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Kolumnen

Der effzeh.com-Possbüggel: Wir müssen auch über Steffen Baumgart diskutieren

Rund um den 1. FC Köln gibt es viel Diskussionsstoff – auch bei unseren Lesern, die um unsere Einschätzung bitten können. Ihr fragt, wir antworten: Der effzeh.com-Possbüggel!

Photo by Maja Hitij/Getty Images

Vorletzter Platz, vier mickrige Punkte aus neun Spielen, zuletzt das Pokalaus beim Zweitligisten aus Kaiserslautern: Nein, gut läuft es diese Saison nicht für den 1. FC Köln. Grund genug, den Effzeh.com-Possbüggel wieder aus der Versenkung zu holen.

Dieser funktioniert nach dem bekannten Mailbag-Prinzip: Also: Ihr fragt – wir antworten. Nach bestem Wissen und Gewissen, aber natürlich immer aus der Perspektive und mit dem subjektiven Einschlag des jeweiligen Redakteurs. In diesem Monat drehten sich natürlich fast alle Fragen um das Sportliche, die jeweilige Zukunft von Steffen Baumgart und Christian Keller beim 1. FC Köln und auch die Frage, ob Jugendspieler die Lösung des Problems sein könnten. Die Antworten könnten leider verunsichern. Zum Schluss gibt es noch einen kleinen Einschub in eigener Sache sowie eine wirklich unterstützenswerte Aktion der Südkurve!

Da zu viele Fragen reinkamen, konnten wir leider nicht alle beantworten. Aber wir würden wirklich auch gerne wissen, wann wieder Samstag Davie-Selke-Samstag ist oder wo die Hässler-Millionen abgeblieben sind. Und falls ihr für den nächsten Possbüggel auch eine Frage habt, dann folgt uns auf den Social-Media Kanälen Facebook, Instagram oder X (ehemals Twitter) und haltet die Augen auf!

Photo by Maja Hitij/Getty Images

Halt uns ens aff – die Zahl des Monats

Halbzeit der Hinrunde. Zeit eine erste Bilanz zu ziehen. Und in diesem Fall mal über den Spielplan zu reden. Denn dieser meint es in dieser Saison wirklich nicht gut mit dem 1. FC Köln. 16,56 Punkte haben die Gegner der Geißböcke in den ersten neun Spieltagen im Schnitt gesammelt. Und die kommenden acht? Lediglich etwas mehr als die Hälfte, nämlich 9,38 Punkte. Eine enorme Diskrepanz, die bei aller Kritik rund um die Domstadt auf keinen Fall unterschätzen darf. Die wichtigen Spiele gegen die direkte Konkurenz, sie kommen noch.

Im Mai hat man dann gegen jedes Team zwei mal gespielt, das ist natürlich richtig. Doch der Weg dahin wäre ein komplett anderer, hätte der 1. FC Köln zunächst einmal gegen alle Gegner aus der unteren Tabellenhälfte gespielt.  So viel Kontext muss sein!

Ens em Vertraue – die Fragerunde

Jürgen Sonntag via Facebook: Zwei Jahre haben wir mega gespielt, jetzt läuft es mal nicht und es wird wieder alles infrage gestellt. Baumi macht das schon und ihn zu entlassen wäre nicht gut. Man sollte an ihm festhalten wenn es in Liga 2 geht.

Nach dem Abstieg 2018, den anschließenden ermüdenden Missverständnissen auf der Trainerposition und dem oft kopflos erscheinenden Management waren die letzten zwei Jahre unter Steffen Baumgart in der Tat eine Wohltat. Man spielte schön anzuschauenden und intensiven Fußball, qualifizierte sich im ersten Jahr sogar sensationell für die Conference League, hatte mit Timo Horn und vor allem Jonas Hector große Identifikationsfiguren im Verein und geriet auch in der zweiten Saison nie so richtig in den Abstiegskampf. Und das alles mit einer Mannschaft, bei dem andere qualitativ schlechtere Trainer deutlich schlechter abgeschnitten hätten. Die Verdienste von Steffen Baumgart sind unbestritten riesig und sollten nicht kleingeredet werden!

Auch ist Baumgart in der jetzigen Krisensituation mit Sicherheit nicht der Alleinschuldige. Dennoch steht in der Tabelle der 17. Platz und lediglich vier Punkte aus neun Spielen auf der Habenseite. Dies ist eindeutig zu wenig, Spielplan hin oder her. Bei den jüngsten Leistungen in Leipzig mit dem Einbruch kurz vor der Pause und dem unterm Strich doch sehr enttäuschenden Pokalaus in Kaiserslautern gab es zudem individuelle Aussetzer, die man vermutlich auf mangelndes Selbstvertrauen zurückführen kann. Selbstvertrauen, welches man allerdings braucht, wenn man mit dem Stil von Baumgart in der Bundesliga erfolgreich sein will. Auch schien der Einsatz nicht immer zu stimmen, der Trainer selbst rückte nach dem 0:6 in Leipzig erstmals öffentlich von seinem Team ab: „Es geht um Körpersprache, Einstellung, Mentalität – darum geht es immer im Fußball. Wenn ich die nicht auf dem Platz sehe, habe ich ein Problem“, so die auch im Ton sehr schonungslose Analyse.

Es ist der Punkt erreicht, an welchem man auch über Baumgart zumindest diskutieren muss. Denn er ist in dieser Saison nicht der Plusfaktor, welcher er in den letzten beiden Jahren war. Die Aufstellungen mit Kainz im offensiven zentralen Mittelfeld, das nicht besonders große Vertrauen in die eigenen Jugendspieler obwohl diese in ihren Kurzeinsätzen vielversprechend spielten sowie die mangelhafte taktische Flexibilität sind Dinge, die man durchaus sehr kritisch sehen kann. Vor allem wenn man auf einem Abstiegsplatz steht und die Körpersprache auf dem Spielfeld nicht bei allen Elf Spielern immer vollständig da ist, vorsichtig formuliert.

Sicherlich, die Geißböcke spielen nicht gegen ihren Trainer. Auch gibt es aus der Mannschaft keine kritischen Worte in Richtung des 51-Jährigen zu hören. Wie so etwas aussehen kann, hat man vor ein paar Wochen auf Schalke gesehen. Aber dies dürfen nicht die alleinigen Argumente für eine Weiterbeschäftigung von Steffen Baumgart sein. Es muss bei den Entscheidungsträgern im Verein der Glaube daran bestehen, dass der Trainer das berühmte Ruder in den kommenden äußerst wichtigen Spielen gegen Augsburg, Bochum, Darmstadt und Mainz herumreißen kann. Ist man inhaltlich von ihm überzeugt und möchte Baumgart auch in der zweiten Liga beim 1. FC Köln bleiben, ist ein Abstieg unter Leitung des Rostockers mit Sicherheit nicht außerhalb jeglicher Vorstellungskraft. Kann er umgekehrt jedoch keine Lösungsansätze präsentieren, darf er nicht sakrosankt sein. Auch wenn seine Verdienste groß sind. Einfach die Hände strecken und den kommenden Abstieg willenlos über sich ergehen lassen, dies darf bei einem professionellen Verein wie dem 1. FC Köln keine denkbare Lösung sein, denn reiner Personenkult ist selten gut. Auch wenn es für den Verein natürlich mit Abstand am besten wäre, wenn Baumgart das Ruder noch herumreißen würde.

MaPe1707 via Twitter: Meint ihr das Transferbudget wurde im Sommer vernünftig eingesetzt? Hätte man sich Alidou, Heintz, Christensen sparen können, um zumindest einen tauglichen Spieler zu verpflichten, der dann auch wirklich spielt? Passen die Neuzugänge überhaupt ins System Baumgart? Ich meine bis auf Carstensen ein klares Nein. Wer aus der Jugend / U21 hat wirklich das Potential bei den Profis etwas zu bewegen? Finkgräfe und Downs?

Nach elf Pflichtspielen kann die Antwort auf die erste Frage hier vermutlich nur “Nein” lauten. Es fehlt ein zweiter bundesligatauglicher Stürmer sowie ein Spieler im zentralen defensiven Mittelfeld. Tigges und der mittlerweile anscheinend aussortierte Adamyan sind keine tauglichen Alternativen für den verletzungsanfälligen Selke. Christensen hätte den nach Frankfurt abgewanderten Skhiri zwar nicht ersetzen sollen, aber dass er abgesehen von einem positionsfremden kürzeren Einsatz in Osnabrück gar keine Rolle spielt, ist bedenklich und reißt an empfindlichen Stellen Lücken in den sowieso schon qualitativ dünnen Kader. Statt Kaderplätze in Alidou, Heintz und Christensen zu investieren, hätte man sich um einen sofort helfenden und taktisch eingebundenen Sechser und / oder einen zweiten Stürmer kümmern müssen, notfalls per Leihe. Dies muss allerdings vor dem Hintergrund gesagt werden, dass der „margin of error“ in diesem Sommer extrem gering war. Es durften praktisch keine Fehlschüsse auf der Einkaufsseite passieren. Eine Trefferquote von 100% ist in einem Transfersommer jedoch eigentlich ausgeschlossen.

Aus der Jugend haben die genannten Finkgräfe und Downs mit Sicherheit grundsätzlich das Potential für eine Profikarriere und haben ihr Potential ja bereits angedeutet. Auch Justin Diehl sollte man nicht vergessen, auch wenn er aus anderen Gründen für die Profis wohl leider nicht mehr in Frage kommt.

Photo by Leon Kuegeler/Getty Images

Horst Richter und Thomas Schneider via Facebook: Warum bekommen die jungen Spieler so wenig Chancen? Schlechter können die es doch auch nicht machen!

Die etwas frustrierende, aber einfache Antwort ist vermutlich: Weil Steffen Baumgart ihnen nicht so vertraut wie er den bewährten Spielern vertraut. Und es stimmt ja auch: Der Sprung von der U19 oder der in der Regionalliga spielenden U21 in den Abstiegskampf der Bundesliga ist groß. Sowohl mental als auch in den Beinen. Denn ein spielentscheidender Fehler und schon fragt man sich als Fan auf der Tribüne nicht mehr warum die Jugend keine Chance bekommt, sondern warum man den Jungen denn jetzt einsetzt, der natürlich noch nicht so weit war. Jugendspieler in Krisensituationen hochzuziehen und ins kalte Bundesligawasser zu schmeißen, hat in den meisten Fällen mehr mit Hoffnung als mit irgendetwas anderem zu tun. Und einen Gefallen tut man Jugendspielern auch nicht, wenn der Sprung zu den Profis zu früh kommt.

Dennoch haben mit den bereits genannten Finkgräfe und Downs in dieser Saison bereits zwei Jugendspieler in Kurzeinsätzen auf sich aufmerksam gemacht und hätten es verdient, nicht nur bei der U21 zu spielen. Hier ist der Trainer gefragt, den richtigen Spagat zu finden, vor allem wenn die arrivierten Kräfte beim 0:6 in Leipzig oder dem Pokalaus auf dem Betzenberg auch keine Berge ausgerissen haben.

Nächste Seite: Die Zukunft von Christian Keller, das Englisch von Steffen Baumgart und  ein paar Sätze in eigener Sache

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