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Das #KOES04-Auswärtsspiel: “Diese Ruhe auf Schalke ist vollkommen ungewohnt”

Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Mit zwei Niederlagen im Gepäck geht es gegen aufstrebende Schalker. Vor #KOES04 sprechen wir mit dem gebürtigen Kölner und S04-Fan Lukas über den Westschlager.

Zu den Spielen unseres geliebten und glorreichen 1. FC Köln werden wir auch in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wieviel effzeh in den Anhängern der anderen Bundesligisten steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.

Die Englische Woche endete für den effzeh nicht wie gewünscht – nach Niederlagen in Hamburg und Freiburg kommt nun der nächste schwere Brocken: Schalke 04, rumpelig ins Jahr gestartet, hat mittlerweile Schwung aufgenommen und reist mit Siegen über Hertha BSC und in Saloniki im Gepäck am Sonntag nach Müngersdorf. Im effzeh.com-Auswärtsspiel sprechen wir mit S04-Fan Lukas Elkemann, dessen Herz trotz Geburtsort Köln seit Kindesbeinen an für Königsblau schlägt, über den Aufschwung auf Schalke, die unheimliche Ruhe bei den “Knappen” und den Westschlager am kommenden Sonntag.

In Saloniki gewonnen, vorher Hertha geschlagen und den Bayern einen Punkt abgetrotzt. Ist Schalke jetzt endlich in der Saison angekommen?

Der schlechte Auftritt gegen Frankfurt Ende Januar könnte die Wende gewesen sein, denn die Mannschaft zeigt seit der 0:1-Niederlage gegen die Eintracht sehr gute Leistungen. Allerdings muss man sich auch die letzten Gegner genauer ansehen, bevor man zu euphorisch wird: Gegen die Bayern sieht Schalke traditionell sehr gut aus und kann lange mithalten. Auch im Hinspiel hatten wir unsere Chancen und kassierten erst in der Schlussphase die beiden Gegentreffer. Sandhausen im Pokal und Saloniki in der Europa League sind beides Gegner, die man als ambitionierter Bundesligist besiegen sollte, auch wenn es in der Liga nicht rund läuft. Die beiden Erfolge waren wichtig, haben aber keine große Aussagekraft.

Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Anders sieht es da beim Spiel gegen Berlin aus. Am vergangenen Spieltag trat die Mannschaft endlich wieder dominant und zielstrebig auf. Gegen einen Club, der um die internationalen Plätzen spielt, war Schalke zeitweise deutlich überlegen und konnte völlig verdient die drei Punkte einfahren. Ob Königsblau jetzt endlich in der Saison angekommen ist, werden wir in den nächsten Wochen sehen. Kurze Hochphasen gab es immer wieder, dort konnte die Mannschaft den Schwung aber nicht mitnehmen.

Vor dem Aufschwung taten sich die „Knappen“ insbesondere im Offensivspiel schwer. Woran haperte es da?

Ob Königsblau jetzt endlich in der Saison angekommen ist, werden wir in den nächsten Wochen sehen. Kurze Hochphasen gab es immer wieder, dort konnte die Mannschaft den Schwung aber nicht mitnehmen.

Königsblau schafft es seit einigen Jahren nicht mehr, die Stürmer mit dem Spielaufbau zu verbinden. Nach Raúls Abgang 2012 wurde das System so umgestellt, damit es perfekt auf die nächste Generation abgestimmt ist. Draxler und Sané blühten darin auf und prägten das Schalker Spiel, der klassische Strafraumstürmer wie Klaas-Jan Huntelaar wurde aber vergessen. Einzelaktionen sorgten fortan für die Schalker Treffer. Um sich weiterhin Ballkontakte zu holen, musste sich der Stürmer immer wieder ins Mittelfeld fallen lassen, wodurch er schließlich vorne fehlte. In den letzten Wochen funktionierte der Übergang wieder deutlich besser, da besonders Neuzugang Nabil Bentaleb in der Zentrale aufblüht. Zusammen mit Leon Goretzka bringt er das Leder an den Strafraum und setzt er die Stürmer wieder vor dem Kasten in Szene. Endlich kombinieren sich die Schalker wieder vor das Tor. Allerdings hatten wir in der Hinrunde großes Verletzungspech in der Offensive. Mit Huntelaar, Di Santo und Embolo fielen drei wichtige Offensivspieler aus. Außerdem war Choupo-Moting oft angeschlagen. Also kamen die jungen Fabian Reese und Donis Avdijaj zu ihren Einsätzen. Verständlicherweise konnten sie einen erfahrenen Stürmer aber nicht ersetzen.

Der Start in die Saison war desaströs, fünf Niederlagen gab es zu Beginn der Bundesliga-Spielzeit. Hattest du da größere Sorgen, dass es komplett in die Binsen gehen könnte?

Foto: Lennart Preiss/Bongarts/Getty Images

Nach den fünf Niederlagen hatte ich Angst, ja – allerdings nicht wegen Tabellenplatz 18. Ich hatte vielmehr die Sorge, dass Weinzierl schon früh um seinen Job spielen würde. Das Schalker Umfeld ist bekanntlich etwas ungeduldig, wenn es um Erfolge geht. Wenn man in eine Umbruchssaison geht, dann muss man auch damit rechnen, dass noch nicht alles sofort klappt. Eine Kurzschlussentscheidung unter dem Druck vieler Fans hätte schwere Auswirkungen gehabt. Glücklicherweise blieb alles verhältnismäßig ruhig. Dass Weinzierl die Mannschaft irgendwann in den Griff bekommen würde, war für mich nur eine Frage der Zeit. Deshalb sah ich den schlechten Saisonstart recht gelassen.

Ihr hinkt dennoch weiter den Erwartungen hinterher, die vor allem durch die Installation neuer Führungsfiguren Heidel und Weinzierl genährt wurden. Haben die beiden dieses Tal unbeschädigt durchschritten?

Zwei der wichtigsten Positionen im Verein wurden zeitgleich neu besetzt. Beide mussten sich an ein neues Umfeld gewöhnen und sich erst ein Bild von der Gesamtlage machen. Dann bleibt keine Zeit mehr, um sich auf einzelne Details zu fokussieren. Meist kann der Trainer einem neuen Manager schon einige Eindrücke von der Mannschaft berichten, sodass der Neuling recht schnell auf dem aktuellen Stand ist. Aber Weinzierl war auf Schalke auch neu im Amt. Ich denke nicht, dass man hohe Erwartungen an die erste Zeit haben konnte, obwohl man zwei hochkarätige Figuren verpflichtet hatte. Trotz des schlechten Starts in die Saison blieben beide sehr ruhig und sachlich, wodurch auch die Anhängerschaft beruhigt wurde. Allmählich ist in der Mannschaft die Handschrift der beiden erkennbar, was die kritischen Stimmen weiter verstummen lässt. Sollte Schalke am Ende der Saison noch oben angreifen können, haben Heidel und Weinzierl die Fans erstmal von sich überzeugt. Allerdings kommen dann auch die berechtigten Erwartungen an die neue Spielzeit.

Das Team wurde im Winter nochmals verstärkt – Holger Badstuber und Guido Burgstaller tragen nun Königsblau. Hat sich das Duo auf Schalke bereits akklimatisiert?

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Gegen Saloniki erzielte Guido Burgstaller schon seinen dritten Treffer für Königsblau. Damit macht er dort weiter, wo er beim 1.FC Nürnberg aufgehört hatte. Auf dem Feld tritt er so auf, wie es die Fans von ihm erwarten: Er gibt immer alles, wirft sich in jeden Zweikampf und kämpft bis zum Schlusspfiff. Natürlich profitierte der Österreicher anfangs auch von den vielen Verletzten im Angriff, die ihm schnell den Platz in der Startelf ermöglichten. Seither ist er aber aus der Sturmspitze nicht mehr wegzudenken und hat sich den Platz in der ersten Elf absolut verdient. Badstuber hingegen hat noch einige Anlaufschwierigkeiten. In der neuen Abwehrreihe fehlt ihm manchmal noch die Abstimmung, wenn der Gegner einen schnellen Angriff läuft. Ansonsten machte er in seinen zwei Einsätzen eine gute Arbeit. Der Neuzugang hat allerdings das Problem, dass er mit Matija Nastasic noch einen direkten Konkurrenten hat, mit dem er sich wahrscheinlich in der Verteidigung abwechseln wird. Außerdem ist Badstubers Zukunft noch nicht klar, da er nur aus München ausgeliehen wurde. Erst wenn er fest verpflichtet wird – erste Gespräche soll es ja bereits geben – kann er sich berechtigte Hoffnungen auf einen Stammplatz machen.

Insgesamt wirkt der Klub noch wie im Umbruch, die Mannschaft wurde richtig durchgewirbelt. Wie weit ist S04 dabei schon?

Bislang wurde in der Aufstellung viel rotiert. Das kann auch ein Grund dafür sein, weshalb es in der Hinrunde noch nicht so lief und es keine konstanten Leistungen gab. Allerdings hing das auch mit den vielen Verletzten in der Offensive zusammen. Oft wurde ein Spieler aus dem Mittelfeld in die Sturmspitze gesteckt, weil kein erfahrener Stürmer vorhanden war. Dadurch musste die Zentrale auch immer wieder verändert werden. Kombiniert mit Neuzugängen auf dem Platz und einem neuen Trainer an der Seitenlinie war die Rotation vorprogrammiert. In den letzten Wochen hat sich das System aber gefestigt, da die Personalsorgen allmählich abnehmen und Weinzierl nun nur noch punktuell feilen muss. Zudem zeigen Spieler wie Burgstaller und Bentaleb mit ihren guten Leistungen, dass sie unbedingt in die Startelf gehören.

In der Vergangenheit herrschte bei Königsblau gefühlt immer Unruhe, egal wie die Mannschaft spielte. Seit Heidel aber im Amt ist, ist es in Gelsenkirchen viel ruhiger geworden. Das ist vollkommen ungewohnt. Wenn man in dieser Saison von Chaos im Ruhrgebiet hört, dann ist endlich mal ein anderer Verein gemeint…

Trotz allem ist es bei Euch von außen betrachtet ungewohnt ruhig, es gab auch in besseren Zeiten schon deutlich mehr Dissonanzen rund um Schalke. Siehst du das genauso? Und woher kommt diese Entwicklung?

Das ist vollkommen ungewohnt. Wenn man in dieser Saison von Chaos im Ruhrgebiet hört, dann ist endlich mal ein anderer Verein gemeint… In der Vergangenheit herrschte bei Königsblau gefühlt immer Unruhe, egal wie die Mannschaft spielte. Seit Heidel aber im Amt ist, ist es in Gelsenkirchen viel ruhiger geworden. Spielertransfers sickern erst Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe durch, der Trainer wird nach zwei Niederlagen in Serie nicht mehr öffentlich angezählt und der Manager muss sich nicht mehr täglich zur aktuellen Lage äußern. Das ist man als Fan nicht gewohnt. In den letzten Monaten wurden die meisten Themen vereinsintern geregelt, was eine große Ruhe in den Club gebracht hat.

Foto: Sascha Steinbach/Bongarts/Getty Images

Während Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies in der vergangenen Saison noch in jeder Talkshow zu Gast war und über Schalke 04 sprach, hält er sich nun aus den Medien fern. Dadurch hat er das Scheinwerferlicht vom Club genommen und im Verein eine ruhige Atmosphäre geschaffen. Damit Tönnies in eine Gesprächsrunde eingeladen werden konnte, musste ein Thema gefunden werden. Da er jetzt aber nicht mehr kommen möchte, hat das Verlangen nach Schalke-Themen auch abgenommen.

Am Donnerstag noch in der Europa League aktiv, am Sonntag geht es nach Köln. Könnte uns das stramme Programm, das Königsblau derzeit absolviert, in die Karten spielen?

Das kann gegen Ende der Partie sicherlich ein Faktor sein. Besonders der Reisestress nach einer Partie in Griechenland wird einige Kräfte gekostet haben. Da fast alle Spieler diesem Stress ausgesetzt waren, nützt es auch nicht so viel, dass Weinzierl rotieren kann. Badstuber und Choupo-Moting kamen in Saloniki nicht zum Einsatz und könnten am Sonntag etwas frischer sein. Bentaleb blieb mit einem Magen-Darm-Infekt ganz zuhause. Ob er gegen Köln schon wieder bei 100% sein kann, ist sehr fraglich. Da die Partie gegen PAOK aber klar mit 3:0 gewonnen wurde, können die Kölner nicht darauf hoffen, dass Schalke mit den Köpfen schon beim Rückspiel am Mittwoch ist. Am Ende hängt es aber natürlich auch davon ab, wie die Begegnung in Köln verläuft. Sollte Weinzierl die Mannschaft defensiv einstellen und den “Geißböcken” den Ball überlassen, könnte Königsblau sicherlich lange durchhalten.

Im Hinspiel saht ihr alles als gut aus – nach Rückstand gewann der effzeh noch 3:1. Gibt es Erkenntnisse, die S04 aus dieser Partie mitnehmen sollte?

Die Vorzeichen sind nun aber anders: Schalke ist seit vier Spielen ungeschlagen, kam gegen die Bayern nach Rückstand zurück und legte gegen Sandhausen, Berlin und Saloniki nach Führung noch einen drauf. Nach einem Gegentor werden wir nicht mehr so schnell resignieren wie im Hinspiel.

Das stimmt, es war am Ende kein guter Auftritt. Allerdings hatte es kurz den Anschein eines Befreiungsschlags, als Huntelaar den ersten Schalker Saisontreffer erzielte. Die kurze Euphorie wurde von Osako nur kurz danach wieder zerstört. Ich glaube, dass das schnelle Gegentor den Spielern zugesetzt hat, da plötzlich wieder der Druck der Niederlagenserie aufkam. Fortan waren sie nicht mehr bei der Sache und haben förmlich auf den weiteren Gegentreffer gewartet. Der dann ja auch kam. Die Spieler sahen sich also bestätigt, dass es doch wieder die nächste Niederlage geben würde. Beim letzten Kölner Tor kann man genau sehen, dass der Wille fehlte, das anscheinend Unvermeidbare zu verhindern. In der Zeit zuvor hatte Königsblau immer wieder nach einer knappen 1:0-Führung das Spielen eingestellt und dadurch viele Punkte verschenkt. Die Vorzeichen sind nun aber anders: Schalke ist seit vier Spielen ungeschlagen, kam gegen die Bayern nach Rückstand zurück und legte gegen Sandhausen, Berlin und Saloniki nach Führung noch einen drauf. Nach einem Gegentor werden wir nicht mehr so schnell resignieren.

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Der effzeh ist mittlerweile ein ernstzunehmender Kontrahent im Kampf um die internationale Startplätze geworden. Überrascht dich dieser Fortschritt?

Ganz und gar nicht. Der effzeh hat die richtigen Menschen in den richtigen Positionen. Über die letzten Jahre haben Schmadtke, Stöger und Co. ein Team geformt, das oben in der Bundesliga mitspielen kann und wird. Sie beweisen, dass es am Ende nicht auf „große Namen“ ankommt, sondern auf die Gemeinschaft auf dem Platz. Wenn ein Leistungsträger ausfällt, hält halt ein anderer den Derbysieg fest. Jemand mit Fußballverstand hat vom Verein und den Fans Vertrauen und Zeit bekommen und kann damit etwas Großes erreichen. Man darf nur nicht panisch werden, sollte es in diesem Jahr noch nicht klappen.

Wie siehst du unseren feinen Verein im Allgemeinen?

Kaum ein anderer Verein ist so sehr in das Leben der Heimatstadt eingebunden wie der 1. FC Köln. Zu allen fünf Jahreszeiten kann man dem effzeh in der Stadt nicht entfliehen. Aber irgendwie will man das auch nicht, denn der Verein gehört zu Köln wie der Karneval oder der Dom. Ohne geht es einfach nicht. Deshalb bin ich sehr froh, dass der effzeh wieder langfristig in der 1. Bundesliga spielt und nun noch weiter oben anklopft. Das sympathisch lockere Auftreten des Clubs, wenn er auf Europa angesprochen wird, zeigt die Einstellung der ganzen Stadt. Hoffentlich taucht die Domstadt bald schon in einer Lostrommel der UEFA auf. Ich habe das Gefühl, dass man einen kleinen Geißbock im Herzen hat, wenn man in Köln geboren wurde – auch wenn man am Ende einem anderen Club die Daumen drückt.

Zum Schluss: Rut-wieß gegen Königsblau – welche Farben dürfen am Sonntag jubeln?

(Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Schalke konnte nur eine der letzten fünf Begegnungen gegen die Kölner gewinnen. In allen anderen Partien sah Königsblau nicht gut aus. Zudem ist der effzeh in dieser Saison zuhause noch ungeschlagen. Es wird also eine schwere Aufgabe für uns. Dennoch gehe ich davon aus, dass Königsblau es schaffen wird. Angetrieben von den guten Leistungen der letzten Tage werden die Schalker auch in Köln gut ins Spiel finden. Nachdem Naldo im Hinspiel einen besonders schlechten Tag erwischt hatte, ist sein Selbstvertrauen zurück, weshalb die Abwehrreihe nun deutlich besser stehen wird. Die Kölner hingegen treten mit einer Niederlage im Rücken an und müssen zudem leider auf Bittencourt verzichten. Bis der effzeh von der längeren Ruhepause vor dem Spiel profitieren kann, wird der gute Lauf der Schalker schon auf der Anzeigetafel zu sehen sein. Ich tippe auf ein knappes 2:0 für Schalke.

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