Zweites Heimspiel, zweiter Sieg: Der 1. FC Köln bezwingt den VfL Bochum am 3. Spieltag hochverdient mit 2:1 (0:0) und kann mit sechs Punkten aus den ersten drei Partien äußerst zufrieden auf den Saisonstart blicken. Späte Tore der eingewechselten Louis Schaub (82.) und Tim Lemperle (90.+1) stellten den Erfolg der “Geißböcke” sicher, die nach dem Anschlusstreffer des ehemaligen Kölners Simon Zoller (90.+4) nur noch kurz zittern mussten. Zuvor hatte der FC über weite Strecken eine dominante Leistung gezeigt und gegen den Aufsteiger aus dem Ruhrgebiet einige Großchancen liegen gelassen.
Ein Blick auf die Statistiken des Spiels macht schnell klar, wie verdient der Sieg der Kölner am Samstag war: Zwei aberkannte Tore von Dejan Ljubicic, zwei Pfostentreffer von Anthony Modeste, 22:11 Schüsse und 71 Prozent Ballbesitz. Bei einem genaueren Blick lassen sich aber noch viel mehr Beobachtungen über das dominante Auftreten der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart anstellen. Insbesondere lässt sich die Partie in drei Phasen einteilen, wie es auch Jonas Hector im Interview nach dem Spiel tat: Es gab „nur vor der Pause eine Phase, wo es nicht ganz optimal war und die Abstände zu groß. Gerade in der zweiten Halbzeit haben wir uns ab der 65. Minute eine Chance nach der anderen erspielt“, so der FC-Kapitän. Auch die Bochumer sprachen nach der Niederlage fast einstimmig davon, die erste halbe Stunde nicht ins Spiel gekommen zu sein.
Die ersten 30 Minuten: Fußballspiel in einer Hälfte
Von Beginn an stürmte die Baumgart-Elf nach vorne. Schon in der vierten Minute traf Modeste das erste Mal den Pfosten, fünf Minuten später wurde der erste Treffer von Ljubicic nach einem leichten Schubser von Sebastian Anderson bei der Vorbereitung zurückgepfiffen. Wiederum fünf Minuten später traf der Österreicher erneut, doch nach über einer Minute Ekstase in Müngersdorf schaltete sich der VAR ein, um den Treffer wegen eines Handspiels einzukassieren. Die Bochumer kamen überhaupt nicht ins Spiel. „Da haben wir nicht ins Spiel gefunden und kamen mit dem Pressing der Kölner nicht klar”, sagte der Ex-Kölner Zoller auf die erste halbe Stunde angesprochen. Gerrit Holtmann formulierte es noch deutlicher: „Wir hatten da gar keine Chance ins Spiel zu kommen.“
“Wir haben nicht ins Spiel gefunden und kamen mit dem Pressing der Kölner nicht klar.”
Die Schussstatistik sprach nach einer halben Stunde eine deutliche Sprache (7:2), doch ein anderer Wert fasst den Spielverlauf noch besser zusammen: Die Gäste konnten in der Phase gerade einmal 29 Pässe an den Mitspieler bringen, die Genauigkeit in ihren Zuspielen betrug 33 Prozent. Heißt übersetzt: Nur jeder dritte Pass kam beim Mitspieler an! In der Konsequenz kamen die Aufsteiger nicht aus der eigenen Hälfte, weil die Bälle sofort bei einem Kölner landeten. Ein besseres Arbeitszeugnis kann dem hohen Kölner Pressing gar nicht ausgestellt werden. Die Bochumer wurden so gestresst, dass die Kugel immer wieder sofort zu einem der “Geißböcke” flog.
31. – 67. Minute: Der Preis des Pressings
Aus dem hohen Anlaufen der Kölner resultierten dann aber kurz vor der Pause zwei gefährliche Konter für Bochum, die jedoch nicht sauber ausgespielt werden konnten. Vor allem der zweite Anlauf hätte die hohe Positionierung Hectors beinahe bestraft, doch das Verzögern von Jorge Meré, der alleine drei Bochumer verteidigen musste, ermöglichte es Laufwunder Ellyes Skhiri zurückzueilen und in höchster Not zu klären. Der Pausenpfiff kam daher gar nicht ungelegen für die “Geißböcke”, die das Risiko zu Beginn des zweiten Durchgangs aber sicherheitshalber dennoch etwas herunterschraubten. Das Spiel war dementsprechend in der mittleren Phase deutlich ausgeglichener, die Bochumer konnten zwischen der 31. und 67. Minute plötzlich statt 33 Prozent immerhin 64 Prozent ihrer Pässe zum Mitspieler bekommen. Auch das Schussverhältnis gestaltete sich mit 6:6 als Konsequenz des zurückgefahrenen Pressings ausgeglichener.
Schlussoffensive ab der 68. Minute
Die Statistiken geben Jonas Hector recht. In den letzten 22 Minuten erspielte sich sein Team neun Torschüsse, die deren drei der Bochumer klar überwiegen. Im Schnitt wurde also in fast jeder dritten Minute ein Schuss abgegeben. Dabei wurde nicht etwa einfach aus der Not heraus der Weitschuss gesucht. Anders als in der letzten Saison begeisterte der FC auch in den gefährlichen Zonen mit Kreativität, sodass fünf dieser neuen Versuche aus dem Strafraum abgeben werden konnten. Das verspricht in der Regel eine deutlich größere Torwahrscheinlichkeit. Louis Schaub und Tim Lemperle standen bei ihren Treffern sogar im Fünfmeterraum.
Die beiden Treffer sind dabei kein Zufallsprodukt, sondern Konsequenz des großen Drucks in der Schlussphase. Denn die Bochumer wurden in dieser Phase, ähnlich wie in der ersten Halbzeit, vor ihrem Strafraum gedrückt. Dadurch konnten beim FC viele Spieler nachrücken: Bei den Toren standen daher fünf (1:0) beziehungsweise vier (2:0) Kölner Angreifer im Strafraum des VfL. “Die Tore waren sehr gut herausgespielt”, konstatierte auch FC-Coach Steffen Baumgart. Immer wieder hatte seine Mannschaft den Weg über außen gesucht, bei beiden Toren trug diese Herangehensweise der “Geißböcke” Früchte.
Flanken als neue Stärke
Dass die beiden Treffer aus Flanken resultierten, dürfte Steffen Baumgart dabei besonders gefallen haben: Nach dem Spiel erklärte der Fußballehrer, dass man sich dieses Mittel ausgesucht habe, um auf die erwartete defensive Herangehensweise der Bochumer zu reagieren: Er begründete die Aufstellung des kopfballstarken Duos aus Modeste und Andersson damit, „dass wir gedacht haben, dass Bochum etwas tiefer agieren wird und wir schon immer wieder über Flanken in den Strafraum kommen wollten“, so der neue FC-Coach. Insgesamt gaben die Hausherren gegen Bochum 39 Flanken ab – ein Muster, dass sich auch schon gegen Bayern und Hertha bewährt hatte, als Modeste jeweils per Kopf traf sowie Mark Uth und Florian Kainz ebenfalls nach Flanken erfolgreich waren. Kein Team in der Bundesliga gibt so viele Flanken ab wie die Kölner, die mit durchschnittlich 29 Hereingaben weit vor dem Verfolger aus Leipzig (22 Flanken pro Spiel) liegen.
Als zweiter entscheidender Faktor kann das Anlaufen des gegnerischen Aufbaus ausgemacht werden. Am Ende des Spiels hatten mit Lampropoulos (40 Prozent), Bella Kotchap (46 Prozent) und Rechtsverteidiger Bockhorn (33 Prozent) drei von vier Bochumer Verteidigern eine Passerfolgs-Quote von unter 50 Prozent. Eine Konsequenz des stetigen Kölner Drucks auf die ballführenden Abwehrspieler. Insgesamt spielten das Abwehrtrio der Gäste zusammen gerade einmal 17 erfolgreiche Pässe – für Verteidiger ein katastrophaler und sehr untypischer Wert. Auf der anderen Seite bedeutet das für die “Geißböcke” viel Laufarbeit. Doch die Spieler scheinen die neue Spielweise gut aufzunehmen und liefen mit knapp 114 Kilometern wieder einmal deutlich mehr als die Kontrahenten (108km).
“Wir haben ein sehr dominantes Spiel gesehen, wir haben immer wieder mutig nach vorne gespielt.”
Und so entsteht im Gesamteindruck auch nach dieser Partie wieder einmal der Eindruck, dass sich beim 1. FC Köln momentan kein Spieler zu schade für das anstrengende System unter Steffen Baumgart ist. “Wir haben ein sehr dominantes Spiel gesehen, wir haben immer wieder mutig nach vorne gespielt”, lobte Baumgart nach dem zweiten Heimsieg im zweiten Heimspiel. Nicht nur deshalb ergibt sich aus dem 2:1-Erfolg gegen Bochum ein abermals positives Bild der “Geißböcke”, die in dieser Spielzeit eine weitere neue Facette zeigen konnten. Es ist eine lange Zeit her, das die Kölner Fans einen so dominanten Auftritt ihrer Mannschaft bewundern durften. Eine letzte Zahl, die das belegt: 196 Pässe wurden ins Offensivdrittel gespielt. Vor nicht allzu langer Zeit hätten das viele für die Summe aller Passversuche des FC in einem Spiel gehalten.