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Auswärtsspiel

Das #KOEHSV-Auswärtsspiel: “Beim HSV wird es zumindest nie langweilig”

Die Rote Laterne kommt nach Müngersdorf: Mit HSV-Bloggerin Tanja sprechen wir über Personalsorgen, sportliche Probleme und die Abhängigkeit von Klaus-Michael Kühne.

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln werden wir auch in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wieviel effzeh in den Anhängern der anderen Bundesligisten steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.

Erneut schaut ein Kellerkind der Bundesliga in Müngersdorf vorbei: Nach dem FC Ingolstadt, den der effzeh souverän besiegte, ist es nun der Hamburger SV, der als Tabellenletzter seine Visitenkarte in Köln abgibt. Unter der Woche konnten die “Rothosen” im Pokal ein Erfolgserlebnis feiern, bezwangen den Drittligisten Halle deutlich mit 4:0. Wieso die mangelnde Durchschlagskraft dennoch das Hauptproblem beim HSV ist und woran das letztlich liegt, klären wir im effzeh.com-“Auswärtsspiel” mit HSV-Fan Tanja, die unter raute22c.de über ihren Herzensverein bloggt. Dazu sprechen wir über den Trainerwechsel von Labbadia zu Gisdol, die Abhängigkeit von Klaus-Michael Kühne und Personalsorgen in der Abwehr.

Die Pokalaufgabe in Halle souverän gelöst, sogar gleich vier Tore geschossen (doppelt so viele wie in der Liga): War das die Trendwende für den HSV?

Ich hoffe es natürlich. Selbstverständlich sollte man einen Sieg gegen einen Drittligisten nicht überbewerten, auf der anderen Seite sieht man aber auch am Beispiel Sportfreunde Lotte, wie schwierig es Erstligisten haben können. Daher hat mich vor allem gefreut, dass die vier Treffer keine Duseltore waren, sondern tatsächlich mal jede sich bietende Lücke genutzt wurde und es sogar gewollt aussah.

Gleich viermal durfte der HSV im Pokal unter der Woche jubeln – in der Liga gelangen bislang nur zwei Treffer (Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

Gleich viermal durfte der HSV im Pokal unter der Woche jubeln – in der Liga gelangen bislang nur zwei Treffer (Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

Die offensive Harmlosigkeit stach in den bisherigen Bundesliga-Partien ins Auge. Fehlt es Euch „Rothosen“ an Durchschlagskraft? Oder liegt das Problem für dich woanders?

Unser großes Problem ist (schon seit Jahren), dass wir keinen guten Spielaufbau aus der Abwehr heraus hinbekommen. Daher ist es für den Gegner relativ leicht uns zuzustellen, so dass gar nix mehr geht. In der vergangenen Saison haben wir auch schon nicht übermäßig oft getroffen, hatten aber das Glück, dass Nicolai Müller gut in Form war und sich regelmäßig seinen Gegenspielern entziehen konnte. Den kleinen, schnellen Kerl übersieht man als Abwehrkante halt mal schnell. Leider hat Müller in der Sommerpause irgendwie seine Wuseligkeit gegen Muskeln getauscht und dabei seine Form verloren.

Im Sommer wurde viel Geld in neue Spieler wie Kostic, Halilovic und Wood investiert, dennoch scheint das Team nicht wirklich stärker als in der Vorsaison. Woran mangelt es denn in der Hansestadt?

Das Ziel war, mehr Tore zu erzielen, also kaufte man quasi alle Offensivspieler, die bei Drei nicht auf den Bäumen waren. Dabei wurde übersehen, dass der Ball ja auch erstmal irgendwie ins vorderste Drittel gelangen muss. Einen strategisch denkenden 6er haben wir nicht (wir hatten mit Badelj und später Diaz schon mal zwei, aber die Mitspieler waren offensichtlich überfordert mit deren Ideen) und unsere Innenverteidiger geraten zu schnell unter Druck, so dass deren Versuche des Spielaufbaus des Öfteren in der Katastrophe enden. Und so sieht es für mich aus, als wenn man bei der Kaderzusammenstellung entweder überhaupt keinen Plan von einer Spielidee hatte oder nur über Spieler verfügt, die die Spielidee nicht verstehen und umsetzen können.

[perfectpullquote align=”left” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Klar kann man sagen: Ohne Kühne wäre der HSV schon lange pleite und in der Versenkung verschwunden. Wenn man aber das komplette Engagement von KlauMi beim HSV Revue passieren lässt, ist es wie ein Dealer-/Junkie-Verhältnis.[/perfectpullquote]

Diskussionen gibt es nicht nur in Hamburg regelmäßig über Klaus-Michael Kühne, dessen Millionen den Verein am Leben halten. Unter den HSV-Fans ist der Geldgeber mächtig umstritten. Wie stehst du dem Ganzen gegenüber?

Klar kann man sagen: Ohne Kühne wäre der HSV schon lange pleite und in der Versenkung verschwunden. Wenn man aber das komplette Engagement von KlauMi beim HSV Revue passieren lässt, ist es wie ein Dealer-/Junkie-Verhältnis. Es fing damit an, dass 2009 Spielerbeteiligungen an Kühne verkauft wurden. Schon das Geld wurde verpulvert für schnellen Erfolg ohne mittelfristige Strategie (hat hier jemand van Nistelrooy gesagt?), der sich aber nicht einstellte. Dann wollte KlauMi unbedingt van der Vaart nebst Gattin wieder nach Hamburg holen. Der damalige Sportchef Frank Arnesen war dagegen, hätte von dem Geld lieber einen jungen, talentierten Mann geholt. Um es sich nicht mit Kühne zu verscherzen, wurde trotzdem vdV geholt – die Verhandlungen führte dann der Marketingchef (!). 13 Mio plus Gehalt, die KlauMi vorstreckte und sich verzinsen ließ, für einen Spieler, der uns in den darauffolgenden drei Jahren in ca. 5-6 Spielen wirklich weitergeholfen hat. Und so ging das dann immer lustig weiter. Die Darlehen wurden teilweise in Anteile umgewandelt, beim neuesten Schwung wird wohl erst bei Erfolg eine Rückzahlung fällig. Selbst wenn KlauMi noch weit von 50+1 Prozent der Anteile entfernt ist, hat er trotzdem de facto das Sagen (praktischerweise ohne Verantwortung dafür übernehmen zu müssen), weil niemand in der AG die Chuzpe hat, ihm die Stirn zu bieten, weil’s dann womöglich keine neue Kohle gibt. Eine mittelfristige Strategie ist aber immer noch nicht wirklich sichtbar und so steigt die Abhängigkeit.

Neben dem Platz scheint der HSV den effzeh als „Karnevalsverein“ der Liga ersetzt zu haben, ständig ist Unruhe rund um den Verein da. Nervt einen das als Fan nicht unendlich?

Es wird zumindest nie langweilig. Aber es ist schon zu einer Dauerbeschallung angewachsen, die einen zwischendurch dazu zwingt, sich nicht mit (Profi-)Fußball zu beschäftigen, um nicht völlig kirre zu werden. (Wenn ihr mal in Hamburg seid, guckt doch mal, ob ihr es zu einem Spiel des HFC Falke schafft. Da macht Fußball noch Spaß.)

Markus Gisdol übernahm beim HSV den Trainerposten von Bruno Labbadia (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Markus Gisdol übernahm beim HSV den Trainerposten von Bruno Labbadia (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Früh in der Saison nutzte der HSV das Mittel des Trainerwechsels, Markus Gisdol ersetzte Bruno Labbadia. Die richtige Entscheidung?

Die Demission von Labbadia war auf jeden Fall richtig, kam aber deutlich zu spät. Beiersdorfer hat schon zum zweiten Mal an einem Trainer festgehalten, von dem er nicht überzeugt war und so wieder eine Transferphase und eine Vorbereitung an den falschen Trainer verschenkt. Sowas ist dann nicht nur wegen der Abfindungen, sondern vor allem wegen der unabgestimmten Kaderzusammenstellung verdammt teuer. Ob Gisdol jetzt der richtige Trainer ist, kann ich noch nicht beurteilen. Ich hoffe aber, dass er, im Gegensatz zu Bruno, eine Mannschaft und eine Spielidee entwickeln kann. Wenn das auch nicht klappt – kriegen wir dann Stöger von euch? Bitte, bitte…

Ein Soforteffekt konnte jedoch nicht erreicht werden, einen einzigen Punkt holte Gisdol bis jetzt mit dem Team. Hat sich trotzdem schon etwas signifikant verändert?

Ich habe das Gefühl, dass Gisdol das System und auch die Spieler flexibler macht. Unter Labbadia spielten wir fast schon Kick and Rush, das hat Gisdol gleich mal unterbunden. Plötzlich mit in einem 4-3-3 aufzulaufen, wie im Pokal gegen Halle, hätte es vorher nicht gegeben. Bei Labbadia war die größte taktische Umstellung schon von 4-2-3-1 auf ein temporäres 4-4-2 mit Raute.

Es folgt nun ein hartes Programm: Nach dem Duell bei uns geht es nach Dortmund, dann kommt Hoffenheim zu Euch. Besteht die Sorge, relativ früh den Anschluss zu verpassen?

[perfectpullquote align=”right” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Es sind jetzt schon vier Punkte auf den Relegationsplatz, unser Torverhältnis ist saumies und wenn wir nicht bald, also eigentlich sofort, anfangen, Punkte zu sammeln, wird es verdammt eng.[/perfectpullquote]

Der BVB liegt uns traditionell eigentlich ziemlich gut. Aber klar: Es sind jetzt schon vier Punkte auf den Relegationsplatz, unser Torverhältnis ist saumies und wenn wir nicht bald, also eigentlich sofort, anfangen, Punkte zu sammeln, wird es verdammt eng und könnte nicht mal für den von uns so heiß geliebten Relegationsplatz reichen.

Am Sonntag wird gefühlt drei Viertel der HSV-Abwehr verletzt oder gesperrt passen. Die Chance für andere, sich ins Rampenlicht zu spielen?

Was mich schon unter Labbadia richtig geärgert hat und sich jetzt bei Gisdol fortsetzt: Da fehlen zwei Drittel der Innenverteidiger und es wird keiner aus der U21 oder A-Jugend zumindest für die Bank hochgezogen. Verstehe ich nicht, weil man eigentlich nichts verkehrt machen kann: Entweder der Junge schlägt ein, dann ist alles großartig oder er macht Fehler, die kann man aber auf das Alter schieben. Stattdessen werden Mittelfeldspieler in die Abwehr gezogen, die sichtlich überfordert sind mit der Position und deswegen verdammt viele Fehler machen. Aber dabei bleibt es wohl, von daher werdet ihr wahrscheinlich keine neuen Namen auf dem Spielberichtsbogen lesen.

Die beiden Aufeinandertreffen in der Vorsaison waren hart umkämpft. Was erwartest du für den Sonntag? Könnte Euch sogar unser Kräfteverschleiß angesichts des harten Pokalabends in die Karten spielen?

Ich hoffe sehr, dass am Sonntag die Maßnahme “Gisdol” endgültig greift. Wenn ich jedoch den effzeh diese Saison sehe, dann seid ihr auf Augenhöhe mindestens mit Frankfurt, Hertha und Leipzig – und die drei Teams haben uns gehörig auseinander genommen. Von daher ist der effzeh trotz des Pokalspiels, das ihr ja immerhin auch gegen einen starken Gegner für euch entscheiden konntet, eindeutiger Favorit.

Zum guten Schluss: Dein Tipp, bitte!

Ihr werdet uns nicht auseinander nehmen, aber trotzdem glaube ich, dass ihr 2:1 gewinnt – wegen eines Tores in der Nachspielzeit durch Rudi.

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