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Interviews

“Die Realität sieht anders aus”

Vor jedem effzeh-Heimspiel bilden die Cheerleader beim Einlauf der Teams ins Stadion die hübsche Kulisse. Wir haben uns mit Alina über ihren Job unterhalten.

Foto © Petro Cologne Photography
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Vor jedem effzeh-Heimspiel bilden die Cheerleader beim Einlauf der Teams ins Stadion die hübsche Kulisse. Wir haben uns mit Alina über ihren Job unterhalten.

Alina hat ein besonderes Hobby: Sie ist Cheerleader des 1. FC Köln. Yannik vom “Aus Liebe zum Spiel”-Blog hat sich mit ihr unterhalten, um einen Einblick in die Welt des Cheerleading zu erhalten – fernab von den gängigen Klischees und Vorurteilen. Aber lest selbst, was die 20-Jährige zu sagen hat.

effzeh.com: Du bist Cheerleader beim FC. Ist das für dich eher ein Hobby oder schon ein Beruf / eine Berufung?

Alina: Man könnte es als Teilzeitjob ansehen. Man muss viel Zeit für den Verein investieren. Das Training und die Auftritte, vor allem während der Karnevalssession, verschlingen fast die gesamte Freizeit.

effzeh.com: Würdest du Cheerleading als Sport bezeichnen? Meist steht es ja eher im Hintergrund von anderen Sportarten wie dem Fußball.

Alina: Cheerleading ist definitiv ein Sport. Wer sich einmal Videos von den Meisterschaften angesehen hat, wird davon ebenfalls überzeugt sein. Wir müssen eine hohe Leistung vorbringen, sonst ist die Verletzungsgefahr zu hoch. Zudem trainieren auch wir ganz normal unsere Ausdauer, unsere Flexibilität und machen Übungen für den Muskelaufbau.

effzeh.com: Wie hoch ist das Verletzungsrisiko beim Cheerleading?

Alina: Das Verletzungsrisiko ist relativ hoch. Jeder muss konzentriert bei der Sache sein, sonst fällt schnell jemand oder verletzt sich beim Fangen unserer Fyler (die Mädels, die hochgeschmissen werden). Es kommt immer mal wieder vor, dass man mit blauen Flecken, Schrammen oder verstauchten Körperstellen vom Training kommt. Beim Training als auch bei Auftritten.

Foto © Daniela Decker

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effzeh.com: Wie lange dauert es, die Choreografien einzutrainieren, die ihr vor dem Spiel präsentiert?

Alina: Die Choreografie vor dem Spiel ist nie so lange wie ein Bühnenauftritt von uns. Wir gehen die Tänze zu der Musik um die vier- bis fünfmal durch, damit es im Gedächtnis verankert ist. Das dauert vielleicht 20 bis 30 Minuten.

effzeh.com: Wie seht ihr eigentlich die Spiele? Bekommt ihr als Cheerleader Karten vom FC oder seid ihr nach eurem Auftritt gleich wieder weg? Als Fan sieht man euch ja nur kurz vor Spielbeginn, wenn ihr eure Choreografie präsentiert. Beschreibe doch mal, wie ein Spieltag aus der Sicht eines Cheerleaders abläuft.

Alina: Der Tagesablauf für ein Heimspiel sieht wie folgt aus: Wir treffen uns zwei Stunden vor Anpfiff am Stadion und gehen geschlossen in unsere Kabine. Unten können wir uns dann noch schminken und stylen, wenn das nicht schon bereits vor dem Treffen passiert ist. Dort gehen wir dann auch mehrmals unsere Choreografie durch, die bei jedem Heimspiel neu erstellt wird. Zu beachten ist, dass wir nicht bei jedem Spiel tanzen. Nur bei ausgewählten Spielen, die uns der FC vorgibt. Wenn wir nicht tanzen, machen wir nur den Spalier zum Einlauf der Spieler. Anschließend wird es erst so richtig spannend. Kurz vor Anpfiff geht es dann raus aufs Spielfeld. Dort ist die Aufregung bei manchen deutlich zu spüren.
Nach dem hoffentlich pannenfreien Auftritt geht’s wieder runter. Dort warten wir auf die Mannschaftsaufstellung und währenddessen gehen die Spieler alle an uns vorbei. Die meisten mögen denken, dass wir befreundet mit ihnen sind, aber man grüßt sich nicht mal. Peter Stöger und die Mitglieder vom Vorstand grüßen immer, die Spieler halten sich zurück. Während der Verlesung der Mannschaftsaufstellung gehen wir dann erneut aufs Spielfeld. Während der Hymne kommt eine weitere kleine Choreo, bis Spieler und Schiedsrichter aus Feld einlaufen. Nachdem unser Auftritt damit offiziell beendet ist, können wir nach Hause fahren oder, wenn wir eigene Karten haben, uns umziehen und das Spiel schauen.

effzeh.com: Warst du auch selbst schon mal in der Südkurve und hast den FC angefeuert? Wie sehr bist du selbst mit dem FC verbunden?

Alina: In der Südkurve war ich bisher noch nicht. Ich saß bisher schon auf jeder anderen Seite, nur nicht auf der Südseite. Verbunden bin ich sehr mit dem FC. Schon als kleines Kind war der FC präsent. Auch in meiner Familie sind alle Fans und es ist immer wieder schön, wenn man die Spiele gemeinsam im Veedel bei ein paar Bierchen gucken kann, wenn man nicht selber im Stadion ist. Eins meiner Mottos passend zum Thema: Meine Liebe, meine Stadt, mein Verein!

effzeh.com: Was macht ihr als Cheerleader des 1. FC Köln, wenn der FC gerade kein Heimspiel hat? Habt ihr auch andere Auftritte?

Alina: Wie schon gesagt, wir haben neben den Veranstaltungen vom FC auch unsere eigenen Auftritte. Vor allem Karneval sind wir jedes Wochenende unterwegs. Wir tanzen uns durch die Bühnen in und um Köln, sogar bis nach Holland, wo auch kräftig Karneval gefeiert wird. Die Wochenenden und teilweise auch die Werktage sind voll mit Auftritten. Da machen wir einen Marathon und haben bis zu sieben Auftritte an einem Tag.

effzeh.com: Geht einem das nicht irgendwann auf die Nerven, dass man immer nur zu Kölscher Musik tanzt?

Alina: Das könnte man meinen, ist aber keineswegs so. Ich bekomme jedes Mal wieder Lust auf die Session. Es bringt gute Laune und macht unfassbar viel Spaß.

effzeh.com: Wie sehr unterscheidet sich das Image des Cheerleading von der Realität? Ist das Bild, das zum Beispiel in Hollywood-Filmen gezeichnet wird, realistisch?

Alina: Das Bild ist zum größten Teil sehr unrealistisch. Meistens werden Cheerleader als dumm und schlampig dargestellt. Alle Teenager-Komödien sind auf diesem Klischee aufgebaut. Die Realität sieht da ganz anders aus. Wir haben alle einen guten Schulabschluss, studieren, machen Ausbildungen oder arbeiten. Wir sind aber auch älter, als die in Filmen gezeigten Jungs und Mädchen. Die sind meistens um die 16 Jahre alt. Wir bei den Seniors sind durchschnittlich 20 bis 22 Jahre alt.

effzeh.com: Die Arbeitsbedingungen für Profi-Cheerleader in den USA werden kritisiert. Dort gibt es strenge Verhaltensregeln, sogar Sonnenbankbesuche für einen warmen Hautton werden vorgeschrieben. Gibt es solche Vorschriften auch bei euch?

Alina: Ja, auch wir haben bestimmte Richtlinien und Vorgaben. Natürlich nicht so streng wie in Amerika, bei uns ist es schließlich nur ein Hobby. Aber auch wir haben Richtlinien wie zum Beispiel nur Naturnägel oder Frenchnägel, also nur mit weißer Spitze vorne. Keine Farben, kein Glitzer, keine Muster sind erlaubt. Wir sind in unserem Aussehen schon eingeschränkt deshalb. Man kann sich nicht einfach mal die Haare in pink färben oder sich am Bauch- oder Brustbereich tätowieren. Das ist nicht erlaubt.

effzeh.com: Manche Menschen bezeichnen Cheerleading generell als entwürdigend für Frauen. Was entgegnest du denen?

Alina: Für mich ist es keineswegs herabwürdigend. Im Gegenteil. Es ist etwas besonderes, sich in dem Kostüm, dem Tanzstil und dem Aussehen zu präsentieren. Zudem sind wir alle freiwillig im Verein. Uns macht es Spaß! Natürlich kennen wir diese Menschen, die es als herabwürdigend oder auch unangemessen empfinden. Das bekommt man sofort von ihnen zu spüren und das ist keinesfalls etwas Schönes. Darüber schauen wir aber hinweg und konzentrieren uns auf die, die uns sehen wollen.

Ihr könnt Alina bei Instagram folgen: https://instagram.com/alinasp_/

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