Will der 1. FC Köln in der Bundesliga bleiben, braucht er im Abstiegskampf ein Wunder. Dass das zwar unrealistisch, aber nicht unmöglich ist, zeigt die jüngste Vergangenheit im Fußball-Oberhaus.
Rund 14 Jahre ist es nun her, da standen die Vorzeichen ganz ähnlich: Der 1. FC Köln, wieder einmal mitten im Abstiegskampf, musste zum Auftakt in die Rückrunde zuhause gegen den ungeliebten Rivalen Borussia Mönchengladbach antreten. Das Derby, sonst ein steter Quell schmählicher Auftritte, diente damals als Mutmacher: Der junge Lukas Podolski setzte zum „Tor des Monats“ an und schoss die „Geißböcke“ zum 1:0-Sieg im Aufeinandertreffen der rheinischen Rivalen. Am Ende stand, trotz des aufgehenden Sterns des Prinzen, der verdiente Abstieg für den effzeh.
Auch 2018 beginnt die Rückrunde mit einem Duell gegen die Borussia, die wie einst 2003/04 die Saison mit einem 1:0-Erfolg über den Erzfeind starten durfte. Doch damit enden die Parallelen mit der Historie, denn der effzeh steckt tiefer im Abstiegskampf als jemals zuvor. Nur sechs Zähler gelangen den „Geißböcken“ in der Hinrunde, erst am 17. Spieltag durfte der erste Erfolg der Bundesliga-Saison gefeiert werden. Zuvor glich die Spielzeit einer Ansammlung von Pleiten, Pech und Pannen: Verletzungspech, Schiedsrichterpech, schlechte Leistungen, sogar eine 3:0-Führung reichte dem effzeh nicht zum ersehnten Befreiungsschlag. Die Konsequenz: Der Rückstand auf das rettende Ufer betrug zum Jahreswechsel schlappe neun Zähler.
Ruthenbeck: “Wir haben 17 Endspiele vor uns”
Eine Herkulesaufgabe für die „Geißböcke“, eine schier unlösbare Situation, ein benötigtes Wunder: Viele haben den 1. FC Köln im Jahr 2018 bereits abgeschrieben, die Planungen für die 2. Bundesliga laufen bereits auf Hochtouren. Nicht zu Unrecht, wie ein Blick in die jüngste Ligageschichte zeigt: Zuletzt startete Hertha BSC 2009/10 mit lediglich sechs Zählern in die Rückrunde – und stieg danach sang- und klanglos aus dem Fußball-Oberhaus ab. Es gleicht einem Himmelfahrtskommando, was sich der neue effzeh-Coach Stefan Ruthenbeck für die Rückrunde aufgehalst hat. Aufgeben gilt allerdings für den 45-Jährigen im Abstiegskampf auf keinen Fall: „In der Rückrunde haben wir noch 17 Endspiele vor uns. In denen werden wir alles reinwerfen“, sagte er bereits nach dem Sieg gegen Wolfsburg, um zum Trainingsauftakt noch nachzulegen: “Wenn die anderen schwächeln, müssen wir da sein. Vier, fünf Siege in Serie – das hat es alles schon gegeben!”
Die Herausforderung ist allerdings groß: In den vergangenen zehn Jahren hatten die Mannschaften auf dem letzten direkten Nichtabstiegsplatz im Schnitt 34,6 Zähler auf dem Konto, für den Relegationsrang reichten den Teams 32,5 Punkte. Für den effzeh bedeutet das daher: Mindestens 26 weitere Punkte brauchen die „Geißböcke“, um zumindest in zwei weiteren Duellen gegen einen Zweitligisten um den Klassenerhalt kämpfen zu dürfen. Zum Vergleich: 26 Punkte hatte der effzeh nach der überragend verlaufenden Hinrunde 2016/17 auf dem Konto. Unrealistisch, aber nicht unmöglich. Der direkte Klassenerhalt braucht dagegen noch eine größere Kraftanstrengung: 28 oder 29 Punkte müsste der effzeh in den verbleibenden 17 Partien holen, um eine Chance auf Platz 15 zu haben. Das bedeutet für den kommenden Abstiegskampf: Jedes zweite Spiel gewinnen (24 Punkte), vom Rest nur jedes zweite verlieren (vier oder fünf Zähler).
Augsburg schafft 2013 das Wunder
Dass sich auch ein Blick auf die Konkurrenz lohnt, beweist der FC Augsburg: 2012/13 haben die Fuggerstädter als Tabellenvorletzter einen Zehn-Punkte-Rückstand aufs rettende Ufer. Der Abstieg scheint zum Jahreswechsel besiegelt, doch die Augsburger geben sich noch längst nicht geschlagen. Und das zahlt sich aus: Nach einer furiosen Rückrunde steht der FCA über dem ominösen Strich und darf mit 33 Zählern den direkten Klassenerhalt feiern. „The Big Escape“ in Reinform: Eine Neuauflage dieses Klassikers wäre der 1. FC Köln sicherlich nicht abgeneigt, zumal das Auftaktprogramm trotz Abstiegskampf Möglichkeiten eröffnet: Gleich drei der ersten vier Partien trägt der effzeh vor den eigenen Fans aus, die erste Hälfte des Spielplans mit durchaus machbaren Heimspielen gegen Stuttgart und Hannover könnte eine Aufholjagd bedeuten. Auch wenn die Ausgangslage trotz allem miserabel ist: Die Hoffnung stirbt auch unter den pessimistischsten effzeh-Fans zuletzt.