Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln werden wir auch in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wieviel effzeh in den Anhängern der anderen Bundesligisten steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.
Von der Relegation zum Höhenflug: Nachdem Eintracht Frankfurt in der vergangenen Saison dem Abstieg gerade eben noch von der Schippe gesprungen ist, macht die “Diva vom Main” nun keine Gefangenen mehr: Insbesondere zuhause ist die SGE ein dickes Brett, das es für den effzeh zu bohren gilt. Mit Eintracht-Fan Marvin, Teil des Eintracht-Podcasts und Begründer von hallofrankfurt.de, sprechen wir im effzeh.com-“Auswärtsspiel” unter anderem über den Aufschwung der Hessen, die vielen Leihgaben und die drakonischen DFB-Sanktionen.
Jetzt einmal ehrlich: Muss es unbedingt sein, dass unser Schreckgespenst Alex Meier wieder einmal rechtzeitig zum Spiel gegen den effzeh fit wird?
Ja, auf jeden Fall. Eurem Höhenflug müssen wir doch etwas Wirkmächtiges entgegensetzen. Ihr habt Anthony Modeste, wir Alex Meier. Nur fair. Und wenn euch passend zu Halloween schon nicht das Abstiegsgespenst droht, dann doch wenigstens das frisch gezopfte Torphantom Meier.
Der Saisonstart ist der Eintracht definitiv geglückt. Wen gilt es außer AMFG14 zu fürchten, wenn wir am Samstag zum Topspiel nach Frankfurt reisen? Was macht Euch aktuell so stark?
Eine Stärke, die ich vorher so selbst nicht erwartet hätte, ist die für uns neue Errungenschaft einer Erfolg versprechenden Rotation. Diese macht uns schwerer ausrechenbar. Grundsätzlich sollten die Kölner Marco Fabián im Auge behalten, der langsam, aber sicher das Können unter Beweis stellt, welches man ihm all die Zeit nachsagte. Und auch Mijad Gacinovic ist ein Spieler, der sich unter Kovac zu einem besseren Spieler entwickelt hat.
Unter Niko Kovac hat die SGE sich erst in der Relegation den Klassenerhalt gesichert, danach gab es eine eher holprige Transferphase mit vielen Wundertüten. War für dich ein solch positiver Auftakt zu erwarten?
Vor der Saison war mir klar, dass von Platz sieben bis 17 quasi alles passieren kann, gerade weil es so viele Fragezeichen gab. Mit Stefan Aigner wurde ein absoluter Stammspieler verkauft, Zambrano – die Stütze in der Innenverteidigung – verließ ebenfalls den Verein und hinzu kamen Talente, die zumeist nur Insidern bekannt waren. Doch bislang entwickelt sich die Mannschaft herausragend, was in meinen Augen zu großen Teilen an der quälenden Sommervorbereitung liegt. Im Vergleich zum Vorjahr unter Veh wurde die Intensität hochgeschraubt, an Fitness und Ausdauer gearbeitet. Gegenwärtig scheint sich dies auszuzahlen und gepaart mit der Qualität, die im Kader ohne Frage vorhanden ist, kommt es nicht gänzlich überraschend. Jeder dieser Spieler, angefangen von Hradecky im Tor über die Innenverteidiger Abraham und Vallejo bis hin zu Fabián, Meier oder Hrgota im Angriff, hat seine Qualitäten. Dass diese Rädchen jedoch gegenwärtig ineinandergreifen, ist der Verdienst von Kovac, dem Architekten des aktuellen Erfolgs.
[perfectpullquote align=”left” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Bislang entwickelt sich die Mannschaft herausragend. Das ist der Verdienst von Trainer Niko Kovac.[/perfectpullquote]
Insbesondere zuhause klappt es bei der Eintracht hervorragend. Schalke und Leverkusen bezwungen, gegen Hertha BSC und die Bayern remis gespielt. Wird das Waldstadion etwa zur Festung ausgebaut?
Das hoffe ich sehr. Die letzten Partien daheim waren überzeugend und überspielen die Gräben, die durch Sanktionen des DFB immer wieder aufgerissen werden. Nicht auszudenken, was hier los wäre, würde die Eintracht nicht erfolgreich sein und vor einem leeren 40er spielen. Doch es läuft und zudem merkt man die Verbundenheit zwischen Kovac und den Fans. Diese Bindung vermittelt er auch seinem Team. Und gerade die jungen Kicker aus anderen Ländern saugen diese Stimmung, diese oft beeindruckende Kulisse auf, schenkt man deren Social-Media-Feeds Glauben.
Momentan steht Frankfurt in der oberen Tabellenhälfte. Was ist aus deiner Sicht in dieser Saison drin? Ist Europa realistisch?
Wir haben aktuell 15 der notwendigen 40 Punkte. Ziel ist und bleibt der sichere Klassenerhalt, im Optimalfall ohne Zittern. Sollten die 40 Punkte frühzeitig eingetütet werden, bin ich gerne bereit, über höhere Ziele zu sprechen, doch bis dahin hoffe ich einfach auf eine Saison ohne Herzkaspergefahr. Man darf nicht vergessen: Die Mannschaft wurde vor der Saison von vielen als sicherer Absteiger gehandelt und so ist die bisherige Leistung schon ein Erfolg. Aber: Bislang gab es noch keinen sportlichen Einbruch. Dieser wird aller Voraussicht nach kommen und dann wird es interessant sein zu sehen, wie man nach beispielsweise drei Niederlagen in Folge wieder die Kurve kriegt. Lange Rede, kurzer Sinn: Im Optimalfall ist Platz sieben oder acht möglich, mehr nicht. Schalke, Leverkusen und Gladbach werden uns allesamt noch einholen, doch sollten wir einen einstelligen Tabellenplatz erreichen, wäre dies für alle in Frankfurt – insbesondere nach der Gruselsaison im Vorjahr – ein ordentlicher Erfolg.
Viele Leihgaben prominenter Vereine bereichern Euren Kader. Hast du Sorge, dass die Eintracht am Ende der Spielzeit wieder von neu beginnen muss?
Ich begreife diesen Sacherhalt nicht als drohende Folge, sondern als konzeptbedingten Umstand. Bobic, Hübner und Kovac haben bewusst diesen Weg gewählt, nicht zuletzt um das Profil der Eintracht hin zu einem Ausbildungsverein zu verändern. Und dies ist mir recht, ergibt sich dadurch doch immerhin die Chance, hochtalentierte Spieler wie Vallejo zumindest eine Saison in Frankfurt erleben zu dürfen. Die Alternative wäre, durchschnittliche Rumpelfußballer fest zu verpflichten. Denn man darf nicht vergessen: Das Gehaltsniveau auch in der Bundesliga ist mittlerweile so hoch, dass wir aufgrund finanzieller Engpässe nicht einfach kurzfristig einen guten Kicker dauerhaft unter Kontrakt nehmen können, sondern maximal Spieler bekämen, die uns auf Vorjahresniveau halten würden.
Wie gesagt: Dieses Konzept birgt Chance und Risiko zugleich, doch sollte es einem Team wie dem jetzigen gelingen, in positiver Hinsicht für Aufsehen zu sorgen, steigt der Wert der gesamten Mannschaft, folglich auch der Spieler, die fest an den Verein gebunden sind. Kann man hiervon einige zu einem guten Preis verkaufen, gelingt auf mittelfristiger Sicht eventuell der nächste Schritt.
Emotional wurde es zuletzt, als Marco Russ seinen Kampf gegen den Krebs gewonnen hat. Ist das nochmals ein weiterer Motivationsfaktor für das Team?
[perfectpullquote align=”right” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Für Verein, Fans und das restliche Umfeld war die überstandene Krebserkrankung von Marco Russ eine Situation, die zusammengeschweißt und Kräfte freigesetzt hat.[/perfectpullquote]Ich bin selbst überrascht, wie sehr dies diskutiert wurde, aber ganz klar: Für Verein, Fans und das restliche Umfeld war dies eine Situation, die zusammengeschweißt und Kräfte freigesetzt hat. Dass die Krebserkrankung während der Relegation bekannt wurde, sorgte vielleicht für das zusätzliche Quäntchen Motivation und der gesamte Heilungsprozess wurde von allen im Verein begleitet. Russ ist, trotz seines zwischenzeitlichen Abstechers nach Wolfsburg, einer „mit dem Adler im Herzen“ *pathosmode off* und damit auch eine Integrationsfigur für viele, die dem Club nahestehen. Und so wird in diesem mittlerweile doch recht kühlen Bundesligageschäft etwas Nahbarkeit vermittelt, die den Fan an etwas ganz Persönlichem teilhaben lässt, was wiederum die Bindung zu Club und Person stärkt. Auch die Spieler sind in diesen Momenten zusammengerückt und ein bisschen bekommt man das Gefühl, dass sie in der Tat Kraft daraus ziehen. Quintessenz: Es wird niemand vergessen, niemand zurückgelassen. Das Team beschreitet gemeinsam den Weg in der Bundesliga, egal wer aktuell auf dem Platz spielt.
In der Führungsetage wurde im Sommer Heribert Bruchhagen verabschiedet, der bei Teilen der Fans nicht gerade freundlich aufgenommene Fredi Bobic übernahm. Was dürfen wir vom Ex-Stuttgarter bei der Eintracht erwarten?
Gute Frage. Aktuell ist er sehr darum bemüht, sich nicht komplett zum Horst zu machen. Dies rechne ich ihm nach seinen peinlichen Aufritten im Fernsehgarten, bei „Fußball“-talks mit Giovanni Zarrella oder seiner fragwürdigen Sport1-Kolumne schon mal hoch an. Was man darüber hinaus erwarten darf, bleibt abzuwarten. Er versprach, eine bessere Verzahnung in den Jugendbereich herzustellen, den Verein generell professioneller zu strukturieren und diesem ein Profil, wie oben schon angedeutet, zu geben. Letztgenanntes wird aktuell sichtbar, die weiteren Punkte realisieren sich nicht von heute auf morgen. Ich bin gespannt, aufgrund seiner letzten Station noch immer etwas skeptisch, aber bislang macht er einen ordentlichen Job.
Leidiges Thema, das die SGE seit langem begleitet, sind Ausschreitungen und die damit verbundenen drakonischen DFB-Sanktionen. Im Pokal war das Stadion vor kurzem gezwungenermaßen fast leer, weitere Strafen stehen noch aus. Wie sieht man in der Frankfurter Fanszene die aktuelle Situation?
[perfectpullquote align=”left” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Kollektivstrafen bleiben fragwürdig und sind in den Augen der meisten das falsche Mittel, um weiteren Entgleisungen entgegenzuwirken.[/perfectpullquote]Wie viel Zeit haben wir? Nein, im Ernst: Dies ist ein großes Thema, welches die Fanszene insgesamt umtreibt. Allerdings gibt es dazu unterschiedliche Sichtweisen. Nur so viel: Kollektivstrafen bleiben fragwürdig und sind in den Augen der meisten das falsche Mittel, um weiteren Entgleisungen entgegenzuwirken. Gerade wenn man die Täter ermitteln konnte, erschließt sich der Sinn einer Kollektivstrafe meines Erachtens nicht. Ob es jedoch besser ist, dass Leute aus den eigenen Reihen andere verraten, lasse ich mal dahingestellt. Generell würde ich mir allerdings wünschen, dass nicht andauernd nur über Pyrotechnik gesprochen wird, sondern der DFB auch mal Probleme angeht, die in meinen Augen nicht weniger fundamental sind. Dass Eintracht-Fans zum Beispiel in Magdeburg verbal von Nazis angegangen wurden, darf nicht unter den Tisch gekehrt werden, wenn man über die Eskalation beim FCM spricht.
Ähnliche Denkzettel bekam der effzeh auch, derzeit ist in Köln aber alles eitel Sonnenschein. Wie verfolgst du die Entwicklung unseres Klubs? Was verbindest du mit dem glorreichen 1. FC Köln?
Den effzeh verfolge ich wie kaum einen anderen Verein abseits der Eintracht, was sehr an meiner Köln-lastigen Twitter-Timeline und den missionierenden Machenschaften von @lostinnippes liegt, der zudem eine fast intime Beziehung zu meinem Podcastkollegen Basti pflegt. Dies geht selbst an einem Eintrachtfan nicht spurlos vorüber, der sich nicht zuletzt auch darüber freut, dass der effzeh den zuletzt festgefahrenen Wettbewerb um die Deutsche Meisterschaft wieder etwas aufweicht. Für meine positiven Kommentare zum effzeh wurde ich jüngst sogar schon von Hörern des Eintracht-Podcasts kritisiert, aber in meinen Augen kann man die Arbeit von Stöger und Schmadtke, der in meiner Autokorrektur andauernd nur „Schmatze” genannt wird, gar nicht hoch genug bewerten. Persönlich verbindet mich mit dem 1. FC Köln die immerwährende Sympathie zu Lukas Podolski, einem der ehrlichsten Instinktfußballer fernab der aufgepumpten Selbstvermarktungsblase, und Stefan Raab. Das lasse ich jetzt mal so stehen.
Zum Abschluss: Attila gegen Hennes. Wessen Maskottchen darf am Samstagabend jubeln?
Nach einem heftigen Schlagabtausch, bei dem Hannes den Adler zeitweise in einen üblen Würgegriff nehmen, letzterer sich jedoch befreien und selbst zum Konter ansetzen konnte, geben sich beide Vertreter dieser Parallelwelt beim Stand von 4:4 die Hand, um danach in die nächstgelegene Kneipe zu gehen und bei einem Ebbelwoi (Kölsch für geschmacksbefreite Brudis gibt es erst wieder zur Rückrunde) über die merkwürdigen Kollegen zu lästern, bei denen man sich nicht sicher sein kann, aus welchem Kuriositätenkabinett „Bernie“, „Schanzi“, „Bulli“ und Co. ausgebrochen sind und wer für diesen Mist eigentlich Geld bekommen hat. Aber Vorsicht: Man munkelt, Pony „Schöppche“, das einstige Eintracht-Maskottchen, sei heute noch sehr schlecht auf Tiere anderer Vereine zu sprechen. Mit einem feschen Hufentritt zwischen die Hörner ist also jederzeit zu rechnen! [do_widget id=text-26]