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Nachspiel

Der 1. FC Köln siegt gegen Hertha BSC: Das Comeback der jubelnden Fans

Ein Sieg vor 16.500 begeisterten Zuschauern: Der 1. FC Köln startet furios in die neue Bundesliga-Saison und bezwingt Hertha BSC mit 3:1. Für gute Laune sorgt neben Fanrückkehr und drei Punkten auch die Art und Weise, wie die “Geißböcke” auftreten.

Endlich mal wieder einen Sieg mit der Südkurve feiern! (Foto: IMAGO/Matthias Koch)

Oh ja, lange ist es her, eine gefühlte Ewigkeit. Man muss in seinen Erinnerungen kramen, recht weit zurückdenken. Bis zum 24. Spieltag der Saison 2019/20, dem 3:0 gegen den FC Schalke 04. An diesem kühlen Februartag konnten die Spieler des 1. FC Köln zum bisher letzten Mal einen Sieg mit den Fans der prallgefüllten Südkurve feiern. Am gestrigen Sonntag wies die “Süd” hingegen so manche Lücke auf, die Coronabestimmungen wollten eingehalten werden. Der Inbrunst, mit dem der 3:1-Erfolg gegen Hertha BSC gefeiert wurde, tat dies jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil.

Arme wurden gen Himmel gereckt, der ganze Körper nach oben gewuchtet. Der Jubel entlud sich im hohen Dezibelbereich, die Stimme war hinterher gewiss ganz genauso heiser wie damals nach dem Sieg über die Königsblauen.  Noch länger, fast auf den Tag genau fünf Jahre ist es gar her, dass die Kölner zum letzten Mal beim Saisonauftakt einen Dreier bejubeln konnten. Im ersten Spiel der Saison 2016/17  gewann man damals mit 2:0 gegen den SV Darmstadt 98, das zweite Tor schoss der Spieler, der auch in der Partie gegen die Berliner traf – Anthony Modeste.

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Die Hertha dominiert, doch Tore von Modeste und Kainz drehen das Spiel

Dabei hatte es bis weit in die erste Halbzeit keineswegs danach ausgesehen, als könne Steffen Baumgarts Team als Sieger vom Platz gehen. Die Hertha nahm das Heft in die Hand, der FC kam nicht ins Spiel. “Wir haben die ersten 20 Minuten zu unruhig gespielt”, sagte Baumgart nach dem Spiel. “Wir haben lange Bälle geschlagen, was wir nicht wollten.” Folgerichtig fiel dann auch das 0:1, als Cunha nach einem von Horn abgewehrten Ball einfach schneller reagierte als die Kölner Abwehrspieler und Jovetic keine Mühe hatte, aus wenigen Metern einzuschieben (5.). Auch danach stürzten die technisch versierten und wieselflinken Cunha, Jovetic und Serdar die FC-Defensive von einer Verlegenheit in die nächste.

“Das 1:1 kam dann zur richtigen Zeit. Dann haben sich die Jungs reingekämpft und das Selbstvertrauen wuchs. Meine Mannschaft hat immer weitergemacht, hat den Ball dann auch ruhiger laufen lassen. Darauf lässt sich aufbauen.”

Mit einer Portion Glück und einigen Paraden von Timo Horn überstanden Baumgarts Schützlinge die Drangphase der Berliner, die sich dann nach 25, 30 Minuten merklich zurückzogen. Nach Flanke von Jan Thielmann nutzte dann Anthony Modeste die erste richtige Torchance zum 1:1 (40.). Ein Ruck ging durch das Team, das die Herthaner in den Minuten bis zur Pause erheblich unter Druck setzte. “Das 1:1 kam dann zur richtigen Zeit. Dann haben sich die Jungs reingekämpft und das Selbstvertrauen wuchs. Meine Mannschaft hat immer weitergemacht, hat den Ball dann auch ruhiger laufen lassen. Darauf lässt sich aufbauen”, sagte Baumgart dazu. Bei einem feinen Schlenzer von Florian Kainz musste Keeper Schwolow sein ganzes Können aufwenden, um zu verhindern, dass die Kölner noch vor der Pause in Führung gingen.

Anthony Modeste hat gerade den 1:1-Ausgleich erzielt (Foto: IMAGO/Revierfoto)

Genau so schwungvoll wie der 1. FC Köln die erste Halbzeit beendet hatte, ging er die zweite an. Zwei blitzsaubere Tore durch Florian Kainz waren der Lohn (52. und 55.), wobei die Vorbereitung des dritten Treffers nach Thielmanns verzögertem Pass und Schmitz’ Hereingabe zum Zungenschnalzen war. Nun waren es die Kölner, die etwas defensiver agierten und die Hertha kommen ließen. Außer einem Kopfball von Lukebakio und einem Abseitstor durch Ascacibar wollte den Hauptstädtern jedoch nichts mehr gelingen. In den letzten zehn Minuten taten die Kölner Fans das, was sie so lange vermisst hatten: Sie sangen voller Vorfreude auf einen Sieg, der nicht mehr zu gefährden war.

Erkenntnisse aus dem Spiel

Das erste Spiel einer Saison ist nicht unbedingt dafür bekannt, Erkenntnisse zu liefern, die in Stein gemeißelt sind. Trotzdem lieferte die gestrige Partie einiges an Aufschluss. Etwa über die Defensive der Kölner, die besonders dann eher mittelprächtig schien, wenn sie schnell und konsequent angelaufen wurde. Im Mittelfeld lieferte Ellyes Skhiri erneut eine famose Leistung ab. Überraschend gut wurde er dabei von Dejan Ljubicic unterstützt, dem Neuzugang von Rapid Wien, der durch Laufstärke und energisches Zweikampfverhalten gefallen konnte. In der Offensive entwickelt sich Jan Thielmann immer mehr zu einer festen Größe. Der verzögerte Pass auf Benno Schmitz vor dem dritten Tor hatte etwas von hoher Kunst.

So kann man ein Tor auch feiern! (Foto: IMAGO/ActionPictures)

Und Steffen Baumgart, der neue Trainer? Der tigerte die Seitenlinie auf und ab, gab energisch wie lautstark Anweisungen, hochkonzentriert, stets auf der Höhe des Geschehens. Eingetrichtert hat er den Seinen, dass ein Rückstand nicht bedeutet, dass man ein Spiel verlieren muss. Das war zu sehen. Zu erkennen war auch die Spielidee, die er seiner Mannschaft vermittelt hat. Die begeistert, wenn sie funktioniert. So wie in einigen Passagen an diesem Sonntagabend im Müngersdorfer Stadion. Es wird andere Spiele geben, bei denen es für den 1. FC Köln nichts zu gewinnen gibt. Und schließlich: Humor hat er, der Steffen Baumgart. Als Modeste ihm vor Freude über das 3:1 den Inhalt seiner Wasserflasche ins Gesicht spritzte, lachte er mit.

Der Blick zum nächsten Spiel

Bei den Münchener Bayern wird der FC seine nächste Visitenkarte abgeben. Für den deutschen Rekordmeister ist dies das erste Bundesligaspiel nach dem Tod ihres Torgaranten der sechziger und siebziger Jahre, Gerd Müller. Es wird nie wieder einen solchen Mittelstürmer geben wie ihn, den gebürtigen Nördlinger. Mit seinen Toren machte er die Bayern zu dem Weltklub von heute, schoss die deutsche Nationalelf zu Europameister- und Weltmeistertitel. Man wird seiner gedenken, auch bei der Partie gegen die “Geißböcke”, und vergessen wird man ihn nie .

Das Team von Trainer Julian Nagelsmann tat sich schwer beim Saisonauftakt in Mönchengladbach, von der wohlgeölten Maschine der vergangenen Spielzeiten war noch nicht viel zu sehen. Und doch wurde es jedes Mal gefährlich, wenn Lewandowski, Gnabry, Coman oder Davies ihre individuelle Klasse aufblitzen ließen. Das werden sie auch gegen den 1. FC Köln tun. Und es steht zu befürchten, dass dies reichen wird, um die Rheinländer punktelos nach Hause zu schicken. Käme es anders, wäre es mehr als überraschend. Fast schon eine Sensation.

 

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