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Nachspiel

Ein Rückschlag, fünf Erkenntnisse – der 1. FC Köln verliert gegen Belgrad

Ein Abend zum Vergessen? Nicht so ganz. Die Niederlage des 1. FC Köln gegen Partizan Belgrad liefert Erkenntnisse und bestätigt sowohl Vorbehalte wie auch den Weg von Trainer Steffen Baumgart.

Florian Dietz fasst den Abend zusammen (Foto: Ina Fassbender / AFP via Getty Images)

Ein Freistoß nach neun gespielten Minuten, getreten aus dem Halbfeld von einem Standardexperten, ein Wischer mit dem Kopf, 0:1. Partizan Belgrad hat den 1. FC Köln am Donnerstagabend im heimischen Müngersdorfer Stadion nicht unbedingt abgekocht, aber die Jungs von Steffen Baumgart mussten trotzdem jede Menge Lehrgeld bezahlen. Denn, auch wenn Schiedsrichter Ricardo de Burgos seine liebe Mühe hatte, die Kontrolle über das Geschehen auf dem Platz zu behalten und so im zweiten Durchgang mehr gewartet als gespielt wurde, so hat am Ende doch die Leistung des FC im dritten Spiel der Europa Conference League nicht ausgereicht.

Zwar hatte das Team von Steffen Baumgart ein deutliches Plus an Ballbesitz, hier stehen stolze 74 % zu Buche, und auch bei den Torabschlüssen stand es am Ende 17:10, doch Partizan Belgrad spielte eben nicht nur ausgebufft mit der Zeit. Sie waren lange Zeit auch die gefährlichere Mannschaft. Und blickt man auf die Statistik der Schüsse, die tatsachlich aufs Tor gingen, so stand es am Ende eben 5:5 – und ins Tor fand nur ein Ball den Weg, das 0:1 des 22 Jahre jungen Verteidigers Svetozar Markovic nach Vorlage des Belgrader 10ers, Bibras Natcho.

Er hat noch Arbeit vor sich – Steffen Baumgart (Foto: Ina Fassbender/AFP via Getty Images)

Kölns nominelle Nummer 10, Ondrej Duda, agierte bei den eigenen Versuchen derweil nicht genau genug. Auch Sargis Adamyan, Florian Kainz und Florian Dietz kamen selten über den Status des Versuchs hinaus, immer wieder rutschten die Kölner im letzten Moment weg oder es kam eben doch noch ein Belgrader Bein im letzten Augenblick dazwischen. Trotzdem lieferte der Abend einige Erkenntnisse, wichtige für das Trainerteam um Steffen Baumgart, aber auch für die sportliche Führung des FC rund um Christian Keller. Nicht alle diese Erkenntnisse sind überraschend, jedoch sind sie vor allem eins nicht: allzu negativ. Die erste jedoch offenbart dann doch ein Problem, dass der FC in der derzeitigen Phase hat:

Erkenntnis 1: Flanken alleine reichen nicht

RTL-Kommentator Marco Hagemann sprach irgendwann von „sicher 50 Flanken“, die der FC nach und nach in den gegnerischen 16er geschlagen hatte. Eine schier unglaubliche Zahl und „weit mehr als der Durchschnitt“, wie Hagemann anmerkte. Und er liegt richtig damit. Der FC Augsburg etwa kommt laut offizieller Bundesliga-Statistik nach acht gespielten Partien auf eine Gesamtanzahl von Flanken aus dem Spiel von 50. Wenn der 1. FC Köln das also in einem einzigen Spiel schafft, ist das eine ganze Menge. Jedoch sprang nun mal am Ende nicht ein einziges Tor dabei heraus und sogar nur genau eine Hand voll Abschlüsse aufs Tor. Das ist zu wenig. Zu wenig Durchschlagskraft, zu wenig Präzision bei eben jenen Flanken und zu wenig Torgefahr der Abnehmer im Sturmzentrum. Denn über zu wenig Zulieferungsversuche kann bei diesen Zahlen keiner ernsthaft sprechen.

Noch eine Einordnung allerdings: der 1. FC Köln ist der Flankenmeister der Bundesliga. Während angesprochene Augsburger auf Rang 16 liegen, hat zum Beispiel Union Berlin 96 Flanken aufzuweisen, der FC unter Steffen Baumgart allerdings 130. Das zeigt einerseits, dass Baumgarts Mannschaft Gas gibt, dass sie nach außen spielen und von dort in die Mitte flanken, dass die Spieler 90 Minuten anrennen und es versuchen – und es zeigt, dass Flanken eben nicht alles sind. Weder im Spiel gegen Belgrad, noch in der Bundesliga.

Erkenntnis 2: Diese Mannschaft hat Potential

Dennoch, diese Kölner Mannschaft hat Potential. Sieben Veränderungen hatte Steffen Baumgart vorgenommen im Vergleich zum berauschenden Sieg gegen Borussia Dortmund. Hinten verteidigte der junge Soldo, im Zentrum agierten erstmals überhaupt gemeinsam Eric Martel und Ondrej Duda und der Ex-Offenbacher Denis Huseinbasic stand ebenfalls in der Startelf. Kein Skhiri, kein Hübers, kein Hector, kein Ljubicic. Und trotzdem hatte diese Mannschaft Chancen, dieses Spiel zu gewinnen, die Belgrader wurden regelrecht eingekesselt in der eigenen Hälfte, wieder und wieder rannten die Kölner an, nur ein Tor wollte nicht fallen. Sorgen allerdings müsste man sich machen, wenn es keine Chancen gegeben hätte – doch es gab sie und zudem viele gute Ansätze. Und das führt nun mal direkt zur dritten Erkenntnis:

Erkenntnis 3: Junge Spieler brauchen Zeit

Nehmen wir doch einfach Denis Huseinbasic als Beispiel. 21 Jahre jung, im hessischen Erbach im Odenwald geboren, bei Frankfurt, Darmstadt und schließlich Offenbach zum Kicker herangewachsen – und nun auf einmal spielt dieser Junge im Europapokal. Vor der Saison für eine kolportierte fünfstellige Summe geholt, hieß es zunächst, Huseinbasic sei eine Wette auf die Zukunft und werde wohl direkt wieder verliehen. Doch darauf hatte der talentierte Mittelfeldspieler keinen Bock. Er zeigte sich, arbeitete sich auf den Radar seines Trainers – und durfte bleiben. Und nach 60 Regionalligaspielen, läuft Denis Huseinbasic nun  eben in der Bundesliga auf – und in Europa nach der Rotation seines Coaches gar von Anfang an.

Ist dem 21-Jährigen dabei alles gelungen? Bei Weitem nicht. Hat er hier und da auch seine Grenzen aufgezeigt bekomme? Aber ja, gerade körperlich zeigten die robusten Belgrader wie schwer es ist auf diesem Niveau. Doch Huseinbasic ist keiner, der aufsteckt. Und genau mit solchen Spielen wird unsere junge Nummer 8 wachsen und uns eher früher denn später eine Menge Freude bereiten. Daher macht Steffen Baumgart hier alles richtig. Spieler zu entwickeln heißt, ihnen zu vertrauen und Chancen zu geben. Und nicht falsch verstehen, Denis Huseinbasic war auch nicht wirklich schlecht. Allein, es fehlte eben ab und zu der letzte Schritt oder so ein wenig mehr Erfahrung. Nicht allein auf Huseinbasic bezogen referierte Steffen Baumgart bei RTL: „Uns fehlt an der ein oder anderen Stelle die Ruhe. Das ist ein Lernprozess.“

Ein vielversprechendes Talent: Denis Huseinbasic (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Erkenntnis 4: Mut schießt keine Tore.

Auch diese Erkenntnis baut auf der vorangegangenen auf. Denn so sehr der Mut Steffen Baumgarts gelobt gehört, so richtig es ist den arrivierten Stars auch mal eine Pause zu geben, so wenig schießt dieser Mut eben Tore. Auch Florian Dietz ist einer derjenigen, die einfach so reingeworfen werden und wurden. Zum echten Knipser macht Dietz das noch nicht. Immer wieder fehlen ein, zwei Meter, Laufwege stimmen nicht, Anspiele geraten zu kurz oder es passiert ein Stockfehler.

Und auch eingewechselte Spieler wie Linton Maina bringen jede Menge Mut mit ins Spiel des 1. FC Köln, doch das allein reicht eben auch nicht. Maina blieb erstaunlich oft am ersten Gegenspieler hängen, sein Spiel war mutig, aber vorhersehbar. Und doch wäre Maina in den Schlusssekunden der siebenminütigen Nachspielzeit um ein Haar die Vorlage zum Ausgleich gelungen, weil auch er es trotz aller Widrigkeiten eben wieder und wieder versuchte.

Erkenntnis 5: Der Fokus liegt auf Gladbach

Zum Ende der Nachbesprechung der ersten Niederlage des FC in der Conference League kommt die wohl wichtigste Erkenntnis. Der Fokus des 1. FC Köln ist die Bundesliga und im Besonderen das anstehende Derby gegen Gladbach. Das soll keineswegs bedeuten, dass hier irgendwer irgendwas abschenkt, aber Baumgart geht seinen Weg. Er schont Stammspieler, will trotzdem in Europa weiterkommen – schlecht sieht das auch trotz der Niederlage gegen Belgrad nicht aus, es ist alles offen – und dann liegt die vollste Konzentration aber eben auf Gladbach und der Liga. „Wir wissen, dass Hector und Skhiri eine andere Qualität haben, als die Jungs, die heute vielleicht drauf waren“, sagte Steffen Baumgart nach der Partie und versprach Gladbach einen „heißen Tanz“ – und das mit ausgeruhten Stammkräften. Keine schlechten Aussichten.

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