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Nachspiel

Alaaf am Arsch

Der Effzeh spielt wie ein Ford Fokus und bereitet Weihnachtsgeschenke wie der böse Onkel. Und am Ende bleibt die Mutter aller Unentschiedenses: Das Marohsche 0:0.

Foto Dirk Unschuld
Foto Dirk Unschuld

Foto Dirk Unschuld

Während in südlicheren Gefilden ja eher Fußball der Marke Audi A8 Hochglanz gespielt wird, verkauft man in der schönsten Stadt der Welt seit nunmehr 16 Spielen in der Ersten Fußball Bundesliga eher einen Ford Focus matt lackiert. Kompakt, solide und unspektakulär. Nun atmeten vor dem Duell gegen den FSV Mainz 05 schon alle Mehr-oder-weniger-Sportkommentatoren vom Haldenwanger Eck bis zum Lister Ellenbogen auf. Endlich mal wieder was zum Anmorderieren: Das Karnevalsduell. Helau gegen Alaaf. Määnzer Fassenacht gegen Kölschen Karneval. Alles schon elfhundtertundelftausend Mal gehört und doch bekommt man es in jedem Vorbericht um die Ohren gehauen.

Da dachten sich die beiden Teams halt auch: Alaaf im Arsch. Kein Fest, kein Spektakel, für Kölner Verhältnisse ja sogar ein leeres Stadion. Und am Ende zu allem Überfluss auch noch ein doofes 0:0. Dann war das Fußballjahr 2014 auch schon vorbei für das RheinEnergie Stadion. Tschüss, bis zum Februar!

Ausgangslage:

© effzeh.com

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Der Effzeh im Aufwind nach einem überzeugenden Sieg auf Schalke, Mainz seit sieben Spielen sieglos und dadurch nun auch rein tabellarisch hinter den rot-weißen Göttern. Die große Chance für Stögers Truppe sich mal wieder von den bösen Plätzen da unten abzusetzen. Kurzum: Es war alles angerichtet für eine Niederlage des glorreichen Ersten Fußballclubs Köln.

So lautete schließlich mehr oder weniger das Gesetz der Serie im RheinEnergie Stadion. Immer wenn man wieder frohen Mutes nach Müngersdorf pilgerte, um live und in Farbe mitzuverfolgen, wie gegen Augsburg, Berlin oder Freiburg ganz wichtige Dreier gegen den Abstieg und für die Europa League (ja so schnell geht das momentan in der Bundesliga) zu sammeln, gab es einen ordentlichen Dämpfer, der sich in Scheißfußball und Scheißniederlagen ausdrückte. So rechnete man vor dem Spiel also mit einem Weihnachtsgeschenk vergleichbar mit dem vom blöden Onkel, der einem zum x-ten Mal das Teeservice schenkt, obwohl man Tee doch kacke findet.

Aufstellung:

Der moderne Mensch von heute, der ist ja im Stadion gar nicht mehr nervös, wenn die Aufstellungen präsentiert werden. Der guckt schon gar nicht mehr, welche elf Spieler sich jetzt in kurzen Hosen oder mit andersfarbigen Leibchen aufwärmt. Der geht nicht bei der lauthalsen Verkündung der Aufstellung im Stillen die Nummern der Genannten und Nicht-Genannten durch, um sich zu vergewissern, wer jetzt wirklich dabei ist.

Nein, der moderne Mensch hat eine App. Diese App teilt einem dann auch in der Vorlesung (jaja, verdammter Dienstag. Scheiß DFL und DFB und so) schon mit, welche Elf da heute Abend zaubern wird. Und was hat sie gesagt? Eine Änderung bei den Geißböcken. Maroh für Mavraj. Zack. Kurzer, spitzer Jubelschrei. Böser Blick vom Professor. Sorry, Mergim, aber irgendwie war das nach dem Bock auf Schalke dann auch überfällig.

Ansonsten nur zwei Ausfälle beim Effzeh, die an dieser Stelle kurz poetisch dargestellt werden: Dem Bröker brökeln die Rippen, der Brecko bricht Brocken. Heißt: Thomas Bröker musste nach dem Zusammenstoß mit Ralf Fährmann mit mehreren gebrochenen Rippen pausieren, unser Käptn leidet derzeit an einem Magen-Darm-Infekt. Beide hätten aber wohl auch sonst nur von Beginn an die Bank geziert.

Und Mainz? Kasper Hjulmand antwortete mit Konstanz auf die Misere und änderte erstmal nichts, allerdings verletzte sich Noveski beim Warmmachen. Für ihn rückte Diaz kurzfristig in die Anfangsformation und gab den anderen Außenverteidiger neben „Mr.Bayern-München-Schreck“ Daniel Brosinski.

Spielverlauf:

Da muss man jetzt eigentlich gar nicht so viel zu sagen, denn das Spiel ist schnell erzählt. Der Effzeh begann relativ nervös und Mainz druckvoll in den ersten fünf Minuten. Dann fingen sich die Herren in rot und weiß aber und übernahmen die Kontrolle, was dazu führte, dass Dominic Maroh in der 9. Minute einen Lehmann-Freistoß elegant ins Tor köpfte. Yes! Führung. Dat Trömmelche wurde aus den Stadionboxen schon angestimmt. Dann aber sahen alle, wie der Linienrichter das Fähnchen hob. Abseits. Innerhalb von fünf Minuten verbreitete sich im Stadion durch eine geschickte Mischung aus WhatsApp/SMS/Facebook-Kette und Weitersagen die Kunde, dass das vom Maroh nie im Leben Abseits war. So ganz klar Im-Leben-Nicht-Abseits war es dann aber auch nicht. Eher eine Millimeterentscheidung mit dem unglücklicheren Ende für den Effzeh.

© effzeh.com

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Beide Mannschaften wirkten von jener Szene so geschockt, dass die restliche erste Hälfte das Fußballspiel eher eingestellt wurde. Peter Stöger schien vor dem Spiel so etwas wie die Marschroute „Flach spielen, hoch gewinnen“ oder so ähnlich ausgegeben zu haben, da die göttliche alte neue Verteidigung zunächst relativ selten den langen Ball nach vorne spielte und auch Horn eher um flache Pässe bemüht war. Einen dieser flachen Pässe spielt Kevin Vogt der derzeit noch besseren Version von Yuya Osako in die Füße, doch Timo Horn rettete im letzten Moment vor dem einschussbereiten Shinji Okazaki.

Festlichen Karnevals-Fußball und Party-Ballstafetten gab es vielleicht auf anderen Plätzen, doch vor den gut 42.000 Zuschauern nahe der legendären Jahnwiese ging auch im zweiten Durchgang erst einmal nicht viel. Beide Mannschaften leisteten sich viele Stockfehler und lange Bälle ins Aus. Gerade im letzten Angriffsdrittel schien die Situation wie verhext. Optisch war der Effzeh zwar überlegen, Chancen oder Torschüsse gab es aber keine, dafür aber gefühlt 200 Ecken, die entweder super (Lehmann von rechts) oder richtig schlecht (Svento von links) in die Mitte flogen, jedoch nie durchschlagenden Erfolg brachten.

Deutlich besser wurde es mit der Hereinnahme von Daniel Halfar, der in der 62. Minute für den glücklosen Marcel Risse ins Spiel kam. Halfar brachte enorm viel Wind und Überraschung ins Spiel und plötzlich entwickelte der Effzeh immer mehr Druck. Und Druck und Druck und Druck. Ein Torschuss sprang allerdings noch immer nicht heraus. Es kam, wie es kommen musste: Mainz konterte, Okazaki zog aus zehn Metern freistehend ab und… Latte! Normalerweise gehen solche Dinger in solchen Situationen rein. Dieses Mal aber nicht.

Und so sorgte Matthias Lehmann in der 83. Minute doch noch für den ersten Effzeh-Torschuss des Spiels. Aus 16 Metern rauschte sein Ball volley und flach aufs lange Eck, doch Karius war unfassbar schnell unten und wehrte glänzend zur nächsten Ecke ab. Die rot-weißen Wunderknaben drückten noch weiter bis in die Nachspielzeit, als Yannick Gerhardt noch einen relativ sinnfreien Schuss auf den Kasten von Karius abgab, obwohl seine halbe Mannschaft mitgelaufen war. Danach war Schluss. Keine Tore. Kein Tusch. Kein Karnevalskram. Da fiel dann auch allen Mehr-oder-weniger-Sportkommentatoren kein lustiger Kommentar mehr ein.

Spieler im Fokus:

Dominic Maroh: Dass man nach einer halben Ewigkeit mal wieder hinten die Null hielt, war zwar nicht nur Marohs Verdienst und letztendlich agierte Mainz vorne auch erschreckend schwach, doch es ist kein Zufall, dass die Effzeh-Abwehr wieder gefestigter wirkte. Starke Zweikampfführung, gut in der Luft und mit einer souveränen Ausstrahlung. Dazu ganz wichtig: Ohne blöde Fouls! Köpfte zudem beinahe den goldenen Treffer und sollte sich so wieder in die Mannschaft gespielt haben.

© effzeh.com

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Daniel Halfar: Der nächste Aufstiegsheld, der zuletzt außen vor war und sich gegen Mainz wieder in die Rotation gespielt haben dürfte. Seine Einwechslung brachte die pure Belebung. Es gelang zwar nicht alles, aber Halfar war agil, fleißig, giftig und kreativ. Macht er so weiter, könnte Halfar in der Rückrunde zu einem ganz wichtigen Mann werden, so wie in der Aufstiegssaison.

Dusan Svento: Der Slowake ist ein wenig das Sinnbild für alles, was beim Effzeh falsch lief. Svento war enorm fleißig, rannte die linke Seite rauf und runter. Er band teilweise mehrere Mainzer, doch am Ende seiner Aktionen stand zumeist nichts. Brutal schwache Ecken, die Flanken waren auch nicht viel besser und sein einziger Schuss ging in den Himmel von Müngersdorf. Couragiert, aber glücklos.

Fazit:

Couragiert, aber glücklos. Genau so kann man den letzten Heimauftritt der gesamten Mannschaft zusammenfassen. Die elf Jungs auf dem Platz waren gewillt und motiviert, doch wieder einmal war beinahe kein Risiko zu erkennen und es haperte an der Genauigkeit im letzten Angriffsdrittel. Verunsicherte Mainzer waren definitiv schlagbar, doch selten war der Effzeh in der Lage Chancen zu kreieren. Es mangelte an kreativen Ideen und deren Umsetzung.

Und so bekam man im RheinEnergie Stadion schon zum vierten Mal in Folge keinen Sieg zu sehen. Die Einstellung passte, doch karnevalistische Lockerheit war nicht zu sehen. Alaaf im Arsch, gefeiert wird später.

1. FC Köln: Horn – Olkowski, Maroh, Wimmer, Hector – Lehmann – Risse (61. Halfar), Vogt, Gerhardt, Svento – Ujah

1. FSV Mainz 05: Karius – Brosinski, Bell, Park, Diaz (77. Wollscheid) – Geis, Jara – Jairo (69. de Blasis), Malli, Allagui (61. Koo) – Okazaki

Tore: –

Gelbe Karten: Vogt (47.), Geis (47.), Diaz (63.), Lehmann (69.), Koo (78.)

Schiedsrichter: Florian Meyer (Burgdorf)

Zuschauer: 42.900

 

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