Es fing mit einem Feuerwerk an – und hörte mit einem “Auf Wiedersehen” auf. In den ersten Minuten des vierten Spiels in der Europa Conference League zündete Belgrad draußen vor dem Stadion rundherum ein Feuerwerk ab. Es sollte der Beginn eines Party-Abends für Partizan Belgrad werden, der durch eine extrem schwache Leistung des 1. FC Köln ermöglicht und befeuert wurde. Steffen Baumgart war zu diesem Zeitpunkt im Spiel noch mit dem Blick auf “die eigene Leistung” beschäftigt, denn das hatte er wenige Minuten vor Anpfiff im RTL-Interview angekündigt, darauf werde es ankommen – egal wie der Gegner auftreten werde. Es sollte bis zum Ende dabei bleiben.
Keine Torgefahr
Um diese eigene Leistung möglichst positiv zu beeinflussen, hatten Baumgart und sein Team Kristian Pedersen erneut links hinten aufgeboten. Trotzdem spielte auch Kapitän Jonas Hector, auf einer Position, die im Laufe des Spiels zwischen der 10, der 8 und dem rechten Mittelfeld hin- und herpendelte. Dazu sollten Eric Martel und Ellyes Skhiri das Zentrum dichtmachen und Florian Kainz, Florian Dietz und Sargis Adamyan für Torgefahr sorgen. Letzteres gelang fast die kompletten 90 Minuten überhaupt gar nicht. Wobei, eigentlich gelang keinem der Genannten auch nur irgendwas. Es war, als wären die Kölner im dichten Nebel gefangen, der nach einigen Minuten im Stadion aufgezogen war, nachdem die Belgrader auch dort ordentlich gezündelt hatten. Nachdem es sogar eine fast zehnminütige Spielunterbrechung gegeben hatte, hofften manche Kölner Fans vor den Fernsehern auf ein Aufwachen der eigenen Mannschaft. Doch im Grunde erreichte keiner der Akteure Normalform, Marvin Schwäbe vielleicht ausgenommen.
Timo Hübers legte das 0:1 in der 15. Spielminute durch den extrem stark aufspielenden Fousseni Diabaté mit einem kapitalen Fehler auf. “Ich leite das erste Ding ein”, gab der Abwehrchef nach der Partie zu. Kristian Pedersen blieb stets bemüht, aber offensiv zu zaghaft und dafür defensiv gegen Diabaté überfordert. Nikola Soldo machte keine nennenswerten Fehler, auch Benno Schmitz gab sein Bestes, doch beide konnten auch keine besondere Aktion verbuchen, die dem eigenen Team hätte Schwung verleihen können. Ellyes Skhiri und Eric Martel blieben blass bis wirkungslos, denn weder konnten sie Belgrads Spiel spürbar unterbinden, noch den eigenen Spielaufbau beschleunigen. Dazu gleich mehr. Jonas Hector versuchte viel, Florian Kainz ebenso, vor allem bei Standards, beiden gelang eher wenig, Florian Dietz war komplett chancenlos und Sargis Adamyan einmal mehr ein Fremdkörper im Kölner Spiel.
Sargis Adamyan enttäuscht (Foto: Alex Grimm/Getty Images)
Allerdings, wer war das an diesem Abend nicht. “Wenn du solche Fehler machst, dann wird das nichts. Du darfst es dem Gegner nicht so einfach machen“, bilanzierte Steffen Baumgart zutreffend. Das war vor allem aber nicht nur auf die beiden Gegentore bezogen, das 2:0 durch Ricardo Gomes in der 52. Minute fiel nach einem schwach verteidigten Standard. “Das ist zu einfach, gerade auf internationalem Niveau“, zollte Baumgart auch dem Gegner Respekt, der habe seine Mannschaft aber auch nicht gerade gegen die Wand gespielt. Das stimmt zwar, zeigt aber das eigentliche Dilemma des FC. Denn eine solide und clevere Belgrader Leistung reichte, um den 1. FC Köln chancenlos nach Hause zu schicken, die heimischen Fans goutierten das mit „Auf Wiedersehen“-Sprechchören in der Schlussphase.
Zu langsam, zu fehlerhaft
Doch warum gelang den biederen Kölnern eigentlich nichts? War es wirklich die fehlende Kreativität? Ondrej Duda und Mark Uth jedenfalls blieben auf der Bank und mussten von dort das Mittelfeldspiel von Skhiri, Hector und Martel mit ansehen. Im Grunde aber kam das FC-Spiel gar nicht erst zu einem Punkt, an dem Kreativität einen Impuls gegeben hätte, denn das Problem beginnt viel früher – und zwar an einer Stelle, an der man es vielleicht nicht unbedingt suchen würde. Das Spiel, was den 1. FC Köln unter Steffen Baumgart im eigenen Ballbesitz, und von dem gab es wieder reichlich, auszeichnet, ist durch viele Hereingaben von außen in den Strafraum gekennzeichnet. So entsteht Gefahr im Kölner Spiel. Doch ist zum Beispiel ein Benno Schmitz, auch in Belgrad als Rechtsverteidiger auf dem Platz, so ein begnadeter Flankengott, dass der nur einen miesen Tag braucht und schon funktioniert das Spiel nicht mehr? Nein. Gerade Benno Schmitz macht deutlich, woran es dem FC in Belgrad mangelte: Passgeschwindigkeit.
Denn bevor Schmitz den Ball auf rechts bekommt, passiert beim effzeh normalerweise und im Erfolgsfall Folgendes: Im Aufbauspiel wird die Kugel beispielsweise rechts hinten aufgenommen, etwa durch den dort postierten und sich fallen lassenden Ellyes Skhiri, dieser passt dann zu den Innenverteidigern und die finden dann einen aufrückenden Linksverteidiger. Dort angekommen wird der Ball von links ins Zentrum gespielt, gerne über mehrere Stationen – und dann landet der Ball plötzlich und scharf gepasst wieder auf der rechten Seite. Bei Benno Schmitz. Dieser hat dann den notwendigen Raum, die Zeit, um eine gute Flanke anzusetzen – und dann wird es gefährlich im gegnerischen Strafraum.
Passspiel als zentrale Baustelle
In Belgrad allerdings waren bereits die allerersten Pässe, von Skhiri zu Soldo und dann zu Hübers so langsam oder mit Fehlern behaftet, dass der 1. FC Köln sein Spiel eigentlich nie aufziehen konnte. Steffen Baumgart muss sich nun fragen, woran das lag. Hatte Partizan sich einfach perfekt auf den FC eingestellt? Erreichte einfach kein Kölner Spieler Normalform oder war die Zusammensetzung auf dem Feld in dieser für den effzeh so wichtigen Kategorie des schnellen und genauen Passspiels vielleicht einfach zu schwach? Letzteres erscheint zumindest als sehr wahrscheinliche Option, denn schnelles und präzises Passspiel erfordert Gedankenschnelligkeit, Pressingresistenz, den Glauben an das eigene Spiel und Mut. Zu wenig von alledem gab es bei der dritten Niederlage in Folge.
Resultat des Ganzen ist jedenfalls, dass der 1. FC Köln nun die verbleibenden Spiele gegen Slovacko und Nizza gewinnen und gleichzeitig noch auf Belgrader Patzer hoffen muss, um sicher in die nächste Runde der Europa Conference League einzuziehen. “Da haben wir uns selber reingebracht in die Situation, schauen wir, ob wir es noch ausmerzen können“, sagte ein sichtlich geknickter Timo Hübers nach dem Spiel. Ein Feuerwerk hatte seine Mannschaft nach dem frühen Fehler nicht mehr abbrennen können, das Comeback blieb diesmal aus. Und so feierten die Belgrader Europapokalstammgäste eine laute Party und einen wichtigen Schritt in Richtung Gruppensieg.