Musste man sich schön trinken: effzeh live auf Sky © Mathias Elbracht
Kommentatoren beim Fußball sind ein leidiges Thema. Sei es Marcel Reif oder Wolff-Christoph Fuss, sei es Fritz von Thurn und Taxis, Frank Buschmann oder Steffen Simon – nicht selten werden die verbalen Spielbegleiter zur Zielscheibe der Kritik.
Für mich persönlich ist es häufig weniger der Inhalt, der mich stört, sondern die Form. Marktschreier-Tum, als ginge es gerade in dieser Szene um die Entscheidung im WM-Finale, geht mir ähnlich auf den Keks wie aus dem Englischen stumpf eingedeutschte Formulierungen wie “Es sind noch zehn Minuten zu gehen” oder “Der Ball kommt zu selten in die Box”.
Doch gestern war anders. Ganz anders. Von allen Seiten bekamen unsere rot-weißen Götter eine Klasseleistung bescheinigt – sie hatten den Erstligisten am Rande der Niederlage, waren zeitweise die spielbestimmende Mannschaft und verloren durch einen Sonntagsschuss sowie ein Billardtor. Die FC-Fans sind (zurecht!) stolz auf die Leistung ihres Teams, das in den Agentur-Spielberichten besonders vor dem unglücklichen Rückstand gelobt wurde.
Auch Trainer Peter Stöger hatte die gleiche Einschätzung wie viele Beobachter der Partie: “Ich habe uns nicht auf Augenhöhe gesehen, sondern wir waren das bessere Team. Geordneter in der Spielanlage und mit einer sehr guten Organisation. Wir hatten heute einfach Pech mit einem Sonntagsschuss und einem abgefälschten Ball!”
Von allen Seiten nur Lob für unsere Geißböcke? Sicherlich nicht! Ein einziger Sky-Kommentator namens Patrick Wasserziehr sah offenbar ein ganz, ganz anderes Treiben auf dem Rasen. Selten ist mir eine derartige Bild-Ton-Schere untergekommen wie in den 90 Minuten zwischen dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln. Nach dem Traumtor von Maximilian Beister fabulierte er eine verdiente Führung herbei – und schreckte auch im Halbzeitfazit nicht davor zurück, die bis dato eher planlose Leistung der Hamburger schönzureden.
Während die Kombinationen der taktisch gut organisierten Geißböcke keine Erwähnung fanden, ließ er keine Gelegenheit aus, den eher blass gebliebenen Pierre-Michel Lasogga in den höchsten Tönen zu loben. Das Bild des HSV-Stürmers mit seiner Mutter scheint offenbar beim Sky-Kommentator Wirkung gezeigt zu haben.
Und wenn nicht gerade die tollen HSV-Spielzüge oder der tolle Lasogga Thema war, echauffierte sich Wasserziehr über den fehlenden Pokalfight. Als ob dieser nur daraus bestehen könnte, dass der Außenseiter gegen den Favorit grätscht, kratzt, beißt und den Ball hinten herauspölt. Mit taktisch feiner Klinge ließ der effzeh den Hamburgern zwischenzeitlich wenig Luft und eroberte sich immer wieder die Kugel. Fand aber keine Erwähnung, passte wohl nicht in das Schema des dramatischen Pokalfights.
Aber manchmal sieht und hört und meint man Dinge, die andere ganz anders sehen. Zum Beispiel einen starken Christian Eichner. Oder glückliche Gäste. Doch siehe da, ich war mit meinem Frust nicht alleine. “War das in Wahrheit Steffen Simon?”, fragte sich einer meiner Kumpels auf Facebook. “Ich hatte zwischendurch auch einige Tourette-Aussetzer aufgrund des Kommentators”, äußerte sich ein weiterer. “Hat er nicht sogar irgendwann ‘unser Lasogga’ gesagt? Unfassbar, wie schlecht diese Kommentatorenleistung war”, stimmte der nächste in den Chor der Kommentatorkritiker ein.
Auch auf Twitter ergoß sich ein kleines Scheißestürmchen gegen Herrn Wasserziehr:
https://twitter.com/seit1948/status/407962317482381312
https://twitter.com/sin_b11/status/407960438228656128
Ich aber muss mich dafür bedanken, dass Sky einen offensichtlich parteiischen Kommentator, der zwar in einigen Interview seine Neutralität gegenüber dem HSV betont, aber seine Herkunft und Sympathien bezüglich der “Rothosen” offen durchscheinen ließ, zu diesem Spiel abgestellt hat. Denn es hat mir wieder einmal gezeigt, warum ich am Samstag wieder gerne ins Stadion gehe. Da bin ich selbst mein Kommentator, meine Regie (danke nochmals für die kruden Kamerawechsel, Sky!) und muss mich nur über Fehlpässe, meine ständig bierholenden Nachbarn und die Kälte ärgern. Nicht aber über einen parteiischen Kommentator.