Steffen Baumgart war ganz schön außer Puste geraten beim Abschlusstraining seines Teams im Franz-Kremer-Stadion. Der Personalnot beim 1. FC Köln war die Tatsache geschuldet, dass nicht nur “der Mann mit der Mütze”, sondern auch seine Assistenten beim “Sechs gegen Zwei” dem Ball hinterherjagen mussten. Augenscheinlich nahm der Trainer der “Geißböcke” diese ungewohnte Rolle gar nicht so ungerne ein und auch seine Spieler schienen ihren Spaß daran zu haben.
Mit deutlich weniger Vergnügen wird Baumgart vermutlich an die vielen Ausfälle gedacht haben, die er vor dem Heimspiel gegen den 1. FSV Mainz 05 zu beklagen hat. So fällt mit dem erkrankten Salih Özcan der momentan formstärkste Akteur ebenso aus wie Benno Schmitz, Sebastian Andersson und Timo Hübers. Letzterer sitzt zusammen mit Jan Thielmann seine Gelbsperre ab, zudem fehlt Kingsley Schindler.
Sechs Ausfälle, die kompensiert werden müssen
Ungewohnt früh legte sich Baumgart fest, wer am Samstag stattdessen auflaufen wird: Kingsley Ehizibue und Jeff Chabot sollen mit Luca Kilian und Jonas Hector die defensive Viererkette bilden, Ellyes Skhiri den Part von Salih Özcan auf der “6” übernehmen und Anthony Modeste die bei Union Berlin arg harmlose Offensive beflügeln. Abzuwarten bleibt allerdings, wie lange die Kondition des Franzosen nach seiner gerade erst überstandenen Erkrankung reichen wird. Dies gab auch Baumgart zu bedenken: “Bei Tony gibt es keine Probleme. Seb fällt aus, deswegen könnte es sein, dass wir mit Tony anfangen. Wir müssen dann sehen, wie es über die Spielzeit läuft”, sagte er auf der Spieltags-PK.
“Durch die Ausfälle werden wir im Spielverlauf mit Spielern nachlegen, die sich eigentlich noch entwickeln müssen.”
Auf der Ersatzbank werden am Samstag eine Reihe junger Spieler das Spiel verfolgen und auf ihren Einsatz hoffen. Tim Lemperle wird dazu gehören, auch Marvin Obuz, Tomas Ostrak, Mathias Olesen und Bright Arrey-Mbi. Talentierte, vielleicht sogar sehr talentierte Akteure, spielstark zweifellos, aber auch kompakt genug gegen kampfstarke Mainzer? Steffen Baumgart ist sich dieser Problematik durchaus bewusst: “Durch die Ausfälle werden wir im Spielverlauf mit Spielern nachlegen, die sich eigentlich noch entwickeln müssen”, merkte er an.
Mainz 05: Treffsichere Abwehr, tempostarker Sturm
Mit dem 1. FSV Mainz 05 stellt sich ein Team in Müngersdorf vor, das leistungsmäßig kaum deutlicher auf Augenhöhe mit dem 1. FC Köln liegen könnte. Die “Geißböcke” schlossen die Hinrunde auf Platz acht ab, die Rheinhessen auf Rang neun. Und auch aktuell liegt der FC als Achter lediglich zwei Punkte vor den Mainzern auf Position 10. Und doch gibt es Unterschiede. Trainer Bo Svensson verfügt mit Jonathan Burkardt, Karim Onisiwo, Jae-Sung Lee und Marcus Ingvartsen über reichlich Tempo in der Offensive, das sehr gerne zu vertikalen Spielzügen genutzt wird.
“Ich erwarte keinen müden Gegner, die Mainzer sind gut aufgestellt, die Intensität wird sich in ihrem Spiel nicht ändern.”
In der Defensive findet man Spieler mit Gardemaß: Die Scheitelhöhe von Alexander Hack, Stefan Bell und Moussa Niakhaté liegt jenseits der 1,90 Meter. Kompaktheit in der Abwehr verbinden sie mit Torgefahr vor dem gegnerischen Tor. Alleine 13 der 41 bislang erzielten Mainzer Tore gehen auf das Konto der Defensivakteure. Insbesondere bei Standards kommt diese Stärke der 05er zum Tragen. Und ansonsten? Zweikampfstärke, Galligkeit, eine ausgesprochen gute Mentalität und die Einstellung, ein Spiel erst dann verloren zu geben, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat – all dies zeichnet Svenssons Team aus.
Das Hinspiel – kampfbetont auch jenseits der Seitenlinie
Im Hinspiel erreichte der 1. FC Köln ein 1:1-Unentschieden, wobei Salih Özcan per Kopf zum Ausgleich traf. Eine Schrecksekunde für die Kölner Verantwortlichen gab es, als Anthony Modeste noch in Halbzeit eins mit schmerzverzerrter Miene vom Platz geführt werden musste. Diese Szene und einige weitere intensiv geführte Zweikämpfe ließen die Temperatur zwischen den beiden Trainerbänken bedrohlich ansteigen, besonders Bo Svensson und Co-Trainer Kevin McKenna gerieten sich dabei in die Haare.
Bo Svensson und Kevin McKenna hatten im Hinspiel offensichtlichen Redebedarf. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)
Und am Samstag? Eine kampfbetonte, intensive Partie wird zu erwarten sein, in der ersatzgeschwächte Kölner auf die Unterstützung und den Rückhalt der 50 000 Zuschauer hoffen dürfen. Es bleibt abzuwarten, wie die Mainzer die Zusatzbelastung des Nachholspiels beim FC Augsburg verkraftet haben. Steffen Baumgart sieht darin keinen Vorteil für seine Mannschaft: “Ich erwarte keinen müden Gegner, die Mainzer sind gut aufgestellt, die Intensität wird sich in ihrem Spiel nicht ändern. Wir müssen die Frage beantworten, wie wir eine stabile Fünferkette knacken. Daran müssen wir weiterarbeiten”, sagte er.
Möglicherweise wird auch Christian Keller, der neue Geschäftsführer Sport des 1. FC Köln, nach dem Spiel klarer sehen, ob es “eine Kirsche auf die Sahne” geben wird, mithin die Aussicht auf das Erreichen eines europäischen Wettbewerbs weiter bestehen bleibt oder nicht. Drei Punkte wären hilfreich dafür in einem Spiel, bei dem zu hoffen bleibt, dass der Kampf und die Intensität die Grenzen des Erlaubten nicht überschreiten werden – auf dem Platz und auch jenseits der Seitenlinie.