Das erste Anschauungsbeispiel dieser Defensiv-Problematik beim 1. FC Köln findet sich in der zwölften Minute, als Pröger im Rücken von Kainz entwischte, nach vorne dribbelte und den Flankenball auf Tekpetey einleitete – dieser scheiterte dann aber an Horn. Kurz vor der Pause verschätzte sich Meré bei einem langen Ball, als die Hintermannschaft des effzeh nicht zum ersten Mal nicht konsequent genug herausrückte, um Druck auf den Gegner auszuüben. Aber auch der effzeh hatte Chancen: Erst scheiterte Cordoba an Zingerle, später vergaben Kainz und Hector. Zwischendurch konnte Cordoba zwei an sich gute Umschaltbewegungen (19., 22.) nicht zu etwas Zählbarem nutzen, weil auch jeweils die falsche Entscheidung getroffen wurde.
2:0-Führung zehn Minuten vor Schluss nicht genug
Das 1:0 für die Kölner fiel dann nach 38 Minuten im Anschluss an eine Standardsituation – Kainz zeigte seine Offensivstärke im Dribbling und die Unausrechenbarkeit in der Anschlussaktion, der Österreicher flankte auf den zweiten Pfosten, an dem Drexler den in der Mitte freien Cordoba anspielte. Der Kolumbianer hatte dann kein Problem, sein 11. Saisontor zu erzielen. Im zweiten Durchgang hatte der effzeh dann seine beste Phase: Kainz initiierte über die linke Seite einige gefährliche Aktionen, nach 52 Minuten hätte Terodde vielleicht einen Elfmeter bekommen können.
Die aussichtsreichsten Torgelegenheiten vergaben Clemens mit einem harten, aber zu hohen Schuss und Top-Torjäger Terodde aus aussichtsreichen Positionen jeweils gegen SCP-Keeper Zingerle. Auf der Gegenseite hatte Tekpetey mit einem Volley die beste Ausgleichschance. Im Gegenzug traf dann aber der 1. FC Köln nach einem Angriff über die linke Seite, den Drexler und Kainz vorbereitet hatten. In der Mitte traf Sturm-Neuzugang Modeste mit seinem vierten Ballkontakt zum 2:0 und beruhigte damit die Kölner Nerven. Die Sachlage veränderte sich in der Schlussphase allerdings erheblich, und das nicht zuletzt durch eingewechselte Spieler auf beiden Seiten. Bei Paderborn kam zur Pause Marlon Ritter, der Spielmacher Klement ersetzte und an vielen gefährlichen Aktionen beteiligt war. Der Mittelfeldspieler spielte mutig und wollte dem effzeh weh tun.
Einfache, aber sehenswerte Tore bringen Paderborn den Erfolg
Nach 79 Minuten kam Paderborn dann denkbar vermeidbar zurück ins Spiel: Der für Czichos eingewechselte Sörensen ließ eine Drehung Richtung Tor und auf der Innenseite von Gegenspieler Michel zu und musste danach foulen. Der folgende Freistoß wurde von Ritter dann flach ins Zentrum gespielt, wo die Verteidigung des 1. FC Köln in Manndeckung agierte. Ein einziger Laufweg von Sven Michel, der vom Sechzehner aus einlief, sorgte allerdings für Panik, sodass Jonas Hector seinen Raum aufmachte, um den Passweg auf den Paderborner Stürmer zu versperren. Damit öffnete der Kapitän genau den Raum, in den Tekpetey hineinlief und von dort aus den Anschlusstreffer erzielte. Sieben Minuten später fiel der Ausgleich, wieder im Anschluss an eine Standardsituation, die zuerst abgewehrt werden konnte.
Drexler rückte jedoch nicht energisch genug auf Pröger, der den Ball sogar noch aufspringen ließ, um in den per Halb-Volley über Timo Horn ins lange Eck zu schießen. Paderborn drückte danach auch in Überzahl etwas vehementer auf den Siegtreffer als die Gäste, Anthony Modeste sprang der Ball nach einem Befreiungsschlag zu weit weg vom Fuß. Und wieder schaffte es die Defensive des effzeh nicht, die sichere Linie 20 Meter vor dem eigenen Tor zu erreichen, von der aus man eigentlich Situationen im laufenden Spiel verteidigt. Jorge Meré lief in die entgegengesetzte Richtung und wollte den Strafraum absichern. Vor dem Sechzehner verpassten es Geis und Sörensen, den Siegtorschützen Ritter am Abschluss zu hindern – dessen Schuss senkte sich ins Eck: Paderborn führte, Paderborn gewann.
Die Leidenschaft zum Verteidigen fehlt dem 1. FC Köln
Es hinterlässt schon einige Fragezeichen, warum und wie der 1. FC Köln dieses Spiel noch aus der Hand geben konnte. Oftmals entscheiden sich Spiele durch einzelne Szenen, individuelle Fehler oder Meisterleistungen. In diesem Spiel in Paderborn war es wohl ein bisschen was von allem, weil sich die fehlende Leidenschaft im Verteidigen beim 1. FC Köln bemerkbar machte – gerade bei Standardsituationen. Bei aller offensiven Qualität der Mannschaft wird es den Gegnern momentan zu einfach gemacht, gegen den Aufstiegsaspiranten Tore zu erzielen.
Strafraumverteidigung neu definiert:#SCPKOE pic.twitter.com/wuzv37mL98
— Jan-Gabriel Hartel (@JanGHartel) February 16, 2019
Im Italienischen gibt es den Begriff “grinta”, der sich wohl am besten mit “Siegeswille”, “Biss”, “Entschlossenheit” oder “Leidenschaft zum Siegen” übersetzen lässt. Auch wenn mal nicht alles läuft (wie in diesem Spiel gegen Paderborn), muss es der effzeh schaffen, das Spiel für sich zu entscheiden. “grinta” ist dabei kein messbarer Wert, kein Element, was man einfach so hinzufügen kann – es muss aus den Spielern selbst kommen. An diesem Tag war es nicht der Fall. Und selbst wenn eine Analyse sich auf rein fußballbezogene Aspekte berufen sollte: psychologische Aspekte gehören irgendwo auch zum Fußball dazu.