Manfred Schmid gilt als “Taktik-Guru” beim 1. FC Köln – wie sieht seine Arbeit in Sachen Taktik beim effzeh eigentlich aus?
Nachdem der 1. FC Köln am Sonntag die feierliche Saisoneröffnung über die Bühne gebracht hat, kann man nun getrost davon sprechen, dass die Saison 2017/2018 unmittelbar vor der Tür steht. Am kommenden Samstag trifft der effzeh im Pokal auf die Leher TS – das erste Pflichtspiel der Saison markiert den Beginn eines spannenden Spieljahres für die “Geißböcke”, das aufgrund der Teilnahme an der Europa League anders sein wird als sonst. Vier Jahre nach dem Wiederaufstieg ist der vorläufige Höhepunkt der Entwicklung der Mannschaft erreicht, an der neben Peter Stöger ein weiter Österreicher wesentlich beteiligt war: Co-Trainer Manfred Schmid ist ebenfalls seit 2013 an Bord und somit eine wichtige Komponente in der Abteilung Fußball des ersten Bundesliga-Meisters.
Während sein Kollege Stöger häufig im medialen Rampenlicht steht und als Chef die abschließende Entscheidungsgewalt hat, agiert der 46-jährige Schmid eher im Hintergrund. Von ihm hört man höchstens etwas, wenn eine Boulevard-Zeitung mal wieder einen Artikel mit “Taktik-Guru” oder “Taktik-Fuchs” veröffentlicht, in der kurz erwähnt wird, dass Schmid beim effzeh hauptsächlich für die taktische Arbeit verantwortlich ist. Klar ist jedoch, dass er als ausgebildeter Fußball-Lehrer auch andere Dinge bearbeitet und Peter Stöger in vielen Bereichen unterstützt – während Spiel und Training wohlgemerkt. Dieser Text soll dazu dienen, taktische Arbeit im Fußball näher zu untersuchen und aufzuzeigen, welche Rolle Manfred Schmid dabei genau spielen könnte.
Neben Stöger und Schmadtke gibt es auch weitere Symbolfiguren
Dass es nämlich für die sportliche Entwicklung des 1. FC Köln auch andere wichtige Personen gibt, verdeutlicht schon der Fall von Athletik-Trainer Yann-Benjamin Kugel. Er und Schmid sind auf ihrem Gebiet absolute Experten und liefern Stöger die nötigen Impulse, um aus einem Aufsteiger in nur vier Jahren einen Europa-League-Qualifikanten zu machen. Während Geschäftsführer Jörg Schmadtke eine Ebene weiter oben agiert, legen Schmid und Kugel in ihrer täglichen Grundlagen für die sportliche Leistungsfähigkeit der Mannschaft. Schmids Steckenpferd dabei ist die taktische Arbeit mit der Mannschaft – Yann-Benjamin Kugel ist für die athletischen Aspekte verantwortlich.
Natürlich lassen sich die für den Leistungsfußball wichtigen Faktoren Technik, Taktik, Athletik und Psyche nicht isoliert trainieren: Die Ganzheitlichkeit des modernen Trainings zeigt auf, dass viele methodische Grundlagen darauf abzielen, alles gleichsam zu trainieren – trotzdem braucht es auch im Profibereich Einheiten, in denen ausschließlich taktische Elemente trainiert werden. Die kommende Trainingswoche steht beim 1. FC Köln bereits ganz im Zeichen der Spielvorbereitung, dementsprechend kann man die Sommervorbereitung als abgeschlossen bezeichnen – der Arbeitsschwerpunkt für Manfred Schmid lag wie im vergangenen Jahr auch im zweiten Trainingslager, obwohl seine Arbeit durch das ganze Jahr hinweg von Bedeutung ist.
Wie kann man taktische Aspekte im Fußball trainieren?
Im Rahmen der intensiven Trainingslager jedoch werden die taktischen Basiselemente des effzeh-Spiels speziell für die Neuzugänge aufbereitet, damit diese möglichst schnell Anbindung an die erste Elf finden können. Da der 1. FC Köln bereits seit einigen Jahren mit einem nahezu unveränderten Kern der Mannschaft unterwegs ist, konnten diese Inhalte den “älteren” Spielern in Fleisch und Blut übergehen. Für die Neuzugänge hingegen gilt, dass der Anpassungsprozess an die Mannschaft einige Zeit dauert, für einige mehr, für andere weniger. Doch was bedeutet es überhaupt, taktische Dinge zu trainieren? Wie geht Manfred Schmid dabei vor?
Auf der nächsten Seite: In welchen Bereichen Taktiktraining beim effzeh stattfindet.
Ein schwieriges Spiel wieder einfach machen
Fußball an sich ist ein gleichermaßen einfaches wie schwieriges Spiel. 22 Spieler versuchen, den Ball irgendwie in das Tor des Gegners zu bekommen – das Grundprinzip ist international bekannt. Doch wenn man die Frage stellt, wie man Fußballspiele gewinnen kann, erkennt man schnell, dass dieses eigentlich so einfache Spiel doch relativ komplex sein kann. Um eine größere Wahrscheinlichkeit zu haben, ein Fußballspiel zu gewinnen, muss man seine Spieler verbessern – natürlich in den Bereichen Technik, Athletik und Psyche. Der vierte wichtige Baustein, die Taktik, gehört aber ebenfalls auf den Stundenplan. Hilfreich ist es dabei, das komplexe und schnelle Spiel dabei etwas auseinanderzunehmen, in möglichst kleine Teile zu zerlegen und diese danach wieder zusammenzufügen.
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Die Definition von Taktik um Fußball beschreibt alle organisierten Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die jeweiligen Spielziele einer Mannschaft zu erreichen – damit ist der planmäßige, erfolgsorientierte Einsatz von technischen Fertigkeiten und athletischen Eigenschaften gemeint, wie man auf den Seiten des DFB nachlesen kann. Der Bereich Fußballtaktik lässt sich in Individual-, Gruppen- und Mannschaftstaktik unterscheiden. Als Ergänzung lässt sich noch die Taktik für das jeweilige Spiel anführen, bei dem man auf die Eigenheiten des Gegners reagiert und seine Mannschaft dementsprechend einstellt.
Die Bereiche des Taktiktrainings
Für die Arbeit eines Fußball-Trainers bedeutet dies Folgendes: Jeder einzelne Spieler kann auf seiner Position und in seinem Verhalten zu Gegner und Ball verbessert werden – also individualtaktisch. Die Interaktion von Spielergruppen (zwei, drei, vier oder acht Spieler) wird im gruppentaktischen Bereich bearbeitet, bevor das große Ganze in Form der Mannschaftstaktik wieder zusammengesetzt wird.
Taktik lässt sich also schon einmal in diese drei erwähnten Komponenten aufteilen. Wichtig ist natürlich auch die Unterscheidung in Offensive und Defensive – was tun mit Ball, was tun ohne Ball? Entscheidend ist auch, in welcher Zone des Spielfelds taktische Elemente trainiert werden sollen. Beispielsweise bedeutet dies, dass Taktiktraining sowohl das Eins-gegen-Eins von Leonardo Bittencourt auf dem Flügel umfasst als auch das Verhalten des Innenverteidigerpärchens Heintz und Sörensen im Zentrum.
Taktiktraining findet immer statt – nicht nur mit Taktiktafel
Manfred Schmid arbeitet im individualtaktischen Bereich dementsprechend mit den Spielern an allen Maßnahmen, die diese mit und ohne Ball durchführen können – vom Torabschluss in der Offensive bis zum Tackling ist hier alles dabei. Hier lässt sich auch erkennen, dass technische und taktische Aspekte eng miteinander zusammenhängen. Im gruppentaktischen Bereich werden Dinge wie das Spiel über den dritten Mann oder Passkombinationen in der Offensive trainiert, während in der Defensive das Übergeben und Übernehmen von Gegenspielern im Zentrum steht. Das Verteidigen im Raum erfordert zusätzlich dazu noch Maßnahmen wie Absichern, Doppeln oder Zurückweichen. An diesen Details lässt sich erkennen, dass auch in der Arbeit mit nur wenigen Spielern taktische Schwerpunkte gelegt werden können – in der Öffentlichkeit spricht man allerdings nur von Taktiktraining, wenn Schmid mit der Taktiktafel auf dem Feld steht und Trockenübungen wie Verschieben durchführen lässt.
4-4-2 oder 3-5-2: Taktik ist mehr als Zahlenspielerei
Natürlich ist es wichtig, ob der 1. FC Köln in der Grundordnung im 4-4-2 oder 4-1-4-1 verteidigt – taktische Dinge sind jedoch wesentlich komplizierte als bloße Zahlenspiele. In welchem Moment und in welchem Raum was genau zu tun ist, kann also als Hauptaufgabe der taktischen Arbeit von Schmid bezeichnet werden – nicht ohne den Spielern allerdings ein gewisses Maß an Kreativität in der Entscheidungs- und Lösungsfindung zu lassen. Automatismen müssen jedoch für alle Spieler bekannt sein, um das mannschaftliche Gleichgewicht nicht durcheinander zu bringen.
Fest steht also, dass das Taktiktraining beim 1. FC Köln und im Profibereich ein sehr komplexer Vorgang ist, das durch kontinuierliches Festigen einen tatsächlichen Wettbewerbsvorteil bringen kann – die taktische Flexibilität des effzeh in der Vergangenheit ist ein Zeugnis davon. Die jahrelang erfolgreiche Arbeit von Manfred Schmid in diesem Bereich ist dementsprechend zu würdigen, auch wenn Peter Stöger national wie international die Lorbeeren dafür einheimst, aus dem effzeh wieder einen respektablen Bundesligisten gemacht zu haben.