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Die Vorbereitung des 1. FC Köln 17/18: Sag mir, wo du stehst!

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Eher durchwachsen präsentierte sich der 1. FC Köln in der Vorbereitung. Zum Startschuss im DFB-Pokal blüht den „Geißböcken“ eine Reise ins Ungewisse.

Auch nach mehr als einem Monat Vorbereitung fiel Peter Stöger die Einordnung des Aufgalopps zur kommenden Spielzeit etwas schwerer als gewohnt. „Was kann man sagen nach einer Vorbereitung? Wahrscheinlich das, was jeder Trainer sagt: Dass die Mannschaft gut gearbeitet hat, dass wir die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, soweit umsetzen konnten“, erklärte der Trainer des 1. FC Köln. Yuya Osakos Verletzung stach negativ heraus, Marcel Risse ist nach neunmonatiger Leidenszeit dagegen wieder zurück.

Doch viel mehr Herausstechendes lässt sich nach einer den Ergebnissen nach eher durchwachsenen Einspielzeit für eine historische Saison der „Geißböcken“ von außen betrachtet nicht konstatieren. Es war eine an Highlights wie Tiefpunkten gleichsam arme Vorbereitung. Solide, konzentriert und strebsam wurde gearbeitet: An der Fitness der Spieler, die hoffentlich viele Englische Wochen vor sich haben. An den taktischen Abläufen, die nicht nur aufgrund des Abgangs von Anthony Modeste einer Feinjustierung bedurften. Und am Teamgeist, der beim effzeh in den vergangenen Spielzeit quasi zum 12. Mann auf dem Feld geworden war.

Keine Vorbereitung für Feinschmecker

So steht der geneigte Beobachter nach fünf Unentschieden in sechs Testspielen (einzig gegen den österreichischen Viertligisten Grazer AK schossen die Stöger-Schützlingen einen Sieg heraus) etwas ratlos dar. Der Kader präsentiert sich homogen, auch in den Leistungen ist kaum ein Abfall zu erkennen. Youngster wie Tim Handwerker und Nikolas Nartey verstecken sich keineswegs, die arrivierten Kräfte wie Matthias Lehmann oder Dominique Heintz zeigten sich erneut gut in Schuss. Doch gab es früher klare Vorbereitungsgewinner, die die Phantasie der Fans ankurbelten (remember Taner Yalcin!), so konnte sich aktuell kein Spieler derart deutlich in den Vordergrund spielen.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Das hat auch plausible Gründe: Die Einheiten gestalteten sich deutlich intensiver als in den vergangenen Jahren, der effzeh arbeitete hart an einer äußerst soliden Grundlage. Das ging durchaus auch auf Kosten der Auftritte in den Testspielen: Zum einen mischte Peter Stöger seine Mannschaft fleißig durch, zum anderen fehlte den „Geißböcken“ in den Partien körperlich häufig der letzte Punch. Doch wie wenig Aussagekraft die Ergebnisse in der Vorbereitung haben, sollte den effzeh-Fans spätestens seit dem Winter 2004 bekannt sein: Dort fiedelten die Kölner den russischen Meister ZSKA Moskau (oder vielleicht einfach nur eine Kellnerauswahl aus dem Mannschaftshotel) mit 9:1 ab, um dann sang- und klanglos abzusteigen. Bedeutet: Die Eindrücke aus dem „dreckigen Dutzend“ sollten nicht überbewertet werden.

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sucht
und warum vermutlich der Rückgriff auf Bewährtes erfolgt

Zweifel sind aber dennoch erlaubt: Der Abgang des 25-Tore-Stürmers Anthony Modeste hat ein gewaltiges Loch in die Offensivabteilung des glorreichen 1. FC Köln gerissen. Es ist utopisch, gleichwertigen Ersatz, der sofort eine solche Bilanz versprechen könnte, ad hoc zu erwarten. Auch Jhon Cordoba, angereist mit der Bürde einer zweistelligen Millionenablöse und der Empfehlung von zehn Treffern in 51 Bundesliga-Spielen, will bei den effzeh-Verantwortlichen niemand in die Rolle drängen: „Da werden Erwartungen geschürt, die es bei uns nicht gibt. Er wird von mir und dem Trainer nicht an 25 Toren gemessen”, sagt Sportgeschäftsführer Jörg Schmadtke.

Auf der Suche nach der Torgefahr

Es wird sich also in der Offensive einiges verändern, die Last des Toreschießens kann und darf nicht mehr auf einer Person lasten. Dass dies kompliziert werden könnte, bewiesen die Testspiele eindrucksvoll. Auf der Suche nach der Abstimmung und der passenden Chemie im Offensivspiel wirkte der effzeh des Öfteren nicht allzu durchschlagskräftig. Yuya Osakos Verletzung hat dabei ihr Scherflein dazu beigetragen. Denn nicht nur vor dem Tor war Modeste für die Stöger-Elf Gold wert, auch im Kombinationsspiel und bei Standards galt der Franzose als Fixpunkt bei den „Geißböcken“.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Insgesamt wirkte das Team in der Vorbereitung, als wäre es noch auf der Suche nach seiner Identität. Es wurde viel ausprobiert (Testspiele heißen offenbar nicht umsonst so!): Systeme und Personal wechselten durcheinander. Viele Fans vermissten vor Saisonstart einen Gradmesser, der dem effzeh zeigt, wo er zu diesem Zeitpunkt steht. Auch eine klare Stammelf lässt sich noch nicht prognostizieren, auf einigen Positionen tobt der Konkurrenzkampf ziemlich heftig. Für die Leistungen der Akteure kann dies nicht schaden, gilt es daher stets zu 100 Prozent bereit zu sein.

Direkte Verstärkungen gesucht

Die klaren Verstärkungen aber kristallisierten sich in den knapp fünf Wochen nicht heraus: Jannes Horn lebte sich zwar hervorragend ein, liefert sich aber aktuell auf links “lediglich” ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem etablierten Konstantin Rausch. Jhon Cordoba ist nach einem Blitzstart gegen den GAK leistungstechnisch etwas abgetaucht und laboriert dazu noch an einer Hüftblessur. Für das junge Defensivtrio Jorge Meré, Joao Queiros und Tim Handwerker gilt es derweil, sich sowohl an das neue Umfeld als auch an das neue Tempo zu gewöhnen.

So könnte am Ende vielleicht zum Einstieg in die neue Spielzeit eine Startelf auf dem Feld stehen, die keinerlei Neuzugänge beinhaltet. Das muss nicht besonders schlimm sein, gilt Peter Stöger doch als Trainer, der zum einen auf Bewährtes baut und zum anderen Neuem die entsprechende Zeit zum Reifen zu vergeben mag. Es darf nicht vergessen werden: Bis auf Anthony Modeste hat dieses Team in der vergangenen Spielzeit Platz fünf erkämpft und dabei Qualitäten gezeigt, die ihnen in der derartigen Form kaum jemand zugetraut hat.

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Stögers Rückgriff aufs Bewährte

Auch wenn Schlüsselspieler fehlen: Die Mannschaft hat bewiesen, ebenso anpassungsfähig wie ausgeglichen zu sein. So muss dem geneigten Beobachter beispielsweise nicht bange werden, wenn am Samstag in Bremerhaven Matthias Lehmann und Jonas Hector den Taktstock schwingen. Und letztlich steht nicht nur der effzeh vor einer Reise ins Ungewisse, das gilt auch für den Rest der Bundesliga. Schalkes Manager Christian Heidel fasste die Suche nach einem Fazit der Vorbereitung recht treffend zusammen: „Eigentlich lässt sich ein Urteil erst fällen, wenn man in die Saison gestartet ist, oder sogar erst nach einer Saison, wenn man das Ergebnis kennt.“

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