Betrachtet man nur das Sportliche, läuft es für den 1. FC Köln derzeit fast unerwartet gut: Nach schwachem Saisonstart holten die “Geißböcke” vier Punkte aus den letzten beiden Spielen, besiegten den SC Paderborn mit einer guten Leistung ungefährdet mit 3:0, hüpften von den Abstiegsplätzen und stehen damit vor einer wichtigen Englischen Woche mit drei Auswärtsspielen gegen auf dem Papier machbare Gegner. Die Elf von Trainer Achim Beierlorzer hat sich zuletzt in die Position gebracht, dem Verein bei Erfolg in der kommenden Woche eine gesunde Portion Luft zu verschaffen. Diese wäre nicht zuletzt für das neue Präsidium wichtig, um sich in Ruhe einzuarbeiten.
Doch ausgerechnet die beiden Geschäftsführer verfolgten dieser Tage ihre eigene Agenda und torpedieren so die so oft beschworene konzentrierte Arbeitsatmosphäre rund ums Geißbockheim. Erst lehnte sich Finanzchef Alexander Wehrle letzte Woche in der Diskussion um einen Stadionausbau einmal mehr weit aus dem Fenster, schlug grundsätzlich andere Töne als der Rest des Vereines an und testete auf diese Weise offensichtlich, wie weit er unter dem neuen Vorstand gehen kann. Diese Woche war dann Armin Veh an der Reihe.
Vorstand rollte Veh den roten Teppich aus
Der Sportchef der Kölner setzte sich am Montag zu Jörg Wontorra in die „Sky“-Talksendung „Wontorra on Tour“ und plauderte mit dem Moderator auf eine Art, die nur Männer beherrschen, welche von sich beanspruchen, eine der wenigen Figuren zu sein, die das Fussball–Business verstehen. Eines der besprochenen Themen: Die Vertragsverlängerung des Geschäftsführers Sport. Der neue Vorstand wünschte diese sich bereits öffentlich mit der Begründung, dass Veh gute Arbeit geleitetet habe und man ein großer Freund von Kontinuität sei.
Dieses öffentliche Angebot zur Verlängerung war ein großer Vertrauensvorschuss und ein ausgerollter roter Teppich. Veh hätte diesen überschreiten und die ausgestreckte Hand des neuen Vorstands ergreifen können. Oder dankend, für alle Seiten gesichtswahrend und mit persönlichen Motiven begründet die Vertragsverlängerung ablehnen. Beides wäre legitim und in der Kommunikation nicht kritikwürdig gewesen. Veh dachte bei Wontorra im Fernsehstudio allerdings nicht einmal daran, die Umgarnungsversuche von Werner Wolf zu erwidern und den Vertrauensvorschuss positiv zu erwidern.
Im Gegenteil: Lieber philosophierte der Augsburger darüber, dass er seit 30 Jahren im Geschäft sei und nahm den Zuseher im Anschluss großzügig mit in die komplexe Gedankenwelt eines Fussballexperten, in dem er sich laut Gedanken darüber machte, ob er weitermachen, etwas anderes machen oder einfach eine Pause machen möchte. Damit entblößte er den Vorstand ein gutes Stück, welcher sich mit seinen Avancen angreifbar gemacht hatte. „Wichtig ist, dass die, die Verantwortung tragen, auch das Sagen haben” führte Veh aus. Es wäre schön, wenn derjenige, der als Respektsperson angesehen werden will, diese anderen auch entgegenbringt, möchte man ihm antworten.
Ob diese Aussagen bewusst oder unbewusst gesprochen worden, spielt dabei keine Rolle: Veh konnte es am Montag mal wieder nicht lassen, sein Ego in den Mittelpunkt zu stellen, die Welt sprechend denkend an seinen schweren persönlichen beruflichen Entscheidungen teilnehmen zu lassen und aktuelle, aber eigentlich vollkommen uninteressante Wasserstandsmeldungen zum Besten zu geben. Mit der Folge, dass andere in den Senkel gestellt werden. Immerhin weiß man nun, dass eine Vertragsverlängerung eher unwahrscheinlich ist.
In Folge kamen Spekulationen zu möglichen Nachfolgern vor dem wichtigen Spiel gegen Mainz natürlich schnell auf, sogar Namen möglicher Nachfolger geisterten durch die Gazetten. Ein gänzlich unnötig eröffneter Nebenkriegsschauplatz, den der FC derzeit wirklich nicht gebrauchen kann. Er lenkt ab, er bringt potentiell Unruhe rein, er nervt. Nicht nur Beierlorzer, der auf der Spieltagspressekonferenz auf Veh angesprochen sehr deutlich zum Ausdruck brachte, dass ihn das Thema nicht interessiere.
Armin Vehs Habitus passt nicht zum 1.FC Köln
Armin Veh hat sich nie den Spielregeln unterworfen, nach denen der 1.FC Köln nun einmal spielen will. Dazu gehört unter anderem, Vereinsstrukturen und Gremien zu achten und vertrauensvoll innerhalb des Vereines zusammenzuarbeiten. Für ihn braucht ein Verein vor allem einen Macher, einen Experten, einen starken Mann an der Spitze. Zu viel Demokratie, das betont er bei jeder Gelegenheit, ist nichts für einen professionellen Fussballverein. An dieser Stelle scheut er auch keinen Konflikt und legte sich in den letzten zwölf Monaten unter anderem mit dem Vorsitzenden des Mitgliederrates Stefan Müller-Römer und dem damaligen Präsidenten Werner Spinner öffentlich auf eher unsachliche Art an.
Vehs Aussagen in der Vergangenheit und auch diese Woche bei Wontorra zeigen ironischerweise wenig von der Professionalität, die er sich gerne selbst anheftet. Im Gegenteil sind sie Ausdruck einer One-Man-Show, die jedoch heutzutage so nicht mehr gefragt ist. Der Vorstand wollte mit Veh verlängern, Kontinuität war dabei ein enorm wichtiges Argument. Kontinuität hat Veh in Köln tatsächlich bewiesen, leider ist es eher eine des selbstverliebten Querschießens. Der Vorstand sollte unabhängig von Vehs Entscheidungsfindung und seiner sportlichen Bilanz noch einmal reflektieren, ob der Experte Armin Veh zum 1. FC Köln passt – und einen Plan B für den sich bitten lassenden Sportchef parat haben.