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Erfolg in Aue: Drei Punkte, doch einige Fragen bleiben

Foto: Karina Hessland-Wissel/Bongarts/Getty Images

Dass die psychologische Komponente im Fußball eine wesentliche Rolle spielt, ist nichts Neues – dies gilt für die Mannschaft des 1. FC Köln in den ersten Wochen des Jahres 2019 mehr denn je. Nach einigen Spielen, die trotz vernünftiger Leistungen in Teilen dieser Spiele verloren gingen, gelang zuletzt ein 3:1-Erfolg gegen Sandhausen, obwohl dort überwiegend kein guter Fußball gespielt wurde. Und auch beim 1:0-Auswärtssieg in Aue, der den 1. FC Köln nach 23 Spieltagen wieder an die Tabellenspitze springen lässt, war von dominantem und attraktiven Ballbesitz-Fußball nur wenig zu sehen. Eine mit Glück zu Ende gebrachte Standardsituation, ein gut aufgelegter Timo Horn und mehr Augenmerk auf die Defensivarbeit – diese drei Komponenten reichten dem 1. FC Köln zum Sieg.

Nun werden trotz der sechs Punkte aus den jüngsten beiden Spielen in Köln weiterhin viele Dinge in Frage gestellt – ist Markus Anfang noch der richtige Trainer? Was passiert bei einem Aufstieg, ist der effzeh dann sofort Kanonenfutter? Warum trifft Terodde nicht mehr? Es mag zum Teil an der Erwartungshaltung, zum Teil aber auch am Naturell einiger Kölner Fans liegen, die sich Ende Februar, Anfang März und damit noch etwa fünfeinhalb Monate vom Start der nächsten Bundesliga-Saison mit den Aussichten für ihren Lieblingsverein beschäftigen. Natürlich wurde diese Erwartungshaltung auch bewusst durch die sportlich Verantwortlichen geschürt, die neben dem (selbstverständlichen) Wiederaufstieg auch gleich den Beginn einer neuen spielerischen Ära proklamierten.

Die Probleme zu Beginn der Partie: Muster oder Zufall?

Davon ist der 1. FC Köln speziell in diesem Winter noch weit entfernt. Dass die Kritik dabei nicht ins Uferlose abdriftet, ist in erster Linie den jüngsten beiden Erfolgen zu verdanken, die den Aufstiegsaspiranten wieder dahin gebracht haben, wo er laut eigenem Selbstverständnis hingehört – auf Rang eins. Gleichwohl offenbarte die Partie in Aue mehrere Probleme, denen sich diese Analyse widmen wird, ohne allerdings die Fortschritte außer Acht zu lassen. Ein wesentlicher Fortschritt bestand nämlich darin, wieder einmal zu Null gespielt zu haben. Wie es dazu kam, versuchen wir nach und nach aufzudröseln.

Am Anfang der Partie sah es allerdings nicht wirklich danach aus: Filip Kusic konnte als halblinker Innenverteidiger andribbeln, ohne Probleme die Mittellinie überschreiten und dann von Hector nicht mehr eingefangen werden. Der Nationalspieler musste dem Auer hinterher hecheln, konnte ihn noch in einen Zweikampf verwickeln, aus dem Kusic allerdings als Sieger hervorging und zum Abschluss kam. Einzig eine Parade von Timo Horn verhinderte in dieser Szene wieder einmal einen frühen Rückstand. Danach konnte sich Testroet circa 23 Meter vor dem gegnerischen Tor ungehindert drehen, hier hätte Geis etwas intensiver verteidigen müssen. Im Nachgang dieser Szene kam der Ball dann zu Hochscheidt, der allerdings zu wenig daraus machte.

Viel Laufarbeit für Hector und Drexler

Man kann argumentieren, dass die anfängliche Schlafmützigkeit in der Partie eine mentale Geschichte ist – dass Kusic allerdings von der ersten Defensivlinie nicht gebremst werden konnte, lag eher an der Art und Weise, wie der effzeh verteidigen wollte. Letztlich lag es an Timo Horn, der den Gegentreffer verhinderte – zuvor hatte der Auer jedoch viel zu Raum zur Verfügung. Nach elf Minuten gab es erneut eine solche Szene, in der Kusic ungehindert losdribbeln konnte und erst von Cordoba durch ein Foul gestoppt wurde. Die Gründe: Aue baute mit drei Leuten auf, dazwischen positionierten sich Terodde und Cordoba, die nach einem Pass auf die Halbverteidiger Cacutalua und Kusic anliefen und lange Bälle der Auer erzwingen sollten.

Gegen die beiden Aufbauspieler der Heimmannschaft (Riese und Kämper) spielten Drexler und Hector eine Art Manndeckung, beide übergaben ihre Gegenspieler jedoch auch und verfolgten diese dann weiter. Als Ankersechser spielte Marco Höger, der den Auftrag hatte, lange Bälle und die Innenverteidigung abzusichern. Das Problem: Hector und Drexler mussten enormen Laufaufwand leisten, um die Räume zu schließen und die Auer Aufbauspieler am Fußballspielen zu hindern.

Auf der nächsten Seite: Der Kölner Matchplan und Spielerrollen.

Positiv war jedoch, dass die Auer wenig mit eigenem Ballbesitz anzufangen wussten – speziell in der ersten halben Stunde hatte die Heimmannschaft zwei Drittel des Ballbesitzes für sich. In einem Spiel des 1. FC Köln in dieser Saison hat es womöglich keine Phase gegeben, in der der Gegner so häufig am Ball war. Das Aktionsdrittel war dabei jedoch vergleichsweise ungefährlich für Markus Anfangs Mannschaft: Die Auer Verteidiger (und Keeper Martin Männel) passten sich unter passivem Gegnerdruck den Ball zu und suchten nach Ideen. Erst danach (und speziell durch das Führungstor) übernahm der effzeh die Initiative und fand besser zu seinen eigenen Aktionen. Terodde und Cordoba öffneten vermehrt die Räume für Drexler und Hector, speziell über die halbrechte Seite schafften es die “Geißböcke” immer wieder, in gefährliche Räume vorzustoßen.

Fokus auf Defensive – bewusster Plan von Anfang?

Ob es der Matchplan von Anfang war, den Auern auf diese Weise die Initiative zu überlassen, kann durchaus sein – der Erfolg gab ihm recht. Hinzu kommt, dass der effzeh nicht an seine Leistungsgrenze gehen musste und in der Englischen Woche wichtige Kraft sparen konnte. Dass die Sachsen nach dem Gegentreffer nachließen, bemängelte nach der Partie auch Aue-Coach Daniel Meyer, der sich darüber ärgerte, dass sein Team nach einer halben Stunde hektisch wurde und das eigene Positionsspiel nicht mehr so durchzog wie noch zuvor. Dadurch konnte der effzeh, wenn auch nicht zwingend durch hohe Ballbesitzzeiten, das Spiel kontrollieren und das eigene Tor schützen. Eng wurde es nur noch einmal in der zweiten Halbzeit, als Jan Hochscheidt Timo Horn prüfte. Danach konnte sich der 1. FC Köln den Auer Angriffsbemühungen erwehren, auch weil der gefährlichste Offensivspieler Hochscheidt nach etwas mehr als einer Stunde ausgetauscht wurde.

Foto: Karina Hessland/Bongarts/Getty Images

Nach der Sandhausen-Partie wurde viel darüber diskutiert, dass der effzeh “Heroenfußball” spielen würde – aufgrund der individuellen Qualität der Einzelspieler würden die Spiele gewonnen werden, weniger wegen eines spielerischen Konzepts. Mit einigen Tagen Abstand und einem weiteren Sieg kann man dieses Urteil zum Teil revidieren: Die Spieler Meré und Hector beispielsweise, beide aufgrund ihrer Qualitäten sicherlich Ausnahmespieler für die zweite Liga, wurden für den mannschaftlichen Erfolg von ihren angestammten oder vorherigen Positionen verschoben, um an anderen Orten zu helfen. Meré spielte den halbrechten Innenverteidiger und überzeugte in den defensiven Kernkompetenzen – im Aufbauspiel hingegen fiel auf, dass die Option mit einem vertikalen Ball in den halbrechten Korridor seinen Fähigkeiten nicht wirklich entspricht.

Mögliche Veränderungen für die kommenden Spiele

Meré überzeugte bis dato in seiner Rolle als Aufbauspieler in einer Dreierkette, weil er den Ball sauber mit beiden Füßen und ohne großen Zeitverlust in alle Richtungen passen kann. Das kann Johannes Geis zwar auch, gegen stärkere Gegner könnte vielleicht Geis’ Tempodefizit auffälliger werden. Insgesamt fehlt dem effzeh ein Spielertyp wie Łukasz Piszczek, der unterschiedslos einen halbrechten Innenverteidiger in einer Dreierkette und einen rechten Verteidiger geben kann. Vielleicht wächst Benno Schmitz in diese Rolle ja noch hinein. Erschwerend kam hinzu, dass weder Clemens noch Risse in den letzten beiden Spielen als Wing-Backs überzeugen konnten, sodass die Frage nach dem 4-1-4-1 wieder etwas mehr an Dringlichkeit gewonnen hat. In diesem System könnte auch Jonas Hector auf seine angestammte Position als spielmachender Linksverteidiger zurückkehren.

Unterstützt von Florian Kainz, der offensiv Tempo und Tiefe bringen würde, könnte Hector auf dieser Position seine Stärken vielleicht etwas mehr einbringen als auf der Achterposition im Mittelfeld. Dort rieb er sich gegen Aue in Zweikämpfen auf, erledigte den Job – richtig glänzen konnte er in den vergangenen Wochen aber nicht. Wenn Koziello und Schaub wieder zu 100 % spielfähig sind, könnte das Mittelfeldzentrum (und speziell die rechte Seite) anders besetzt werden. Doch all das bleibt graue Theorie: mit zwei Siegen im Rücken reist der effzeh am Sonntag nach Ingolstadt, wo es um die nächsten drei Punkte geht.

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