt in einer ländlicheren Gegend schöner, aber wenn die Kinder aus dem Haus sind, und der Hund was älter ist und nicht mehr ganz so viel Bewegung braucht, dann finde ich das Stadtleben schon richtig gut. Meine Tochter ist noch nicht ganz aus dem Haus, aber das dauert sicher nicht mehr lange.

effzeh.com: Ist das schwer für einen Vater?

Schmadtke: Ich finde das eigentlich sehr schön, wenn man sieht, wie die die Kinder größer werden. Man hat ja noch die Bilder im Kopf, als man sie auf dem Arm hielt, als sie noch gewickelt werden mussten.

effzeh.com: Gibt es etwas, dass Sie gerne aus der Hannoveraner Mentalität beim effzeh etablieren wollten?

Schmadtke: Jeder Klub hat seine eigene Genetik, seine eigene Mentalität und seine eigenen Dinge, wie man mit bestimmten Dingen umgeht. Und ich glaube nicht, dass die so ohne weiteres transportabel sind. Das ist auch die Herausforderung für jeden, der sich verändert in seinem Job. Also, entweder als Trainer oder als Manager oder wo auch immer. Man muss erkennen, dass man nicht mit einer Schablone kommen kann und sagt: So wird das jetzt gemacht, weil die Schablone schon bei zwei Vereinen funktioniert hat. Sondern man muss sich immer auf den jeweiligen Klub einlassen, und sich ein Stück weit anpassen.

effzeh.com: Und natürlich die wichtigste aller Fragen – Hannover 96 ist zu Ihrer Zeit im Viertelfinale der Europaleague gescheitert – wann gewinnt der effzeh den Europapokal?

Schmadtke: (lacht)  Super Frage. (lacht weiter)

Training für die Europaleague… © effzeh.com

effzeh.com: Eine Frage von Fans…

Schmadtke: Das ist Okay. Fans dürfen alles. Fans dürfen träumen, Fans dürfen sich freuen, Fans dürfen auch manchmal schräge Gedanken zum Ausdruck bringen. Das find ich total legitim und davon  lebt der Fußball und auch der Sport insgesamt, von dieser Begeisterungsfähigkeit der Menschen. Aber wir dürfen uns davon nicht beirren lassen. Sondern wir müssen unsere Ziele klar verfolgen, einen Schritt nach dem anderen machen. Und nicht den Fehler begehen zu meinen, wir könnten mal eben zwei oder drei Stufen einfach überspringen, weil wir die Allertollsten sind. Die anderen versuchen auch ihr Bestes, deswegen muss man da immer schön ruhig und entspannt bleiben und diese Schritte nach und nach verfolgen.

 

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Jörg Schmadtke kann es aber auch gesellig… © effzeh.com

effzeh.com: Man sieht Sie hier in Belek auch oft alleine und scheinbar nachdenklich in einer ruhigen Ecke des Trainingsplatzes stehen. Was geht Ihnen da so durch den Kopf?

Schmadtke: Manchmal habe ich auch ganz gerne ein bisschen Ruhe. Und ich beobachte halt. Ich versuche dann Dinge wahrzunehmen. Was passiert in der Mannschaft. Oder manchmal beobachte ich nur einen Einzelnen. Und manchmal stehe ich auch nur in der Ecke, und alle denken, ich würde nachdenken, dann träum’ ich so vor mich hin. Passiert auch. (grinst)

effzeh.com: Auf welchen Positionen und in welchem personellen Umfang muss und wird sich der 1. FC Köln – insbesondere im Fall des Aufstiegs – verstärken?

Schmadtke: Sollten wir aufsteigen, werden wir den ein oder anderen Spieler punktuell dazu holen. Aber wir haben eine sehr junge und entwicklungsfähige Mannschaft, die jetzt schon auf einem sehr guten Weg ist. Wir haben Vertrauen und wir trauen der Mannschaft auch einiges zu. Daher werden wir keine wilden Werke machen. Es wird nicht so sein, dass die Trikots, die die Fans dieses Jahr erstanden haben, dann in den Schrank gehören und zwanzig neue kommen. Das werden wir nicht tun. Ganz im Gegenteil, wir werden ganz sachte und punktuell vorgehen.

effzeh.com: Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die mit ins Trainingslager gereisten Youngster? Wir denken da zum Beispiel an Fabian Schnellhardt oder auch Andre Wallenborn, der im Testspiel gegen Legia Warschau als linker Außenverteidiger zum Einsatz kam.

Yannick Gerhardt                  © effzeh.com

Schmadtke: Wir haben ja auch die Jungen mitgenommen, um sie besser kennen zu lernen, und um zu schauen, wie gehen die mit einer Woche Dauerbelastung um. Und was passiert am Ende, was zwischendurch, wenn sie mal ein bisschen müder werden, wie halten die sich, wo müssen wir nochmal ein bisschen nachschieben oder wo nochmal helfen oder reicht es schon – oder halt auch nicht. Yannick Gerhardt ist ein gutes Beispiel für einen Spieler aus den eigenen Reihen, der wurde schon früh gefordert, aber man hat gesehen, dass er es packen kann. Sowohl für uns als auch für die Fans ist es das Allerbeste. Jungs aus dem eigenen Verein, die kennt man, die mag man, da verbindet man eine Geschichte mit. Wir hoffen, dass der ein oder andere Junge das Zeug dazu hat. Dann spannen wir dem das Segel auf, geben Rückenwind. Aber manchmal, wenn es nicht geht, muss man eben auch Qualität dazu nehmen.

effzeh.com: Haben Sie da bereits konkrete Namen im Kopf?

Schmadtke: Wir sind schon dabei, Dinge zu sondieren und zu klären. Wir haben da mehrere Gedanken im Kopf und planen in beide Richtungen, sowohl wenn der Aufstieg nicht funktioniert – wovon wir aber nicht ausgehen – als auch wenn er funktioniert.

effzeh.com: Was muss denn ein Spieler neben fußballerischen Qualitäten mitbringen, damit er für Sie und den 1. FC Köln interessant ist?

Schmadtke: In erster Linie ist schon immer wichtig, dass er die fußballerische Qualität hat. Aber dann muss er natürlich auch in die Mannschaft hineinpassen. Wenn man das hier beobachtet, dann sieht man, dass wir eine richtig tolle Truppe haben. Die Arbeitsmoral ist gut, das Miteinander und Untereinander ist gut. Ich glaube ja, dass wir den ein oder anderen verrückteren Fall auch hier verkraften könnten, weil die Gruppierung so stark ist. Aber man muss bei Verpflichtungen aufpassen, weil es nicht ausschließlich um den Einzelspieler geht, sondern um die Homogenität der Mannschaft. Die Gruppe muss bereit und in der Lage sein, bestimmte Dinge auffangen zu können. Am besten ist da natürlich ein Spieler, der anpassungsfähig ist, der um seine Stärke weiß und diese einbringt. Und der sich mit Haut und Haaren dem 1. FC Köln verschreibt.

effzeh.com: Sie schlossen bereits Wechsel von Spielern des 1. FC Köln an den Niederrhein aus.

Schmadtke: Ja!

effzeh.com: Gilt das auch umgekehrt? Gibt es andere Transfertabus?

Schmadtke: Das ist natürlich auch ein bisschen mit Augenzwinkern zu verstehen. Also das ist schon nicht so ohne, so ein Transfer von Gladbach nach Köln oder andersrum. Da gibt es eine große Rivalität zwischen den beiden Fangruppierungen, aber auch zwischen den beiden Clubs. Das ist ja schon Ende der 70er Jahre entstanden, als man miteinander um Titel gespielt hat. Das muss man ein Stück weit berücksichtigen. Gut, wenn da jetzt ein Spieler wäre, der bei uns wie die Faust auf’s Auge reinpasst, dann würden wir uns darüber trotzdem Gedanken machen, aber es ist dann sicher ein bisschen komplizierter und schwieriger.

Scouting oder Karneval mit Stöger? © effzeh.com

effzeh.com: Bald ist Karneval Herr Schmadtke, auf welches Kostüm sollten die FC-Fans an Weiberfastnacht achten, wenn sie sich mal mit ihnen unterhalten wollen? Oder feiern Sie in Düsseldorf?

Schmadtke: Nein, wahrscheinlich bin ich auf einer Spielbeobachtung. Da ist Euroleague, an dem Tag (lacht). Aber wenn ich nicht bei einer Spielbeobachtung bin, dann werde ich natürlich in Köln feiern.

effzeh.com: In welchem Kostüm?

Schmadtke: Das weiß ich noch nicht. Anfang Februar haben wir einen Termin, an dem wir uns über Kostüme Gedanken machen. Auch darüber, wie wir auf unserer eigenen Karnevalssitzung auftreten werden.

effzeh.com: Vielen Dank für das Interview und die herrliche Zeit, die wir hier verleben dürfen. Wir sind in einem tollen Hotel und der Fan-Abend hat großen Anklang gefunden. Herzlichen Dank für all das!

Schmadtke: Total gerne! Ich bedanke mich auch recht herzlich, auch für die tolle Unterstützung von euch. Dass ihr uns immer wieder aufrichtet, wenn es für uns auch mal schwer ist. Dann seid ihr da, und das hilft ungemein.

effzeh.com: Herr Schmadtke, wir wünschen Ihnen in unser aller Sinne den maximalen Erfolg für die Zeit beim 1. FC Köln.

Schmadtke: Danke und alles Gute.

 

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