Ein halbes Jahr nach ihrer Wahl steht für den neuen Vorstand um Werner Spinner die erste Prüfung auf dem Plan. Bei der Jahreshauptversammlung am Dienstag soll die neue Satzung verabschiedet und damit ein wesentliches Wahlversprechen eingelöst werden.
Auf der letzten ordentlichen Mitgliederversammlung des 1. FC Köln kam es völlig überraschend und unangekündigt zum Rücktritt des Vorstands um Wolfgang Overath. Der Verein war ohne Führung, die Situation angespannt, Fans und Mitglieder gleichermaßen enttäuscht. Klar war nur, dass sich wesentliche Dinge ändern müssen.
Nach dem autoritären, mitgliederfernen Führungsstil des alten Vorstands wünschten sich die Anhänger Mitspracherechte und einen kommunikationsbereiten Vorstand. Werner Spinner und sein Team bemühten sich seit ihrer Wahl im April darum, diese Forderungen umzusetzen und wollen mit der neuen Satzung den letzten Schritt gehen, den Verein an seine Mitglieder zurückzugeben.
Was soll sich ändern?
Wichtigste Änderung ist die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnisse des Vorstands (§21 der Satzung) durch die Einrichtung des Gemeinsamen Ausschusses (§25 des Satzungsentwurfs).
Der Gemeinsame Ausschuss besteht neben den drei Vorstandsmitgliedern aus dem Vorsitzenden und stellvertretendem Vorsitzenden des Mitgliederrats und den Vorsitzenden des Beirats des Vereins und des Aufsichtsrats der 1. FC Köln GmbH & Co. KgaA (Spielbetriebsgesellschaft). Diese sieben Personen sollen für die wesentlichen Geschäftsführungsentscheidungen (z.B. Trainerentlassung, teure Transfers und wichtige Vertragsverlängerungen) verantwortlich sein, die bislang vom Vorstand (weitgehend) alleine getroffen wurden.
Dabei bedeutet die Anzahl der Ausschussmitglieder, dass die Vorstandsmitglieder selbst dann, wenn sie sich untereinander einig sind, ein anderes Ausschussmitglied überzeugen müssen, um eine Mehrheit zu haben. Hierdurch soll die Kontrolle der Vorstandsarbeit in wichtigen Entscheidungen sichergestellt werden, ohne gleichzeitig den Vorstand in seiner Arbeit zu behindern.
Der bereits angesprochene Mitgliederrat (§§22 ff. des Satzungsentwurfs) spielt in der neuen Satzung ebenfalls eine große Rolle und soll den bisherigen Vereinsbeirat (§§24, 25 der Satzung) und den Verwaltungsrat (§§22, 23 der Satzung) ersetzen. Er ist das Überwachungsorgan für den Vorstand und soll diesen gleichzeitig in wichtigen Angelegenheiten beraten, insbesondere (§24.2 des Satzungsentwurfs) z.B. bei der Aufstellung des Etats und Fragen der Vereinskultur.
Zusammengesetzt ist der Mitgliederrat aus bis zu 15 Mitgliedern, die mindestens vier Mal im Jahr tagen sollen und von der Mitgliederversammlung gewählt werden (§17 des Satzungsentwurfs). Damit unterscheidet sich der Mitgliederrat wesentlich vom ebenfalls neuen Beirat (§27 des Satzungsentwurfs), der sich aus Persönlichkeiten der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens zusammensetzt und vom Vorstand berufen wird.
Satzungsänderungen und Vorstandsbewerber
Neben der Organstruktur des Vereins wurden die Rechte der Mitglieder auch dadurch gestärkt, dass nun jedes Mitglied einen Antrag auf Satzungsänderung stellen darf (§15.2 des Satzungsentwurfs), statt wie bisher eine Gruppe von mindestens zwanzig Prozent der Mitglieder (§15.2 der Satzung).
Genauso darf sich jedes Mitglied innerhalb eines „Vorstandsteams“ aus drei Leuten zur Wahl stellen, wenn der nächste Vorstand gewählt wird, sofern 100 Mitglieder die Wahl unterstützen (§18 des Satzungsentwurfs). Bislang hat der Verwaltungsrat das Vorrecht, Kandidaten aufzustellen. Erst nach zwei gescheiterten Wahlgängen konnten sich sonstige Mitglieder aufstellen lassen (§19.2 der Satzung).
Auswirkungen auf die Spielbetriebsgesellschaft
Da die Vereinsmitglieder lediglich über eine neue Vereinssatzung abstimmen und nicht über den Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG, sind die meisten Auswirkungen für die Geschäftsführer indirekt.
So wirkt sich zum Beispiel die Beschränkung der Befugnisse des Vorstands auch auf die Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft aus, weil die Geschäftsführer der GmbH an Weisungen der Vereinsführung gebunden sind. Darf der Vorstand im Verein eine Geschäftsführungsentscheidung nicht mehr alleine treffen, darf er eine entsprechende Weisung auch nur mit Zustimmung der entsprechenden Gremien erteilen.
Ein längst überfälliger Schritt
Insgesamt ist der Satzungsentwurf nicht nur eine Reaktion auf die Forderungen der Mitglieder und Umsetzung eines Wahlversprechens. Vor allem wird die Vereinsstruktur, die sich bislang eng an den gesetzlichen Standards orientierte, an die Anforderungen angepasst, die ein professioneller Fußballverein mit über 50.000 Mitgliedern stellt.
Weitere Anträge
Im Schatten der Satzungsänderung werden die Mitglieder am Dienstagabend in der ehemaligen Kölnarena neben den üblichen Formalitäten einer Jahreshauptversammlung auch über Anträge von Mitgliedern entscheiden, die sich mit dem Konzeptpapier „Sicheres Stadionerlebnis“ befassen.
Hierzu soll es Informationen und eine Diskussion geben, nach der die Mitglieder über einzelne Punkte des Konzeptpapiers abstimmen dürfen, um die Vereinsvertreter mit einem klaren Auftrag zur Mitgliederversammlung des Ligaverbands am Mittwoch zu entsenden.
Die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln findet am 11.12.2012 um 19 Uhr in der LANXESSarena statt. effzeh.com tickert ab 18:30 Uhr live.