Zweifel sind aber dennoch erlaubt: Der Abgang des 25-Tore-Stürmers Anthony Modeste hat ein gewaltiges Loch in die Offensivabteilung des glorreichen 1. FC Köln gerissen. Es ist utopisch, gleichwertigen Ersatz, der sofort eine solche Bilanz versprechen könnte, ad hoc zu erwarten. Auch Jhon Cordoba, angereist mit der Bürde einer zweistelligen Millionenablöse und der Empfehlung von zehn Treffern in 51 Bundesliga-Spielen, will bei den effzeh-Verantwortlichen niemand in die Rolle drängen: „Da werden Erwartungen geschürt, die es bei uns nicht gibt. Er wird von mir und dem Trainer nicht an 25 Toren gemessen”, sagt Sportgeschäftsführer Jörg Schmadtke.
Auf der Suche nach der Torgefahr
Es wird sich also in der Offensive einiges verändern, die Last des Toreschießens kann und darf nicht mehr auf einer Person lasten. Dass dies kompliziert werden könnte, bewiesen die Testspiele eindrucksvoll. Auf der Suche nach der Abstimmung und der passenden Chemie im Offensivspiel wirkte der effzeh des Öfteren nicht allzu durchschlagskräftig. Yuya Osakos Verletzung hat dabei ihr Scherflein dazu beigetragen. Denn nicht nur vor dem Tor war Modeste für die Stöger-Elf Gold wert, auch im Kombinationsspiel und bei Standards galt der Franzose als Fixpunkt bei den „Geißböcken“.
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Insgesamt wirkte das Team in der Vorbereitung, als wäre es noch auf der Suche nach seiner Identität. Es wurde viel ausprobiert (Testspiele heißen offenbar nicht umsonst so!): Systeme und Personal wechselten durcheinander. Viele Fans vermissten vor Saisonstart einen Gradmesser, der dem effzeh zeigt, wo er zu diesem Zeitpunkt steht. Auch eine klare Stammelf lässt sich noch nicht prognostizieren, auf einigen Positionen tobt der Konkurrenzkampf ziemlich heftig. Für die Leistungen der Akteure kann dies nicht schaden, gilt es daher stets zu 100 Prozent bereit zu sein.
Direkte Verstärkungen gesucht
Die klaren Verstärkungen aber kristallisierten sich in den knapp fünf Wochen nicht heraus: Jannes Horn lebte sich zwar hervorragend ein, liefert sich aber aktuell auf links “lediglich” ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem etablierten Konstantin Rausch. Jhon Cordoba ist nach einem Blitzstart gegen den GAK leistungstechnisch etwas abgetaucht und laboriert dazu noch an einer Hüftblessur. Für das junge Defensivtrio Jorge Meré, Joao Queiros und Tim Handwerker gilt es derweil, sich sowohl an das neue Umfeld als auch an das neue Tempo zu gewöhnen.
So könnte am Ende vielleicht zum Einstieg in die neue Spielzeit eine Startelf auf dem Feld stehen, die keinerlei Neuzugänge beinhaltet. Das muss nicht besonders schlimm sein, gilt Peter Stöger doch als Trainer, der zum einen auf Bewährtes baut und zum anderen Neuem die entsprechende Zeit zum Reifen zu vergeben mag. Es darf nicht vergessen werden: Bis auf Anthony Modeste hat dieses Team in der vergangenen Spielzeit Platz fünf erkämpft und dabei Qualitäten gezeigt, die ihnen in der derartigen Form kaum jemand zugetraut hat.
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Stögers Rückgriff aufs Bewährte
Auch wenn Schlüsselspieler fehlen: Die Mannschaft hat bewiesen, ebenso anpassungsfähig wie ausgeglichen zu sein. So muss dem geneigten Beobachter beispielsweise nicht bange werden, wenn am Samstag in Bremerhaven Matthias Lehmann und Jonas Hector den Taktstock schwingen. Und letztlich steht nicht nur der effzeh vor einer Reise ins Ungewisse, das gilt auch für den Rest der Bundesliga. Schalkes Manager Christian Heidel fasste die Suche nach einem Fazit der Vorbereitung recht treffend zusammen: „Eigentlich lässt sich ein Urteil erst fällen, wenn man in die Saison gestartet ist, oder sogar erst nach einer Saison, wenn man das Ergebnis kennt.“