Der Mönchengladbacher Nordpark war in ein leuchtendes Grün getaucht, doch hören konnte man nach dem Schlusspfiff bald nur noch kölsche Töne. Ein schöner Tag, ein großartiges Erlebnis für all diejenigen, die den Geißbock im Herzen oder zumindest auf der Brust tragen. Und so jubelten sie, tanzten und feierten. Ausgelassen, in unbändiger Freude vereint. Die Fans, die Spieler, der Staff und sogar Trainer Steffen Baumgart, dessen Bewegungen jedoch weit weniger flüssig daherkamen als das Spiel seiner Mannschaft.
Und der Zahl Drei kam gestern eine besondere Bedeutung zu: Drei blitzsauber erzielte Tore waren es, die zum 3:1-Sieg des 1. FC Köln bei Borussia Mönchengladbach führten, der dem FC drei Punkte auf dem Weg zu einem Tabellenplatz sicherte, der die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb bedeuten könnte. Und schließlich waren es nach dem 2:1-Auswärtssieg vor über einem Jahr und dem 4:1 zu Hause in der Hinrunde der dritte Derbytriumph in Folge. Zuletzt war dies vor über 32 Jahren gelungen, als einem 3:1-Heimsieg im April 1989 (übrigens mit der exakt gleichen Torfolge wie gestern) ein 2:0 in Mönchengladbach und mit einem 3:0 ein weiterer Heimsieg im April 1990 folgte.
Die 1. Halbzeit des 1. FC Köln: Besser geht’s kaum
Im mit 54.000 Zuschauern ausverkauften Nordpark dauerte es gerade einmal fünf Minuten, bevor der spätere Sieger seine erste Visitenkarte abgab: Steilpass Jonas Hector, Ablage Mark Uth, Flanke Florian Kainz, Direktabnahme Anthony Modeste – 0:1. Danach entwickelte sich die 1. Hälfte zu einer Demonstration Kölner Dominanz. Laufbereitschaft, taktische Disziplin und vor allem das konsequente Pressing des 1. FC Köln ließen die Spieler um Mannschaftskapitän Yann Sommer schier verzweifeln. Die logische Folge: das 2:0 durch Kainz nach Vorarbeit Mark Uth, der auch das 0:3 durch Dejan Ljubicic mit einem Pass einleitete, der wie mit dem Lineal gezogen war. Und auch Steffen Baumgart war zufrieden: “Wir haben es geschafft, gerade im ersten Durchgang, einen sehr guten Fußball zu spielen”, sagte er hinterher.
Und die Borussen? Gewiss, Jonas Hofmann vergab in der 28. Spielminute nur knapp. Aber ansonsten? Zahllose Rückpässe auf Yann Sommer, kaum Kombinationsspiel nach vorne, weil die Kölner die gefährlichen Räume zustellten und zahlreiche Pässe abfingen. Schulterzucken allenthalben, ein Anflug von Resignation lag über dem Nordpark. Ein gebrauchter Tag und das ausgerechnet beim Derby gegen den Erzrivalen vom Rhein – das tat weh. Ratlose, enttäuschte Gesichter und das Pfeifen ihrer Fans begleiteten die Spieler in weiß in die Halbzeitpause.
Bemühte Borussen bringen den Sieg nicht in Gefahr
Ganz anders die Gemütslage der Anhänger des 1. FC Köln. Eine 3:0-Führung zur Halbzeit bei Borussia Mönchengladbach – eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Und vielleicht war dies der Grund dafür, dass sich bei vielen eine verfrühte Siegesfreude noch nicht einstellen wollte. Die älteren unter ihnen mögen an ein Derby im Jahr 1979 gedacht haben, als die Borussen einen 0:3-Rückstand in eine 4:3-Führung umbiegen konnten und es schlussendlich einem Treffer von Dieter Müller zu verdanken war, dass die Partie 4:4 endete.
Adi Hütter brachte Kramer für Neuhaus und Netz für Lainer, doch am Spielgeschehen änderte sich wenig. Die Borussen rannten an, kamen jedoch lediglich zu einer Großchance von Hofmann (60.), alle anderen Angriffsversuche wurden durch die Kölner Defensive zunichte gemacht. Und so war es dann auch eher überraschend, dass die Gladbacher noch einen Ehrentreffer erzielen konnten, als Embolo sich nach einem langen Ball gegen Luca Kilian durchgesetzt hatte (85.). Indes, Großchancen hatte fortan nur noch der 1. FC Köln – durch Tim Lemperle und Louis Schaub. Sie blieben jedoch ungenutzt, so dass es beim souveränen 3:1-Sieg für die Kölner blieb.
Erkenntnisse: Ein fast perfektes Spiel
Die Analyse der ersten 45 Minuten des gestrigen Spiels wird wohl relativ kurz ausfallen, hatte doch das Team von Trainer Steffen Baumgart das umgesetzt, was der Coach ihnen mit auf den Weg gegeben hatte: Den Gegner stressen, Klarheit und Laufbereitschaft an den Tag legen und sich bietende Chancen nutzen. Und zeigen, dass die Offensive nicht nur aus Modeste besteht. Der nicht selten gescholtene Mark Uth war an allen drei Toren beteiligt, Florian Kainz steuerte einen Treffer und einen Assist bei, Dejan Ljubicic wuchtete den Ball erneut sehenswert ins gegnerische Tor.
“Wir haben es geschafft, gerade im ersten Durchgang, einen sehr guten Fußball zu spielen.”
Die zweite Halbzeit war eine etwas andere Geschichte. Dies sah auch Steffen Baumgart so: “In der zweiten Halbzeit war es nicht ganz so, wie wir uns das vorgestellt haben. Uns hat da etwas die Tiefe gefehlt”, merkte er nach dem Spiel an. Zwar geriet der Sieg nicht mehr in Gefahr, doch dürften so manche eigensinnig vertane Konterchance und die ein oder andere Unkonzentriertheit den Trainer gewurmt haben. Optimierungsbedarf nennt man so etwas, und das wird wohl auch Thema der kommenden Trainingswoche sein.
Das nächste Spiel: Die Arminen kommen
Am nächsten Samstag (15.30 Uhr) stellt sich mit der Arminia aus Bielefeld eine Mannschaft in Müngersdorf vor, die einerseits arge Abstiegsnöte plagt, die man andererseits jedoch tunlichst nicht unterschätzen sollte. Trainer Frank Kramer hat ein Team geformt, dass nicht nur durch Laufbereitschaft und Zweikampfstärke besticht, sondern auch immer wieder über ihr schnelles Umschaltspiel gefährlich wird. Für die Ostwestfalen geht es um alles, und so werden sie auch auftreten.
In der Vergangenheit konnte man als Anhänger des 1. FC Köln davon ausgehen, dass der Rausch eines Sieges wie dem im Derby gefolgt wird durch den Kater einer Niederlage gegen einen vermeintlich leichten Gegner. Vielleicht war es auch deshalb nicht ungeschickt von Steffen Baumgart, den Angriff auf die Tabellenplätze auszurufen, die die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb bedeuten. Das Ziel ist klar formuliert, es sollte fahrige Auftritte der Kölner Mannschaft verhindern können. Gelingt der nächste Schritt Richtung Europa? Man wird sehen.