Ein wenig kitschig mutete es schon an, das Szenario im Müngersdorfer Stadion nach dem Abpfiff des Spiels des 1. FC Köln gegen den OGC Nizza. Da auf dem Rasen die enttäuschte Mannschaft, die soeben allem Einsatz zum Trotz das Weiterkommen in der Europa Conference League verpasst hatte. Dort die sangesfreudigen Fans, die mit dem „Veedel“ den Klassiker des kölschen Zusammenhalts darboten, um sich und das aufopfernd kämpfende Team zu trösten. Und so kitschig das auch für Außenstehende anmuten mochte, so genau traf es den Kern an diesem Abend: Traurig ob des Ausscheidens, dankbar ob des Erlebten, vorfreudig auf die nächsten Großtaten.
Denn: Die Enttäuschung, sie galt nur dem endgültigen Ergebnis. Sie galt nicht der gezeigten Leistung, sie galt erst recht nicht dem gezeigten Engagement. Und genau deswegen geht es jetzt für die „Geißböcke“ im Galopp in den Endspurt eines kräftezehrenden Halbjahres. In sechs Tagen drei Spielen: Nach den Strapazen inklusive Europapokal beginnen beim SC Freiburg praktisch die letzten Kilometer eines Marathons. Alle Gliedmaßen und Muskeln tun weh, nicht vieles funktioniert mehr einwandfrei und spielerisch leicht, aber das Ziel ist bereits in Sicht. Und der erste Schritt beginnt im Breisgau – eine alles andere als einfache Aufgabe für die personell eingeschränkte Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart.
Erstmals im neuen Freiburger Stadion zu Gast
„Freiburg zählt zu den stabilsten und besten Mannschaften, die wir in der Liga haben. Für jeden ist es aktuell schwer, sie zu schlagen“, schwärmt auch der FC-Coach vom kommenden Gegner. Der Sport-Club steht mit 24 Punkten in der Bundesliga hervorragend da, ist als Tabellendritter vor dem 13. Spieltag Teil der Spitzengruppe um Tabellenführer 1. FC Union Berlin. Auch im Europapokal lief es hervorragend für das Team von Trainer Christian Streich, in der Europa League gewannen die Breisgau-Brasilianer ihre Gruppe souverän. Dennoch: Für Steffen Baumgart ist es vor der anstehenden Aufgabe wichtiger, was seine Mannschaft auf den Platz bringt. „Am Ende geht es aber darum, dass wir unsere Leistung bringen. Wenn wir das schaffen, bin davon überzeugt, dass wir auch schwer zu schlagen sind. Wir fahren nach Freiburg, um erfolgreich Fußball zu spielen“, so der FC-Trainer.
“Wenn wir es schaffen, unsere Leistung zu bringen, dann bin davon überzeugt, dass wir auch schwer zu schlagen sind. Wir fahren nach Freiburg, um erfolgreich Fußball zu spielen.”
Nach Freiburg fahren, um erfolgreich Fußball zu spielen: Das war in der Vergangenheit nicht immer gegeben für die „Geißböcke“, die von 1996 bis 2019 kein einziges Spiel im Breisgau gewinnen konnten. Erst der Sololauf eines gewisses Ellyes Skhiri beendete diese Horrorserie im Dreisamstadion, der Spielstätte mit dem wohl miesesten Gästeblock der Bundesliga. Dies ist aber nun Geschichte, denn der FC wird erstmals in der neuen Heimat des SC Freiburg auflaufen können. Eigentlich hätten die Kölner bereits in der vergangenen Saison ihr Stelldichein im von einem Freizeitpark gesponserten Europa-Park-Stadion geben sollen, doch aufgrund von Verzögerungen beim Bau zogen die Freiburger erst nach dem Gastspiel des glorreichen 1. FC Köln in ihr neues Zuhause ein.
Keller: “Kopf hoch und die Brust wieder raus”
Antreten werden die „Geißböcke“ die Partie am Sonntagnachmittag erneut ohne ihren Kapitän: Jonas Hector fehlt aufgrund seiner im Vorfeld des Slovacko-Spiels erlittenen Fußverletzung abermals. Mark Uth wird in diesem Jahr sogar gar nicht mehr zum Einsatz kommen. Dafür hat FC-Coach Steffen Baumgart mit Jan Thielmann, der bereits gegen Nizza eingewechselt wurde, Mathias Olesen und Jeff Chabot Kaderoptionen zurückerhalten. „Ich bin davon überzeugt, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben, die in der Lage ist, etwas aus Freiburg mitzunehmen“, so Baumgart vor dem Start in die Englische Woche, die den Abschluss dieses Spieljahres für die Kölner darstellt. Für FC-Sportchef Christian Keller ist der Endspurt auch eine mentale Frage: „Man hätte meinen können, dass wir gegen Hoffenheim schon auf der letzten Rille gehen. Wir müssen uns jetzt wieder aufrappeln, wir haben noch drei wichtige Spiele. Daher gilt: Kopf hoch und die Brust wieder raus!“
Wie gut das funktionieren kann, hat das Team bereits in der vergangenen Woche gegen Hoffenheim gezeigt. Mit 122,5 gelaufenen Kilometern stellten die „Geißböcke“ nicht nur einen neuen FC-Saisonrekord auf, sie waren auch die lauffreudigste Mannschaft des gesamten Spieltags. Auch an diesem Sonntag braucht es wieder eine solche Kraftanstrengung, um gegen spiel- und kampfstarke Breisgauer auf Augenhöhe agieren zu können. Dass der FC 2022 dazu in der Lage ist, hat er oft genug bewiesen. Und auch im neuen Freiburger Stadion ist eines sicher: Den Rückhalt der Fans hat diese Mannschaft derzeit ganz sicher. Aus der Enttäuschung auf zu neuen Großtaten!