Jede Medaille hat, soviel dürfte bekannt sein, zwei Seiten. Und das Leben, das ja wesentlich komplizierter ist, sogar mehrere. Das Leben ist, so könnte man festhalten, eine Hydra, ein mehrköpfiges Wesen. Jedes Leben ist eine gespaltene Persönlichkeit. Da muss man schon flexibel bleiben, um das Ganze im Auge halten zu können.
Jeder Mensch hat ja auch verschiedene Rollen inne. So kann ein und dieselbe Person gleichzeitig Vater und Sohn sein, mit den entsprechenden, unterschiedlichen Rollenbildern, die damit verbunden sind. Das kommt sogar sehr oft vor. Diese Person kann sogar zusätzlich noch Onkel sein, Bruder und Ehemann. Und Neffe. Ihr versteht, worauf ich hinaus möchte. Es ist also so, dass alles eine Frage der Perspektive ist, der Betrachtung.
Und bei einem Fußballverein? Wie schaut es da aus? fragen mich die Kinder, denen ich vom Leben erzählen soll. Auch da ist alles eine Frage der Interpretation. Man kann beispielsweise souveräner Tabellenführer sein, mit vier Punkten Abstand auf den Zweiten, und sich gleichzeitig dafür rechtfertigen müssen, wenn nicht jedes Spiel einem Feuerwerk gleichkommt. Wenn man auswärts nur 2:2 spielt, nachdem man mit 0:2 zurückliegt. Alles eine Frage der Perspektive.
Ausgangslage
Der effzeh ist also etwas gemächlich aus der Winterpause gestartet. Er hätte durchaus das Polster zu den sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckernden Verfolgern bereits noch beruhigender ausbauen können. Hätte hier oder da noch weitere Zähler einsammeln können. Wenn da nicht manche Konzentrationslücken in der Abwehr gewesen wären und manch Abschlusspech. Aber so ist Fußball! – würde bestimmt Dragoslav Stepanovic nun sagen. Da steckste nicht drin! – mein Freund Schleppi.
Dennoch gestaltet sich die Ausgangslage sehr komfortabel. Halten wir einmal fest: Der effzeh führt sicher die Tabelle der 2. Liga an, hat zehn (!) Punkte Vorsprung auf den hochdekorierten FCK, vier auf die Fürther, die in der letzten Saison noch eine Liga über uns spielten und vom Abstand zu den Düsseldorfern, die ebenfalls kürzlich noch erstklassig waren, mal ganz zu schweigen. Was würde die Fortuna dafür geben, in unserer Situation zu stecken und unsere Ausgangslage zu haben? Und was passiert in Köln? Da diskutiert man über die Stärke/Schwäche des Sturms, fehlende Körpergrößen und über sinkende Formkurven. Natürlich darf man das alles nicht außer Acht lassen, natürlich gibt es Spieler, denen eine kleine Pause gut zu Gesicht stehen würde. Und natürlich ist der Aufstieg kein Selbstläufer, da muss man achtsam sein und meinetwegen auch einmal den Mahner á la Sammer verkörpern, aber man muss eben auch die andere Seite der Medaille betrachten und die ist nach wie vor sehr glänzend.
Wenden wir uns dem kommenden Gegner zu, dessen Ausgangslage sich drastisch verändert zu haben scheint. Cottbus vollzog einen interessanten Trainer- und damit Paradigmenwechsel vom eher fein anmutenden, rhetorisch beschlagenen, aber glücklosen Stephan Schmidt zu Jörg Böhme, der dem geneigten Fan eher als Relikt der Generation Umlöten in Erinnerung geblieben sein dürfte. Böhme, kein Kind von Traurigkeit, stand abseits des Platzes als Spieler für manchen Skandal, sein Kampfgeist war ihm jedoch nie abzusprechen. Den Satz: „Bevor ich Schlafengehe, reiße ich mein Haus erst ab und bau es dann wieder auf. Einhändig.“ hat er zwar niemals gesagt, es wäre aber ein schönes Böhme-Zitat. Wie auch immer. Der neue Coach, erst Anfang des Jahres quasi aus dem Nichts als Co-Trainer der Lausitzer verpflichtet, hat der Mannschaft offenbar, Achtung, klassischer Wortwitz! neue Energie eingehaucht. Wie sonst ist es zu erklären, dass die seit der Steinzeit sieglosen Cottbuser plötzlich die unschlagbaren Lauterer (Hust! Hust!) mit einem satten 1:0 schlugen?
Personal
Personal? Eigentlich egal. Ob wir nun mit ein, zwei oder 26 Stürmern auflaufen, ist eher ein Thema für den Boulevard. Wir sollten in das (Heim-)Spiel mit der Marschroute gehen, klar und sicher zu gewinnen. Wir sind schließlich Tabellenführer, Cottbus eher nicht. Mit wie vielen Spitzen dies dann vonstatten geht, ist dabei im Endeffekt zweitrangig. Denkbar, dass Stöger zu der Duo-Lösung mit Ujah und Helmes zurückkehrt. Für mich auch vorstellbar wäre es aber, dass bspw. Finne eine Chance von Anfang an erhält, schließlich wusste er am vergangenen Wochenende abermals nach seiner Einwechslung zu überzeugen und war schlussendlich an der Entstehung beider Tore beteiligt. Im Endeffekt ist es aber wie gesagt wurscht, wer die Tore für den effzeh-Sieg erzielt.
Peszko hingegen dürfte zunächst wieder auf der Bank Platz nehmen, zu fahrig war sein Spiel in Aue. Risse auf der anderen Seite wäre grundsätzlich für mich ein Kandidat für eine Pause gewesen. Allerdings vor Aue, denn dort habe ich ihn dann deutlich verbessert gesehen und war daher auch von seiner Auswechslung überrascht. Tendenziell wird es auf eine 2-Sturm-Lösung hinauslaufen, mit Halfar dann dahinter auf links und Risse auf rechts. Oder aber Thomas Bröker kommt ins Rennen, denn auch er überzeugte zuletzt als Dampfmacher und Joker.
Beim Gegner kann Böhme wieder auf den zuletzt gesperrten Julian Börner zurückgreifen, dafür fehlen wohl weiterhin Affane, Brinkmann, Schulze, Mrowca und Bohl.
Voraussichtliche Aufstellung:
effzeh: Horn – Brecko, Maroh, Wimmer, Hector – Finne/Bröker(?), Halfar, Lehmann, Gerhardt, Helmes, Ujah.
Cottbus: Renno, Buljat, Möhrle, Madouni, Bittroff – Banovic, Perdedaj – Rivic, Stiepermann, Michel – Sanogo.
Ausblick
Hier und jetzt ist Schluss mit dem Genöle und den Zweifeln. Der effzeh wird am Ende der Saison seinen Aufstieg feiern, Punkt. Und zwar nicht mit Relegationsspielchen oder anderen Späßchen, sondern als souveräner Erster. Um mögliche Sorgen zu verscheuchen, die aufgrund der letzten Spiele entstanden sein könnten, beginnt der effzeh bereits gegen Cottbus mit einer Demonstration seiner Stärke und wiederholt beinahe das Hinspiel, das mit einem satten 4:0 für die Geißböcke endete. Ich denke aber eher, dass es nur 3:0 ausgehen wird, weil Helmes und Ujah ja so schlecht miteinander harmonieren.
Und wenn nicht? Wenn der effzeh sich zu einem popeligen 1:0 quälen sollte? Dann ist es halt so. Wir sollten den hohen Anspruch (Aufstieg) nicht noch stärker erhöhen, indem wir voraussetzen, dass der effzeh sämtliche Gegner aus dem Stadion pöllert.
Stimmen aus der Redaktion
Gero Dieckmann: “Ist die Fastenzeit vorbei? Ist denn jetzt schon Ostern? Na toll! Ich habe meine Fastenvorsätze bereits gebrochen und Cottbus erfährt grad die Wiederauferstehung. Die Lausitzer werden nicht nur die Energie aus dem Rhein-Stadion entführen sondern auch direkt noch die drei Punkte. Aschermittwoch fällt dieses Jahr leider auf den Freitagabend!”
Martin Gödderz: “Daniel Halfar hat jetzt Blut geleckt und nimmt mit einem Hattrick Angriff auf die Torjägerkanone in Liga Zwo. Mit einer energischen Vorstellung siegt der FC ganz im Sinne von Luka mit 3:0. Punkt. Aus.”
Lukas Pansegrau: “Tut mir Leid, ming effzeh. Das wird nichts. So traurig das auch ist.”
Patrick Neunzig: “Aschermittwoch ist ja quasi das schwarze Loch der Karnevalisten. Aber jede Antimaterie hat eben auch ihre Materie als Gegenpol. Und Aschermittwoch ist vorbei, und Freitag wieder Tag der Materie. Postkarnevalistische Stimmung oder Einstimmung auf die nächste Session in Liga Eins? Die Antwort lautet 4:0.”
Rüdiger Steiger: “Ich brauche sechs bis acht stunden schlaf heyaheyho. 9 stunden wären schön am liebsten aber 10!!! Was effzeh? 2:0 Jung!”