Nach Außen hörte man von den beiden Vollprofis keine Klagen. Noch kurz vor Schmadtkes Abgang verteidigte Stöger den von den Fans in Borisov angezählten Geschäftsführer öffentlich. Vielleicht auch, weil er wusste, dass seine (Schmadtkes Verhalten geschuldete) passive Haltung dem Kaderplaner gegenüber zum Transfermisserfolg und zur weiteren Eskalation beigetragen hatte. Der sportliche Leiter machte sich kurz darauf trotzdem mit einer Millionenabfindung vom Acker. Stöger blieb und verlor mit seiner Mannschaft in der Bundesliga weiterhin fast jedes Spiel.
Das Vertrauen seiner Spieler verlor Stöger aber offensichtlich nie. Ungefähr jeder Kölner Profi, der irgendeinen Social-Media-Account besitzt, hat mittlerweile eindringliche Worte gefunden, um sich vom nunmehr ehemaligen Trainerteam zu verabschieden. „Wir werden nie vergessen, was ihr geleistet habt“, schreibt Konstantin Rausch da. „Es war eine großartige Zeit mit euch“, verabschiedet sich Dominique Heintz. „Ihr seid zwei überragende Menschen“, lässt Marco Höger seine Ex-Chefs wissen. Und aus der Ferne meldet sich mit Anthony Modeste der einstige Torjäger: “Danke an einen unglaublichen Trainer, einen Vater” findet der Franzose herzliche Worte. “Er hat uns in die Europa League gebracht. Ich weiß, dass Fußball manchmal grausam ist. Er hat es nicht verdient, gehen zu müssen. Das ist ein Kollateralschaden.”
Vollstes Vertrauen: “Danke an einen Vater”
Emotionale, ehrliche Worte von Profi-Fußballern sind in diesem Business schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr. Und wem Tweets und Instagram-Posts nicht genügen, der sollte einen Blick auf die Szenen, die sich in Gelsenkirchen nach der Partie auf dem Rasen zugetragen haben, werfen. Das sollte ausreichen, um zu verstehen, dass der Mensch Peter Stöger bis zuletzt das Vertrauen seiner Spieler hatte. Das der Fans hatte der Europapokal-Trainer ebenfalls in großem Maße. Trotz manchmal sportlich auch kritischen Tönen. Trotz seiner bisweilen irrationalen Treue zu einzelnen, leistungsschwachen Spielern. Trotz Sieglosigkeit und Platz 18. Ein „Stöger raus!“ hat man von den Kölner Fans bis zu seinem letzten Tag nicht gehört. Allein das grenzt in der Domstadt an ein Wunder.
Stöger selbst wusste offenbar schon seit Donnerstagabend, dass es für ihn in Köln nicht mehr weitergehen würde. Der „Geissblog.Koeln“ berichtet am Montag, nach Stögers Pressekonferenz sei es noch am Abend zum Gipfeltreffen der Verantwortlichen gekommen. Der Trainer hatte eine Entscheidung gefordert, und die sollte er bekommen. Der Vorstand fühlte sich von Stöger durch seine offensiven Forderungen öffentlich kritisiert, heißt es in dem Bericht der Online-Zeitung. Das klare Bekenntnis zum Trainer wollte Werner Spinner und sein Präsidium dem Trainer offenbar keineswegs geben, der sah sich durch die Position der Verantwortlichen wiederum in seiner Kritik bestätigt.
Peter Stöger informiert die Mannschaft |Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Die Würfel waren gefallen. Dennoch spielte Stöger das falsche Spiel, das man sich am Geißbockheim für die Zeit bis nach dem Schalke-Spiel ausgedacht hatte, mit, ließ sich von den TV-Experten im Live-Interview löchern und erklärte auch nach der Partie konsequent, dass bald eine Entscheidung gefällt werde. Spätestens auf der Pressekonferenz und damit nach der emotionalen Verabschiedung von Spielern, Trainerstab und Fans machte es dann aber den Eindruck, als falle Stöger das Theater immer schwerer.
Entscheidung am Donnerstag
Der Verein hatte entschlossen, die Entscheidung nicht vor der Partie zu kommunizieren. Und so konnten die Fans in Gelsenkirchen und an den TV-Geräten zwar deutlich spüren, dass ihr Erfolgscoach da gerade zum Abschied die Auswärtskurve gegrüßt und seine Spieler geherzt hatte, sagen durfte Stöger es aber immer noch nicht. Der Trainer war sichtlich angefasst, aber es gab kein Zurück mehr.
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