effzeh.com: Am 14. August hat die neue Saison der A-Junioren Bundesliga West angefangen. Ihr habt zum Auftakt gegen den Aufsteiger SC Verl mit 5:0 gewonnen. Wie zufrieden waren Sie mit der Vorbereitung der neuen U19?
Stefan Ruthenbeck: Mit den Ergebnissen der Vorbereitungsspiele schon sehr. Wir haben einige Highlights gehabt, als wir so starke Gegner wie Hoffenheim, Frankfurt und Leipzig geschlagen haben. Wir haben in unseren acht Testspielen nur eine Niederlage hinnehmen müssen, ein 0:2 in Mönchengladbach, ansonsten haben wir alles gewonnen.
Aber es haben nicht nur die Ergebnisse gestimmt, auch die Art und Weise, wie die Mannschaft agiert, gefällt meinem Trainerteam und mir wirklich gut. Wir schauen uns auch an, was die Profis machen und versuchen, Dinge zu übernehmen. Natürlich funktioniert das nicht zu 100 Prozent, aber ein paar Dinge haben wir für uns aufgenommen.
Bezieht sich das auf das Umschaltspiel und das hohe Pressing, das Steffen Baumgarts Team praktiziert?
Ja, genau. Es bringt auch nichts, wenn wir unser eigenes Ding durchziehen, während die Truppe von Steffen Baumgart auf dem Platz komplett anders agiert. Gerade im U19-Bereich ist es wichtig, dass gewisse Abläufe bei den Profis auch unseren Jungs nicht ganz unbekannt sind. Das ergibt auch deswegen Sinn, weil unsere Spieler so bessere Chancen haben, im Training der Profis zu bestehen.
Eine gute Vorbereitung lebt auch immer davon, dass die Spieler möglichst verletzungsfrei durch diese Zeit kommen. Wie sieht das bei Ihrem Team aus?
Leider haben wir es nicht geschafft, dass alle ohne Verletzungen und ohne Erkrankungen durch diese Phase gekommen sind. Das ist schade, ist aber auch nicht außergewöhnlich und passiert immer wieder. Julian Pauli ist verletzt ausgefallen, Jesper Penterman und Luan Simnica ebenfalls. Auch Justin Diehl war lange nicht einsatzfähig. Diese Spieler haben über einen längeren Zeitraum nicht zur Verfügung gestanden, kommen allerdings so langsam wieder zurück. Justin habe ich im ersten Ligaspiel gegen Verl schon von der Bank bringen können.
Trotz dieser Ausfälle hat Ihre Mannschaft in der Vorbereitung gegen eine Reihe deutscher Spitzenteams beachtliche Ergebnisse erzielt. Das 3:2 gegen die U19 der TSG Hoffenheim sticht vielleicht deswegen heraus, weil es euch gelang, nach einem 0:2-Rückstand noch zu gewinnen. Inwieweit tut ein solches Erlebnis Ihrer neuformierten U19 gut?
Natürlich tut so ein Sieg wie der gegen Hoffenheim, als wir nach vier Minuten mit 0:2 zurücklagen und dann das Spiel noch gedreht haben, immer gut. Das ist gut für das Selbstvertrauen meiner Spieler und zeigt auch, dass die Spielidee, die wir vermitteln wollen, angenommen wird, dass die Jungs daran glauben, ansonsten dreht man gegen eine so gute Mannschaft wie Hoffenheim nicht das Spiel. Und ja, die Art und Weise, wie wir das Spiel gewonnen haben, tat einfach gut.
“Wir schauen uns auch an, was die Profis machen und versuchen, Dinge zu übernehmen.”
In unserem letzten Testspiel haben wir dann mit dem VfB Stuttgart eine Mannschaft eindrucksvoll mit 4:1 besiegt, die zu den Top-3-Teams in Deutschland zählt. Der VfB ist in der vergangenen Saison DFB-Pokalsieger der A-Junioren geworden – durch einen Sieg gegen den Deutschen Meister Borussia Dortmund. In diesem Testspiel hat sich spätestens gezeigt, wo wir stehen und wie gut unsere Form ist.
Fünf externe Neuzugänge und ein breit aufgestellter Kader
Im Unterschied zur letzten Saison, als Sie mit Max Finkgräfe lediglich einen Spieler von außerhalb dazu holten, haben Sie sich diesmal mit vier externen Neuzugängen verstärkt …
… eigentlich sogar fünf, wenn man Jaka Cuber Potocnik hinzurechnet, der im März von Olimpija Ljubljana zu uns kam, ein slowenischer U17-Nationalspieler, der im Sturmzentrum, aber auch auf der Zehn spielen kann und uns mit seinem Tor den Mittelrheinpokal gesichert hat.
Was lässt sich zu den übrigen externen Neuzugängen sagen?
Arda Süne ist ein torgefährlicher Mittelfeldspieler, der aus Leverkusen zu uns gewechselt ist. Tidiane Toure kommt von Holstein Kiel, ein Spieler mit einem guten Tempo und hoher Laufbereitschaft, der hinten rechts, aber auch offensiv einsetzbar ist. Phil Thieltges hat bislang in Elversberg gespielt, ein entwicklungsfähiger, lernwilliger Spieler, der im zentralen oder offensiven Mittelfeld zu Hause ist. Jesper Penterman ist aus Wehen zum FC gewechselt, hat dort zahlreiche Tore erzielt, ist aber auch als Vorbereiter in Erscheinung getreten. Er kann im Sturmzentrum, aber auch auf den offensiven Außenpositionen spielen.
Im Kader Ihrer U19 befinden sich 27 Spieler. Warum diese Größe?
Ja, der Kader ist recht breit aufgestellt, allerdings haben unsere Vorbereitungsgegner aus Leipzig, Hoffenheim und Mönchengladbach noch größere Kader. Die Erfahrung zeigt einfach, dass in einer Saison der ein oder andere Spieler aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen wegbrechen kann und da braucht es Alternativen. Das haben wir schon in der Vorbereitung zu spüren bekommen, in der ich noch kein einziges Training mit voller Besetzung durchführen konnte. Wir hatten nur einmal eine Trainingsgruppe mit 19 Feldspielern und drei Torhütern, sonst standen weniger Spieler zur Verfügung.
Stefan Ruthenbeck, der Trainer der U19 des 1. FC Köln (Foto: René Schiffer/1. FC Köln)
Hinzu kommt, dass wir sehr viele Jungjahrgänge dazu genommen haben. 15 Spieler des Kaders gehören dem 2005er Jahrgang an, Torwart Alessandro Blazic ist sogar noch ein Jahr jünger. Und es gibt eben immer Dinge, die dazwischenkommen können. Die Schule fängt wieder an, dann kommen Klassenfahrten, irgendwann auch der Abistress. Und – wir haben auch Spieler mit einer längeren Verletzungshistorie wie Luis Cortijo-Lange oder auch Justin Diehl. Das ist auch zu berücksichtigen.
Cortijo-Lange und Diehl sind Stürmer, ebenso wie Jesper Penterman und Marzouk Kotya Fofana. Alle haben oder hatten mit Verletzungen zu kämpfen. Ist das vielleicht ein Grund, warum es eine ganze Reihe von Spielern im Kader gibt, die im Sturmzentrum spielen und als mögliche Alternativen dienen könnten?
Das hat eher taktische Gründe, denn wir wollen in der neuen Saison mit zwei Spitzen spielen. In der Spielerausbildung in Deutschland gibt es seit geraumer Zeit das Thema, dass uns die echten 9er fehlen, deutschlandweit und auch beim DFB. Wir versuchen dieses Thema anzugehen und beabsichtigen, das Sturmzentrum mit zwei Spielern zu besetzen, um dort zwei zentrale Anspielstationen zu haben, die im weiteren Verlauf des Angriffs als Abnehmer und Vollstrecker im Strafraum fungieren können.
“Aber entscheidend bleibt die Ausbildung der Spieler. Sie bestmöglich zu entwickeln und sie dabei zu unterstützen, den nächsten Schritt zu gehen, der vielleicht den ein oder anderen in die Profiabteilung führen wird, bleibt unsere wichtigste Aufgabe.”
Und zur Kaderstruktur in der Offensive: Wir haben im Offensivbereich einige Spieler, die im Sturmzentrum spielen können, aber eben auch andere Positionen einnehmen können. Ich denke da an Jesper Penterman, der genau wie Damion Downs auch über außen kommen kann. Und an Jaka Cuber Potocnik, der auch als 10er hinter den Spitzen spielen kann. Aber nochmal: Unsere Absicht ist es, die Offensive mit zwei Stoßstürmern zu besetzen. Und vielleicht gelingt es uns dadurch erneut, den ein oder anderen Spieler interessant für die Profiabteilung zu machen.
Ein Spielsystem, das sich an den Profis orientiert
Sie haben die Profis angesprochen. Steffen Baumgart lässt gerne im 4-1-3-2 spielen. Ist dies auch das taktische System, das Sie für die U19 favorisieren?
Ja, 4-1-3-2 ist unser Ankersystem. Wir wollen aber auch andere Systeme spielen können. Wichtig ist, dass die Spieler nicht auf ein System fixiert sind. So entwickeln wir aus diesem Ankersystem auch andere Ideen wie etwa das Agieren aus der Doppelsechs heraus oder mit ganz offensiven Außenbahnen. Wir hätten auch gerne einmal mit einer Dreierkette gespielt, aber dazu fehlte uns mit dem verletzten Julian Pauli ein starker Innenverteidiger, zudem fiel noch Neo Telle erkrankt aus. Aber auch das wird im Laufe der Saison noch einmal Thema sein. Und trotz all dieser Überlegungen zu taktischen Alternativen: Das 4-1-3-2-System, das Steffen Baumgart mit den Profis spielt, wird auch unser Grundsystem sein.
Der erste Gegner Ihrer Mannschaft war die U19 des SC Verl, der zum ersten Mal der Aufstieg in die A-Junioren-Bundesliga West gelungen ist. Wie gut kannten Sie den Gegner?
Wir haben uns die Testspiele von Verl gegen Osnabrück und den HSV angeschaut und eine Reihe von Videosequenzen analysiert. Es ist immer unangenehm, so früh in der Saison gegen einen Aufsteiger zu spielen, weil sie euphorisch sind. Zudem waren ihre Testspielergebnisse gut. Verl spielt häufig zu null und ist defensiv gefestigt. Andererseits hatte mich schon vor dem Spiel die Art und Weise, wie meine Mannschaft sich in der Vorbereitung präsentiert hat, zuversichtlich gemacht, dass wir gute Chancen haben, am Ende als Sieger vom Platz zu gehen. Das ist uns mit dem 5:0 auch gut gelungen, obwohl wir besonders im ersten Durchgang noch Luft nach oben hatten.
In der neuen Saison ist die U19 des 1. FC Köln zusätzlich zu den Spielen der A-Junioren-Bundesliga West auch im DFB-Pokal der Junioren vertreten. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die neue Spielzeit?
Im DFB-Pokal wollen wir so viele Runden wie möglich überstehen, allein schon aus dem Grund, dass wir dadurch mehr Pflichtspiele haben und einen Ausgleich dafür schaffen können, dass wir in der Bundesliga lediglich eine einfache Runde mit 15 Partien bestreiten. Den Pokal werden wir daher sehr, sehr ernst nehmen.
Jan Thielmann, ausgebildet im NLZ des 1. FC Köln (Foto: Lars Baron/Getty Images)
Aber entscheidend bleibt die Ausbildung der Spieler. Sie bestmöglich zu entwickeln und sie dabei zu unterstützen, den nächsten Schritt zu gehen, der vielleicht den ein oder anderen in die Profiabteilung führen wird, bleibt unsere wichtigste Aufgabe. Dafür muss ich manchmal Entscheidungen treffen, die dem Ergebnis weniger zuträglich sind. Die Ausbildung genießt Priorität, aber natürlich wollen wir so erfolgreich wie möglich sein und die Topmannschaften wie Schalke und Dortmund ärgern. Wenn möglich, wollen wir ein Wörtchen oben mitreden. Das wird sich aber im Laufe der Saison zeigen.
50.000 Zuschauer haben den 3:1-Sieg zum Bundesligaauftakt gegen Schalke 04 gesehen. In dem Spiel standen mit Jan Thielmann, Tim Lemperle und Mathias Olesen wieder drei Spieler auf dem Platz, die bei Ihnen und Ihren Trainerkollegen ausgebildet wurden. Mit welchen Gefühlen nehmen Sie das wahr?
Das ist natürlich toll und das ist es ja auch, worum es bei uns in der Nachwuchsabteilung geht. Ob man mit seinem Nachwuchsteam in einer Saison Zweiter oder Dritter wurde, ist schnell vergessen. Wenn ein Nachwuchsspieler einen Dreijahresvertrag bei den Profis unterschreibt, bleibt das im Gedächtnis und macht einen unheimlich stolz.