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Nachspiel

#KOEBVB-Nachspiel: Die Schönheit der Chance

Auf bestem Wege, erneut eine Erfolgsgeschichte zu schreiben, mangelt es dem effzeh gegen Borussia Dortmund nur am letzten Schritt. Zum Schluss fehlen zum Happy End lediglich wenige Sekunden.

Foto: STOLLARZ/AFP/Getty Images

Auf bestem Wege, erneut eine Erfolgsgeschichte zu schreiben, mangelt es dem effzeh gegen Borussia Dortmund nur am letzten Schritt. Zum Schluss fehlen zum Happy End lediglich wenige Sekunden.

Ein intensives Spiel, so heißt es, schreibt viele Geschichten. Nicht immer sind sie positiv, nicht immer machen darin die Protagonisten eine gute Figur, nicht immer haben die Geschichten das verdiente Happy End. Zu erzählen jedoch gibt es stets viel – und da macht auch das Duell zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund keine Ausnahme. Über mehr als 90 Minuten bearbeiteten sich die Kontrahenten, warfen auf dem Rasen alles in die Waagschale und gingen dabei bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Dass sich der effzeh für all das Engagement letztlich nicht mit einem Heimsieg belohnen konnte, lag am Ende lediglich an einer kurzen Unaufmerksamkeit gegen einen hochkarätigen Gegner.

Das ist auch die Geschichte, die alles überstrahlt: Die von Verletzungen geplagten Kölner, die auch kurzfristig auf Simon Zoller verzichten mussten, verlangten dem BVB alles ab. Auch ohne eine Fülle an Stammspielern wirkte der effzeh taktisch perfekt eingestellt auf die Dortmunder, unter der Woche noch mit einem 2:2 bei Real Madrid. Aus einer dicht gestaffelten Defensive kleine, aber feine Nadelstiche setzen – der Matchplan ging bis in die Schlussminute perfekt auf. Nach einer hektischen Anfangsphase mit Chancen auf beiden Seiten köpfte Artjoms Rudnevs den effzeh in Front, dem optisch überlegenen BVB ging gegen die leidenschaftlich kämpfenden Stöger-Schützlinge jegliche Inspiration ab. Näher am zweiten Treffer des Spiels waren nicht Reus, Aubameyang und Co., sondern der Kölner Underdog, der immer wieder überfallartig konterte.

Reus bestraft die Nachlässigkeiten

Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Jedoch, das ist wohl der Wermutstropfen des Abends, verpasste es der effzeh, aus den großen Kontergelegenheiten Kapital zu schlagen. Anthony Modeste übersah kurz nach dem Beginn der zweiten Halbzeit den besser postierten Rudnevs und schob den Ball ans Außennetz des leeren Dortmunder Tores, der ansonsten beeindruckend gute Yuya Osako verdaddelte eine Kontersituation nach starkem Solo von Youngster Salih Özcan. In der Schlussminute bestrafte Marco Reus dann die Kölner Nachlässigkeiten in der Chancenverwertung. Hätte vor der Partie vermutlich jeder angesichts der Personalsituation ein Remis unterschrieben, war der Frust nach dem Abpfiff daher verständlich groß. Zwar hatten die Jungs mit dem Geißbock auf dem Brust ein starkes Spiel gezeigt, doch sich den Sieg, der bereits vor Augen war, in letzter Sekunde entreißen lassen. Doch das Team kann stolz auf diese Leistung sein – und muss sich nicht grämen, gegen Dortmund einen Zähler errungen zu haben.

Und das kann man durchaus wörtlich nehmen: Viele Zweikämpfe mit großer Intensität prägten das Spiel, der effzeh haute sich tatsächlich in jedes direkte Duell und kaufte dem BVB so den Schneid ab. Am Ende waren es über 40 Fouls, die Schiedsrichter Felix Zwayer pfiff – überhart war dabei allerdings nur das Einsteigen von Marco Höger, der mit Gelb beim Foul an Sokratis in der zweiten Halbzeit sehr gut leben konnte. In der Nachspielzeit opferte sich Özcan für Kollege Pawel Olkowski auf, der im Laufduell mit Dembele den Kürzeren gezogen hatte, und sah berechtigt die Ampelkarte. Es war allerdings nicht ausschließlich Kölner Härte, die den Dortmundern den Zahn zog. Der effzeh verschob geschickt, agierte zumeist clever in den Zweikämpfen und schaffte häufig spielerisch Entlastung. Szenenapplaus im ausverkauften Stadion brandete gleich mehrfach auf, beispielsweise als Mergim Mavraj die Dortmunder im Stile Alberto Tombas als Slalomstangen benutzte.

Standing Ovations für Rudnevs

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Das gefiel dem Kölner Publikum im ausverkauften Müngersdorfer Stadion – selbst Artjoms Rudnevs, seit seinem Wechsel nach Köln eher argwöhnisch betrachten, durfte sich bei seiner Auswechslung unter Standing Ovations verabschieden. Der Lette zeigte an diesem Samstag, weshalb der effzeh ihn verpflichtet hat: Laufstark, beweglich und unangenehm als Gegenspieler machte der Angreifer allen Dortmundern das Leben schwer. Schon nach vier Minuten hätte er fast in seiner ureigenen Art die frühe Führung vorbereitet: Von Höger in die Tiefe geschickt setzte er sich im BVB-Strafraum etwas hölzern am Ball, aber mit viel Willen gegen Sokratis durch und bediente Özcan im Rückraum perfekt. Das Vertrauen, das Stöger ihm mit der Startelf-Rückkehr schenkte, zahlte der Stürmer jedenfalls zurück. Im starken Kölner Kollektiv stach Rudnevs nicht nur wegen seines Kopfballtores zur Führung heraus, immer wieder brachte er die Borussen-Defensive in Verlegenheit. Hätte Modeste in der 50. Minute den Kopf gehoben, wäre sein zweites Tor an diesem Dezember-Nachmittag nur noch Formsache gewesen.

So lebt der effzeh nach der Partie ein wenig im Konjunktiv: Was wäre gewesen, wenn wir in unserer Drangphase das 2:0 nachgelegt hätten? Oder was hätte sein können, wenn Rausch diesen einen Zweikampf gegen Dembele an der Außenlinie doch noch gewonnen hätte? So war es Reus vergönnt den Dortmundern doch noch einen Zähler zu retten. Einen Zähler, der angesichts der reinen Zahlen verdient war. 73 Prozent Ballbesitz konnten die Schwarzgelben ihr Eigen nennen, auch die Mehrzahl an Zweikämpfen gingen an die Gäste. Doch letztlich hätten sich die Borussen nicht beschweren dürfen, wenn die Punkte abermals komplett in Köln geblieben wäre. Wie gesagt: Hätte. Denn in der Schlussminute entglitt dem effzeh das verdiente Happy End. Es bleibt die Erkenntnis, dass selbst ein geschwächter Kader in der Bundesliga mit den Schwergewichten boxen kann – und dabei sogar Chancen auf den Sieg hat. Das ist doch eine schöne Geschichte!

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