Der 1. FC Köln steigt mit der Kooperation mit SK Gaming in den E-Sport ein – zusammen mit dem Experten Malte Hedderich haben wir diesen Schritt, den Zustand des E-Sports in Deutschland und die Zukunftsperspektiven besprochen.
Als ein weiterer Bundesligist stellt der 1. FC Köln in Zukunft eine E-Sport-Abteilung: Mirza Jahic und Timo Gruneisen werden für die “Geißböcke” in der Virtuellen Bundesliga antreten. Der effzeh erhofft sich durch die Kooperation mit dem E-Sports-Team Hilfe und Beratung im Bereich E-Sport, während die Pro Gamer Jahic und Grueisen von den professionellen Strukturen des 1. FC Köln profitieren sollen. Malte Hedderich ist E-Sportler seit der ersten Stunde, hat die Entwicklung in den letzten Jahren mitbegleitet und -gestaltet – neben seiner Tätigkeit als Kommentator bei einem Fernsehsender entwickelt er den Bereich E-Sport in seinem Unternehmen. Wir haben mit ihm über die Kooperation zwischen dem effzeh und SK Gaming gesprochen.
effzeh.com: Malte, Danke für deine Zeit. Du bist eines der Gesichter im deutschen e-Sport, wenn es um FIFA geht. Der 1. FC Köln beschreitet jetzt neue Wege und kooperiert mit SK Gaming. Kannst Du uns diesen Schritt erklären? Welche Symbiosen können sich daraus ergeben?
Malte Hedderich: Der 1. FC Köln hat bereits erfolgreich professionelle Strukturen auf der sportlichen Ebene aufgebaut, beispielsweise im Aufbau des Trainings, aber auch in Themen wie der richtigen Ernährung für Sportler. Gaming-Teams wie SK Gaming sind Experten im digitalen Umfeld, haben mit dem E-Sports eine neue Sportart der jungen Generation mit zum Erfolg geführt. Ich erhoffe mir, dass der FC für innovative Ansätze im Bereich der Content-Produktion oder der Interaktion mit Fans offen ist, die im E-Sports-Umfeld erfolgreich funktionieren. Umgekehrt können sich professionelle Gamer mithilfe der sportlichen Infrastruktur sicherlich noch viel für den Aufbau ihres täglichen Trainings abgucken.
Wie kann man die Faszination e-Sport, die ja eher zur Jugendkultur gehört, Leuten schmackhaft machen, die bisher nicht so viel damit zu tun hatten?
Hedderich: Einfach mal ein großes Event in einem Livestream verfolgen. Die positive Energie, der respektvolle Umgang unter den Fanlagern und die actionreiche Kommentierung der Spiele macht dann hoffentlich Lust auf mehr.
GES-Sportfoto/Mercedes-Benz
Was kann der reale Fußball vom e-Sport lernen? Was können Mirza Jahic und Timo Gruneisen jetzt von den Profis des 1. FC Köln mitnehmen?
Hedderich: Die Vorbereitung auf wichtige Wettbewerbe, die Einstellung die man als Profi zu seiner Sportart hat – ich glaube, da sind die Fußballer aktuell noch etwas weiter. Auch wenn Mirza und Timo das FIFA-Zocken beide hauptberuflich betreiben und ich sagen kann, dass sie bereits sehr strukturiert und gezielt arbeiten.
Medieninteresse am E-Sport steigt, die Branche profitiert
Mittlerweile hat sich die Branche stark gewandelt, das Medieninteresse ist größer geworden und die Öffentlichkeit beginnt langsam aber sicher, E-Sport als solchen anzuerkennen. War es schwierig, zwischenzeitlich gegen Klischees und negative Meinungen anzukämpfen?
Hedderich: Auf jeden Fall. Das war einer der Gründe, warum ich mit ein paar Freunden bPartGaming gegründet habe, die ich allesamt vom Zocken kannte. Wir wollten eine Anlaufstelle für Interessierte schaffen, die Werbung für den E-Sport macht und beim Einstieg in die Szene hilft. Und auch bereit ist, differenziert über Kritikpunkte zu sprechen, beispielsweise dass es sicherlich nicht schadet, wenn man auch ab und an mal an die frische Luft geht und sich bewegt. Und ich hab mir sagen lassen, dass das tatsächlich von den meisten Gamern so gemacht wird (lacht). E-Sport ist für viele eine Leidenschaft, in die viel Zeit investiert wird – aber keine Suchtkrankheit oder die einzige Beschäftigung im Alltag. Es gibt diese Fälle, die muss man ernst nehmen, aber sie sind eine klare Minderheit.
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Für viele Bundesligisten sind Digitalisierung und Internationalisierung gerade wichtige Themen. Inwiefern kann eine Kooperation mit SK Gaming dort von Interesse sein?
Hedderich: Teams wie SK Gaming agieren mit dem “digital first”-Ansatz und sind von Natur aus international aufgestellt. Nationale Ligen gibt es, aber die ganz großen Turniere finden international statt. Daher hat SK Gaming sicherlich große Expertise darin, eine internationale Fangemeine aufzubauen und zu pflegen.
Die Bundesliga an sich ist bereits ein großes Geschäft, doch auch e-Sports holt kräftig auf, wenn es um Umsätze geht: wie sehen konkret die nächsten Schritte aus, e-Sport in der Gesellschaft konsensfähig zu machen?
Hedderich: Eine Anerkennung und Förderung als Sportart wäre sehr hilfreich. Die Groko-Sondierer scheinen da ja endlich verstanden zu haben, dass das Thema auf die Agenda gehört. Mehr Forschung und Prävention gegen Spielsucht und die kritischeren Themen schaden sicherlich auch weiterhin nicht.
E-Sport: “Aktuell fehlt eine gut organisierte Hobby- und Amateur-Ebene”
Die Branche professionalisiert sich zwar langsam, allerdings gibt es in vielen Bereichen noch Luft nach oben. Wenn Du könntest: Wo würdest Du direkt den Hebel ansetzen und Dinge zum Besseren verändern?
Klassische Sportvereine und E-Sports-Teams mehr miteinander verknüpfen. Sprich: Bestenfalls bietet der lokale Sportverein in Zukunft auch E-Sports an. Aktuell fehlt meiner Meinung nach vor allem eine gut organisierte Hobby- und Amateur-Ebene.
GES-Sportfoto/Mercedes-Benz
Viele Bundesligisten beklagen, dass junge Menschen sich anders sozialisieren und mittlerweile nicht mehr so ticken wie frühere Generationen: Durch die Mediennutzung schwindet die Bindung zu einem (lokalen) Bundesligisten, während einzelne Spieler und auch große Weltvereine wie Madrid und Barca immer mehr internationales Publikum anlocken. Kann e-Sport dabei helfen, die Identifikation mit einem deutschen Bundesligisten wieder zu steigern? Lag das vielleicht auch im Interesse des 1. FC Köln?
Hedderich: Das kann ich mir schon vorstellen, ja. Die Internationalisierung werden Pro Gamer nicht aufhalten, aber sie können helfen, die lokalen Teams wieder attraktiver für junge Leute zu machen. Neben Stars wie Messi kennt man jetzt eben auch die Pro Gamer – und oft sind diese noch deutlich authentischer als viele Fußballer. Ich hoffe, das behält sich der E-Sport bei: Geradeaus sein, nicht nur PR-Sprech.
Malte Hedderich: In jungen Jahren bereits ein alter Hase
Du bist mittlerweile selbst FIFA-Kommentator, hast aber früher auch als Profi gespielt und planst offenbar gerade dein Comeback, wenn man deinen Social-Media-Kanälen Glauben schenken darf. Kannst Du uns einen kurzen Abriss über deine bisherige e-Sports-Karriere geben?
Hedderich: Ich habe mich mit 16 für eine Weltmeisterschaft, den ESWC in Paris qualifiziert und war auch in einigen nationalen Wettbewerben vorne dabei. EA, der Spielehersteller, hat mich dann gefragt, ob ich auf der “gamescom” Promotion-Jobs machen möchte. Dadurch habe ich die Szene aus verschiedenen Blickwinkeln kennengelernt. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass ich unter anderem aktuell als “SPORT1”-Experte arbeite. Und genau, ich habe mich dieses Jahr für die Virtuelle Bundesliga qualifiziert, werde dort also gegen Mirza und Timo antreten und dafür trainiere ich diesen Monat. Das Sportliche ist aber nicht mehr meine höchste Priorität.
Wo liegen momentan Deine Arbeitsschwerpunkte in Deinem Unternehmen bPartGaming? Wo siehst Du e-Sport im Jahr 2025?
Hedderich: Unser Ziel ist es, FIFA-Interessierten das Spiel und die Wettbewerbe näher zu bringen und coole Inhalte zu kreieren. Ich koordiniere unsere Projekte mittlerweile vorwiegend hinter den Kulissen und kümmere mich beispielsweise um Sponsoren und Werbepartner. 2025 können hoffentlich noch mehr Gamer aus ihrem Hobby einen Beruf machen und im E-Sport-Umfeld arbeiten. E-Sport wird eine der größten Sportarten der Welt sein.