Im Derby will der 1. FC Köln die angestrebte Aufholjagd starten. So ganz will sich die Vorfreude auf das Duell gegen Borussia Mönchengladbach aber nicht einstellen.
Allzu alt ist das neue Jahr noch nicht, doch die Bundesliga startet bereits wieder in die Rückrunde. Knapp zwei Wochen, nachdem 2018 mit einer Unmenge an Pyrotechnik begrüßt wurde, geht es für den 1. FC Köln direkt mit einem Knaller los: Die angestrebte Aufholjagd in Sachen Abstiegskampf beginnt mit dem Derby gegen Borussia Mönchengladbach. Keine leichte Aufgabe zum Wiedereinstieg, zumal die „Fohlenelf“ wohl als absoluter Angstgegner für den effzeh durchgehen dürfte.
Und diese Furcht angesichts der Bilanz in den Vorjahren macht sich auch bei den Fans vor dem Start bemerkbar: Das große Kribbeln, das sonst in Köln vor einem Derby vorherrscht, ist derzeit doch sehr gedämpft. Es dominiert allerorten vielmehr das flaue Gefühl im Magen. Das liegt vor allem natürlich an der sportlichen Ausgangslage: Der effzeh liegt mit lediglich sechs Punkten abgeschlagen am Tabellenende, der erneute Abstieg in die 2. Bundesliga ist eigentlich nur eine Frage der Zeit. Dass da keine große Vorfreude auf ein Duell gegen den rheinischen Rivalen aufkommt, ist durchaus verständlich. Das fehlende Interesse schlug sich sogar beim Karten-Vorverkauf nieder, noch am Derby-Tag sind noch Tickets verfügbar (effzeh.com berichtete).
Aus Liebe und aus Pflichtgefühl
Und doch: Kaum in die Woche des großen Auftaktduells gestartet war es irgendwie wieder da, dieses besondere Gefühl, wenn auch etwas durch die Enttäuschungen der Hinrunde abgestumpft. Schichten wurden getauscht, Karten wurden gesucht, Anreisemöglichkeiten beleuchtet: Irgendwie geht es eben doch nicht ohne diesen komischen effzeh. Wie schon im BAP-Song „Woröm dunn ich mir dat eijentlich ahn?“: Geschimpft wird immer, die Liebe bleibt allerdings bestehen. „Jung, et jitt drei Saache, die söök sich keiner uss: Vatter un Mutter un – wat willste maache – dä Club, mit dem man leiden muss“ – und dieser Club ließ uns in dieser Saison schon mächtig leiden. Am Ende bleibt es aber stets das Gleiche: Wir sind da, wie immer. Aus Liebe und einem komischen Verständnis von Pflichtgefühl.
Für Stefan Ruthenbeck wird es derweil das erste Derby – nicht als effzeh-Fan, sondern als Trainer seines Vereins. Für ihn etwas ganz Spezielles: „Mir ist oft gesagt worden, dass wir nichts mehr zu verlieren haben. Das sehe ich ein bisschen anders, und zwar genau wegen solcher Spiele. Ich habe das ja als Fan selbst erlebt, das Derbygefühl. Ich kann zwar kein Ergebnis garantieren. Aber Vollgas, dafür stehen wir“, betont der 45-Jährige im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und freut sich besonders auf die Atmosphäre im Müngersdorfer Stadion: „Ich habe mir vorgenommen, das alles aufzusaugen. Ich möchte die Atmosphäre im Stadion fühlen. Ausverkauft gegen Mönchengladbach – das nimmt mir keiner. Es gibt nicht so viele Trainer auf der Welt, die Köln gegen Gladbach trainieren dürfen.“
Großen Töne folgten seltenst große Taten
Vollgas in der Derby-Atmosphäre – das sind Töne, die den effzeh-Fan irgendwo zwischen Motivation und Schaudern zurücklassen. Denn: Angekündigt hatten die „Geißböcke“ in den Medien vor den Derbys in der jüngeren Vergangenheit immer viel, gehalten hatten sie dann auf dem Platz leider häufig sehr, sehr wenig. Personality-Geschichten im Boulevard mit starken Worten, auf der Pressekonferenz Motivationsgerede aus dem Handbuch. „Wir haben verstanden, worum es geht“ – leider zu oft Bullshit. Es sind Erinnerungen wie das 1:5 bei einer dem Abstieg entgegen taumelden Borussia, die vielfach die Erwartungen an das Duell der rheinischen Rivalen auf Kölner Seite prägen. Besser nicht zu große Hoffnungen machen, dann ist der spätere Fall im Falle einer abermals krachenden Niederlage nicht zu groß.
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Das gilt wohl auch für den Abstiegskampf: Selbst bei einem umjubelten Sieg im Derby ist das nicht mehr als ein Startschuss für die Aufholjagd. Genauso wichtig wie die Punktausbeute gegen den rheinischen Rivalen wird die Leistung sein, die die effzeh-Elf auf den Rasen bringen wird. Mutiger, angriffslustiger, risikofreudiger will Ruthenbeck seine Schützlinge ins Rennen schicken. Doch es bleiben vor dem Auftakt in die Rückrunde viele offene Fragen: Findet Jonas Hector nach viermonatiger Pause schnell wieder seine Form? Kann Neuzugang Simon Terodde seine Bundesliga-Tauglichkeit in der alten Heimat unter Beweis stellen? Wie kommt der unausgegoren zusammengestellte Kader mit der Drucksituation von 17 bis eventuell sogar 19 Endspielen zurecht?
Mannschaft muss emotional in Vorleistung gehen
Die Antwort auf diese Fragen wird darüber entscheiden, wie der effzeh im Derby auftritt. Die Antwort auf diese Fragen wird allerdings auch darüber entscheiden, welche Rolle die „Geißböcke“ in der Rückrunde spielen können. Bis dato bleibt das große Kribbeln, das vor solch wichtigen Duellen wie gegen Mönchengladbach vorherrschen sollte, eher ein stumpfes Zwicken. Nach der desaströsen Hinrunde muss die Mannschaft in Sachen Emotionen in Vorleistung gehen – ein Sieg im Derby könnte der Aufholjagd den nötigen Schwung verleihen. Frei nach dem Motto: Wenn schon gegen den rheinischen Rivalen etwas geht, dann sollte auch im Abstiegskampf etwas möglich sein.