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#BVBKOE-Auswärtsspiel: “Was am Donnerstag war, wird jetzt keine Rolle spielen”

Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images

Zurück zum Bundesliga-Alltag für den 1. FC Köln: Vor dem Duell bei Borussia Dortmund sprechen wir mit BVB-Fan Daniel über Neuland, Gräben in der Anhängerschaft und Fanfreundschaften.

Noch ganz berauscht vom Arsenal-Auftritt geht es für den 1. FC Köln bereits drei Tage später in der Bundesliga weiter: Bei Borussia Dortmund betritt der effzeh Neuland, tritt erstmals nach 25 Jahren drei Tage nach einem Europapokal-Spiel in der Liga an. Mit BVB-Fan Daniel Mertens, Mitglied des BVB-Fanzines schwatzgelb.de und als freiberuflicher Autor unter anderem für die Kölnische Rundschau aktiv, klären wir, ob das ein Vorteil für die Schwarzgelben sein könnte. Dazu sprechen wir über den neuen Trainer Peter Bosz, das Dembele-Drama, Gräben zwischen den Anhängern und die Fanfreundschaft zwischen beiden Klubs.

>>> Zurück zur Normalität und alter Stärke: Das #BVBKOE-Vorspiel

Drei beziehungsweise vier Tage nach London treffen Borussia Dortmund und der 1. FC Köln aufeinander. Könnte das Neuland, das der effzeh damit betritt, vielleicht der entscheidende Vorteil für den BVB sein?

Ich denke nicht, dass der Europapokal-Auftritt des Effzeh einen entscheidenden Vorteil für den BVB darstellen wird. Einerseits war der BVB ja selbst einen Tag zuvor noch international im Einsatz, andererseits wird der Effzeh nach zuletzt drei Niederlagen in Serie besonders motiviert sein, ausgerechnet in Dortmund den oder die ersten Zähler in der Liga einzufahren. Was am Mittwoch oder Donnerstag war, wird am Sonntag ab 18 Uhr keine Rolle mehr spielen.

Generell liegen uns keine Gegner, die hinten Beton anrühren und die Räume zustellen. Dieses System hat der Effzeh unter Peter Stöger, insbesondere in Spielen gegen den BVB, offenbar perfektioniert, weswegen wir uns traditionell gegen den Effzeh schwer tun.

Gegen uns ging es zuletzt allerdings für die Borussia sehr, sehr schwer. Warum liegt Euch der effzeh unter Peter Stöger nicht?

Generell liegen uns keine Gegner, die hinten Beton anrühren und die Räume zustellen. Dieses System hat der Effzeh unter Peter Stöger, insbesondere in Spielen gegen den BVB, offenbar perfektioniert, weswegen wir uns traditionell gegen den Effzeh schwer tun.

Ihr seid richtig stark in die Saison gestartet, stolpertet aber zuletzt in der Liga beim SC Freiburg und in der Champions League bei Tottenham Hotspur. Ist etwa der Anfangsschwung bei der Borussia verflogen?

Da muss ich nahtlos an meine vorherige Antwort anknüpfen. Freiburg hat sich, insbesondere in Unterzahl, am eigenen Strafraum verbarrikadiert. Gegen ein solches Defensiv-Bollwerk tut sich der BVB traditionell schwer und ist in der Regel auf den einen kreativen Moment angewiesen, mit dem man den Abwehrriegel knacken kann. Dies ist gegen Freiburg leider nicht gelungen, zumal man zu kompliziert den Torabschluss gesucht hat. Das Spiel gegen Tottenham gilt es anders zu bewerten. Tottenham war, bei allem Respekt vor den bisherigen Gegnern, das erste Team mit herausragendem Niveau. Eigentlich liegen solche Mannschaften, die selbst das Spiel gestalten wollen, dem BVB eher als – nicht abwertend gemeint – „Mauer-Teams“ wie Freiburg oder Köln. Leider hat Tottenham die Schwächen des neuen BVB-Systems durch ein herausragendes Umschaltspiel eiskalt ausgenutzt und die weit aufgerückte Formation zweimal eiskalt ausgekontert und dann clever verteidigt. Das eigene Abwehrverhalten bei den Gegentoren war sehr naiv. In Wembley hat man gegen den ersten richtig starken Gegner der Saison mit dem neuen System Lehrgeld bezahlt. Von einem verflogenen Anfangsschwung möchte ich deswegen aber nicht sprechen. Richtungsweisend wird nun die englische Woche mit den Spielen gegen Köln, in Hamburg und gegen diesen Verein aus Ostholland.

Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images

An der Seitenlinie steht mit Peter Bosz ein neuer Mann. Sind schon große Unterschiede zu seinem Vorgänger Thomas Tuchel zu erkennen?

Man liest ja dieser Tage oft, dass Bosz eine Art Kombination der Systeme Jürgen Klopps und Thomas Tuchels entworfen hat. So in etwa ist das auch durchaus zutreffend. Ein gravierender Unterschied zu Thomas Tuchel ist schon in der taktischen Aufstellung zu erkennen, setzt Bosz doch auf das typisch niederländische 4-3-3. Zudem erwartet Bosz von seinen Spielern ein extrem frühes Attackieren des Gegners, auch und insbesondere nach eigenem Ballverlust in dessen eigener Hälfte. Dies birgt natürlich Risiken für das eigene Tor, die Tottenham am Mittwoch eiskalt aufgedeckt hat.

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um Dembele, Gräben innerhalb der eigenen Anhängerschaft

Das Theater um Tuchels Ablösung sorgte für viele Diskussionen, es bildeten sich regelrechte Lager zwischen Watzke-Unterstützer und Tuchel-Befürworter. Sind diese Gräben mittlerweile wieder zugeschüttet?

Der Spalt zwischen dem Tuchel- und dem Watzke-Lager war rund um die Entlassung durchaus in der Dortmunder Fanszene vorhanden und führte zu lebhaften Diskussionen. Die Sommerpause, der Neuanfang und nicht zuletzt die Siege zum Saisonstart haben hier jedoch für Ruhe gesorgt. Interessant dürfte es werden, wenn der Erfolg dauerhaft ausbleibt und der Schwung der ersten Siege verebbt. Dann dürften die Kritiker schnell wieder auf den Plan treten. Allerdings muss man dem neuen Trainer und dem neuen System auch Zeit einräumen und darf sich von der aktuellen Tabellenführung nicht blenden lassen.

In dem Moment, in dem der Spieler in den Streik trat, war klar, dass er nie wieder das Trikot von Borussia Dortmund tragen würde. Eine Rückkehr, als wäre nie etwas gewesen, war schlichtweg unvorstellbar. Und ehrlich gesagt wollte ich auch gar nicht, dass ein Spieler nach so einer Aktion noch einmal das schwarzgelbe Trikot trägt.

Überschattet wurde Eure Sommervorbereitung – wie bei uns zu Teilen auch – von einem großen Wechseltheater. Wie hast du die Cause Dembelé wahrgenommen?

In dem Moment, in dem der Spieler in den Streik trat, war klar, dass er nie wieder das Trikot von Borussia Dortmund tragen würde. Eine Rückkehr, als wäre nie etwas gewesen, war schlichtweg unvorstellbar. Und ehrlich gesagt wollte ich auch gar nicht, dass ein Spieler nach so einer Aktion noch einmal das schwarzgelbe Trikot trägt. Sportlich tut der Abgang natürlich unheimlich weh, menschlich für das Mannschaftsgefüge und insbesondere finanziell ist der Abgang hingegen ein Gewinn. Die Ablösesumme ist natürlich ein unvorstellbarer Wahnsinn und zeigt, wie weit entfernt der Spitzenfußball mittlerweile vom echten Leben ist und was für Kräfte auf ihn einwirken.

Foto: Boris Streubel/Bongarts/Getty Images

Auf dem Transfermarkt habt ihr im Sommer ordentlich zugeschlagen, es kamen talentierte Jungs wie Dahoud und Zagadou und gestandene Profis wie Toprak und Yarmolenko. Bist du mit der Transferperiode deines Klubs zufrieden?

Dan-Axel Zagadou ist ein sehr talentierter Spieler, der auf Dauer eher für das Abwehrzentrum als für die Außenseite verwendet werden dürfte. Maximilian Philipp hat das Potenzial, die Lücke nach dem Ausfall von Marco Reus zu schließen. Mo Dahoud kann eine Alternative im Mittelfeld darstellen, scheint aber momentan nicht die allererste Wahl darzustellen. Ömer Toprak ist eine Alternative zu Marc Bartra und Sokratis, auch wenn ich hier lieber – natürlich auch, aber nicht nur aus nostalgischen Gründen – den zurückgekehrten Neven Subotic als ersten Back-Up gesehen hätte. Andrey Yarmolenko scheint als erfahrener Spieler ein guter Ausgleich für Dembélé zu sein, wenn auch natürlich nicht als 1:1-Ersatz zu betrachten. Seine Qualität hat er beim zwischenzeitlichen Ausgleich in Wembley am Mittwoch schon angedeutet. Traurig ist natürlich der Abgang von „Iron Manni“ Bender zu euren rheinischen Nachbarn, auch wenn der Wechsel mit der Hoffnung auf mehr Spielanteile natürlich verständlich ist. Eminent wichtig für das Erreichen der sportlichen Ziele war der Verbleib von Pierre-Emerick Aubameyang, sodass – nach jetzigem Stand – die Transferperiode als gelungen bewertet werden kann.

Wenn der BVB weiterhin mit sportlichen Erfolgen auf sich aufmerksam macht und wieder zu der Linie zurückkehrt wie insbesondere in der Ära Klopp, dass Konflikte wirklich nur intern ausgetragen werden, dann dürften die negativen Schlagzeilen automatisch ausbleiben. Bleibt der sportliche Erfolg aber aus und kämpfen die Spieler mehr für sich als für das gemeinsame Ziel, dann sind die Schlagzeilen schneller zurück als einem lieb sein kann.

Insgesamt scheinen Verein und Team all die Unruhe aber glänzend weggesteckt zu haben. Ist diese Gewöhnung an die Schlagzeilen vielleicht sogar der Preis, den man zahlen muss, wenn man endgültig zu den Großen gehört?

Nun ja, der BVB war jahrelang hinter Bayern München der zweite große Leuchtturm und hat dennoch nie große Schlagzeilen produziert. Leider war die Außendarstellung in der Causa Tuchel äußerst unglücklich, sodass insbesondere dem Boulevard die Tore geöffnet wurden. Wenn der BVB weiterhin mit sportlichen Erfolgen auf sich aufmerksam macht und wieder zu der Linie zurückkehrt wie insbesondere in der Ära Klopp, dass Konflikte wirklich nur intern ausgetragen werden, dann dürften die negativen Schlagzeilen automatisch ausbleiben. Bleibt der sportliche Erfolg aber aus und kämpfen die Spieler mehr für sich als für das gemeinsame Ziel, dann sind die Schlagzeilen schneller zurück als einem lieb sein kann. Die Bayern sind hierfür dieser Tage ein gutes Beispiel. Allerdings ist euch in Köln ein nach Schlagzeilen lechzender Boulevard ja auch sicher sehr gut bekannt, daher ist es nicht zwingend eine Folge des sportlichen Erfolges. Vielmehr ist es eine Folge der medialen und gesellschaftlichen Bedeutung, die der Fußball mittlerweile einnimmt, sodass man überall nach Skandalen für die eigene Auflage und Quote sucht.

Auf der nächsten Seite: Muskelfaserriss beim Spagat zwischen
Borsigplatz & Shanghai, Fanfreundschaft zwischen dem BVB und dem effzeh

Auch bei der Borussia gibt es stets Debatten um zunehmende Kommerzialisierung und eine möglichst internationale Ausrichtung. Wie ist aktuell die Gefühlslage bei den BVB-Fans?

Die Gefühlslage ist zwiegespalten und richtet sich danach, wie man sich selbst dem BVB verbunden sieht. In der aktiven Fanszene wird die Ausrichtung des BVB sehr kritisch betrachtet, insbesondere die Expansion nach Asien und das dortige „kundennahe“ Auftreten, während zuhause die Tore am Trainingsplatz für die kleinen Steppkes aus dem Pott, die ihre Idole aus der Nähe sehen wollen, weitgehend verschlossen sind. Der von den Vereinsoffiziellen beschworene „Spagat zwischen Borsigplatz und Shanghai“ führt in den Augen der aktiven Fanszene über kurz oder lang zu einem Muskelfaserriss. Diejenigen, die jedoch einzig auf ein möglichst erfolgreiches Abschneiden des BVB fixiert sind, stören sich weniger an der Ausrichtung des Vereins, da – das ist leider unbestritten – diese Expansion nun mal die finanzielle Grundlage bildet, um weiterhin zu den Großen gehören zu können.

In der aktiven Fanszene wird die Ausrichtung des BVB sehr kritisch betrachtet, insbesondere die Expansion nach Asien und das dortige „kundennahe“ Auftreten, während zuhause die Tore am Trainingsplatz für die kleinen Steppkes aus dem Pott, die ihre Idole aus der Nähe sehen wollen, weitgehend verschlossen sind. Der von den Vereinsoffiziellen beschworene „Spagat zwischen Borsigplatz und Shanghai“ führt in den Augen der aktiven Fanszene über kurz oder lang zu einem Muskelfaserriss.

Wenn Köln und Dortmund aufeinandertreffen, kommt man an dem Thema Fanfreundschaft nicht vorbei, zum letzten Wiedersehen gab es sogar einen gemeinsamen Schal beider Klubs. Wie stehst du zu dieser Verbindung?

Ob man einen offiziellen Fanschal herausbringen muss, das weiß ich nicht. Andererseits scheint er beim letzten Duell ja durchaus bemerkenswerten Absatz gefunden zu haben. Ich selbst stehe dem Effzeh sehr wohlwollend gegenüber und bin auch oftmals mit Freunden aus Köln im Müngersdorfer Stadion. Bei unseren Auswärtsspielen lässt sich an den Bistros an der Aachener auch gut beobachten, dass es durchaus eine tiefergehende Verbindung zwischen den Anhängern beider Vereine gibt, wenn dort zusammen Kölsch und Pils getrunken wird. Andererseits kenne ich aber auch genügend Borussen, denen diese vermeintliche „Fan-Freundschaft“ ein Dorn im Auge ist. Diese Leute gehören meistens noch der älteren Generation an, die in den 1990ern auf der Stadionwiese noch deutlich anders begrüßt wurde als es heutzutage der Fall ist. Der Steinwurf auf unseren Mannschaftsbus in Köln ist ja auch noch nicht so lange her. Das freundschaftliche Verhältnis ist also bei zahlreichen Borussen vorhanden, wird am intensivsten sicherlich auf der Ultra-Ebene gepflegt, es gibt aber auch durchaus viele Personen, die in Köln noch den alten Rivalen aus dem Westen sehen und an einem freundschaftlichen Verhältnis kein Interesse haben.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Zum Schluss: Dein Tipp, bitte!

Da uns der Effzeh aus den eingangs geschilderten Gründen als Gegner nicht liegt und Peter Stöger auch den Mannschaftsbus hinter Timo Horn parken lassen würde, wenn er nur dürfte, befürchte ich ein zähes Spiel, an dessen Ende wieder kein Dreier für uns herausspringt. Ich tippe auf ein ermüdendes 0:0.

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