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Analyse

1. FC Köln punktet auch gegen Wolfsburg: Vierter Zähler im 5-1-2-2

Der 1. FC Köln geht gegen den VfL Wolfsburg zweimal in Führung, verpasst aber den Sieg. Im neuen System fühlen sich die “Geißböcke” offenbar wohler, speziell Marius Wolf und Jan Thielmann blühen auf.

COLOGNE, GERMANY - DECEMBER 05: Ondrej Duda of 1. FC Koln scores his team's second goal during the Bundesliga match between 1. FC Koeln and VfL Wolfsburg at RheinEnergieStadion on December 05, 2020 in Cologne, Germany. Football Stadiums around Germany remain empty due to the Coronavirus Pandemic as Government social distancing laws prohibit fans inside venues resulting in fixtures being played behind closed doors. (Photo by Lars Baron/Getty Images)
Foto: Lars Baron/Getty Images

Viel Grund, seine Startaufstellung zu verändern, hatte Trainer Markus Gisdol nach dem überraschenden Auswärtssieg bei Borussia Dortmund nicht: Wie erwartet musste nur der verletzte Rafael Czichos ersetzt werden, Jannes Horn übernahm für ihn positionsgetreu. Ansonsten agierte der FC wie zuletzt schon gegen den BVB in einem 5-1-2-2-System mit den beiden laufstarken Ondrej Duda und Jan Thielmann in der Spitze. Die Wolfsburger setzten wie immer auf ein 4-2-3-1 mit Wout Weghorst als Zielspieler.

Die Anlaufhöhe der “Geißböcke” war rund um den eigenen Mittelkreis, ab dieser Zone sollten die Gästespieler unter Druck gesetzt werden, wenn nicht durch einen schlechten Pass oder einen anderen Auslöser früh ins Gegenpressing gegangen wurde. Im Aufbau der Wolfsburger ließ sich meist Xaver Schlager in den Halbraum fallen, Maximilian Arnold blieb im Zentrum und versuchte von dort aus, Aktionen zu initiieren. Gefährlich wurde es an diesem kalten Samstagnachmittag in Müngersdorf meistens dann, wenn ein Spieler der Gäste zwischen den Linien zu viel Raum hatte – so auch beim ersten Abschluss der Niedersachsen nach sechs Minuten durch Josip Brekalo, den Timo Horn allerdings abwehren konnte.

Marius Wolf und Jan Thielmann überzeugen beim 1. FC Köln

Wenig später konterten die Wolfsburger über eben jenen Brekalo, der Weghorst in der Spitze bediente – das zögerliche Abwehrverhalten von Jannes Horn wurde fast bestraft, der Niederländer scheiterte allerdings ebenfalls am Kölner Keeper. Bereits nach nicht einmal einer Viertelstunde hatte das Team von Oliver Glasner schon zwei gute Gelegenheiten, während die Kölner nur durch einen Distanzschuss von Elvis Rexhbecxaj gefährlich wurden. Dass die Kölner trotzdem in Führung gingen, lag am schlechten Defensivverhalten der Wolfsburger nach etwa 17 Minuten. Aus einer ruhigen Aufbauszene heraus fand der Ball zu Marius Wolf, der auf seiner rechten Seite jede Menge Platz hatte und den Tiefenlauf von Salih Özcan sah. Der Steilpass Richtung Grundlinie wurde vom deutschen U21-Nationalspieler aufgenommen, sein Rückpass fand Jan Thielmann, der per abgefälschtem Flachschuss sein erstes Bundesliga-Tor erzielen konnte.

Foto: Lars Baron/Getty Images

Apropos Wolf, apropos Thielmann: Beide gehörten an diesem Tag zu den besten Kölnern und es kam nicht von ungefähr, dass beide am ersten Tor beteiligt waren. Wolf fühlt sich als rechter Flügelverteidiger sichtlich wohl, gegen die “Wölfe” lief mehr als die Hälfte der FC-Angriffe (53 Prozent) über seine rechte Seite. Zu Saisonbeginn war noch Ismail Jakobs auf links der Go-to-Guy in der Offensive des FC, mittlerweile ist es die Leihgabe aus Dortmund auf der anderen Flanke. Mit 74 Ballkontakten hatte Wolf die meisten bei den “Geißböcken”, er kam auch auf den Bestwert von sieben versuchten Dribblings.

Erneute Führung durch Ondrej Duda

Thielmanns erstes Bundesligator war die Konsequenz einer Leistungssteigerung des immer noch 18-Jährigen, der zusammen mit Duda die erste Anlauflinie der Kölner bildet, aktuell aber auch zeigt, warum er fußballerisch zu den besseren Spielern im Kader gehört. Sein bevorzugter Stil ist das Fußballspielen am Boden, wo er seine technischen Fähigkeiten und seine Übersicht einsetzen kann – so beispielsweise bei seinem Pass auf Rexhbecaj bei dessen Abschluss nach neun Minuten. Zweimal zeigte der Rechtsfuß gar seine enorme technische Qualität, als er lange Abschläge von Timo Horn aus der Luft mit einem Kontakt kontrollierte und sofort ins Tempo ging.

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Die erste Führung der Kölner hielt nicht lange, weil eine Antizipationsaktion von Sebastiaan Bornauw in einem schlechten ersten Kontakt endete, woraufhin hin sich in der Kölner Defensive viele Räume öffneten – der nachgerückte Arnold wurde vom Belgier gefoult, der anschließende Freistoß des Wolfsburger Urgesteins war drin (28.). Zuvor hatte bereits Maximilian Philipp per Fallrückzieher (!) nach Weghorst-Ablage am Ausgleich geschnuppert. Obwohl die Gäste mehr und bessere Torgelegenheiten für sich verbuchten konnten, gingen erneut die Kölner in Führung und wieder war es ein Fehler im Defensivverhalten, der Trainer Glasner durchaus wütend gemacht haben dürfte.

Stärkere Wolfsburger nach der Pause

Nach einem Eckball rückte die Wolfsburger Defensive ungeordnet nach vorne, vergaß im eigenen Rücken mit Drexler, der für den verletzten Özcan eingewechselt wurde, und Rexhbecaj gleich zwei Kölner. Die Leihgabe der “Wölfe” nahm den Diagonalball von Jakobs auf und passte erneut flach in den Rücken der Abwehr, wo Duda den Abschluss zum 2:1 nutzte. Der FC ging also mit einer Führung in die Pause, musste sich in der Folge allerdings druckvolleren Wolfsburgern erwehren.

Offenbar hatte Glasner in der Halbzeit ein besseres Positionsspiel seiner Mannschaft gefordert, weil sich sowohl Schlager als auch Brekalo besser in den Halbräumen zeigten. In einer dieser Szenen direkt nach dem Wiederbeginn ließ sich der Kroate gut nach hinten fallen, drehte gegen einen Gegenspieler auf und spielte einen starken Diagonalball auf Renato Steffen – die Flanke des Schweizers verwandelte Weghorst (wer sonst) am zweiten Pfosten, der Niederländer hatte sich in Cestic’ Rücken davongestohlen.

Zweites Spiel, vierter Punkt: Das neue System hilft dem 1. FC Köln

Nur ein paar Minuten später hätte Steffen die Führung für Wolfsburg erzielen können, er schoss aber aus spitzem Winkel am Tor vorbei. Bis zur Stunden-Marke ungefähr drückten die Wolfsburger, erst danach konnte sich der FC befreien und versuchte selbst wieder, zu Torabschlüssen zu kommen. Gerade Wolf trieb in dieser Phase viel an, mehr als ein Kopfball von Bornauw nach einem Eckball sollte allerdings nicht entstehen. Die Wolfsburger hatten durch Maxence Lacroix und Schlager noch zwei Möglichkeiten, trafen aber ebenfalls nicht mehr.

Foto: Lars Baron/Getty Images

Im zweiten Spiel mit dem neuen System holte der FC den vierten Punkt, erneut gegen einen nominell besseren Gegner. Fest steht: In Sachen Engagement und gegenseitigem Coaching hat die Mannschaft einen Schritt nach vorne gemacht. Lauf- und zweikampfaktive Spieler wie Thielmann, Duda, Özcan und Rexhbecaj sorgten dafür, dass sowohl die Dortmunder als auch die Wolfsburger Probleme gegen den FC hatten. In beiden Spielen gab es jedoch auch Phasen (in Dortmund die Schlussphase der Partie, gegen Wolfsburg die Anfangsphase nach dem Seitenwechsel), in dem der 1. FC Köln seinerseits stark unter Druck stand und sich der Angriffe nur mit Mühe und Not erwehren konnte.

Noch offen ist, wie zukunftsträchtig das System tatsächlich sein kann, wenn mit einem dann hoffentlich fitten Sebastian Andersson der Zielspieler zurückkehrt. Dafür wird Markus Gisdol einen Spieler opfern müssen, was wiederum die Stabilität beeinträchtigt, aber offensiv andere Optionen bringt. Es ist derzeit ein schmaler Grat beim 1. FC Köln, der Aufwärtstrend ist jedoch in Ansätzen zu sehen.

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