Wie sich sehr hohe Niederlagen gegen den 1. FC Köln anfühlen, wissen nicht nur die Dresdner Spieler sehr genau, sondern auch ihr Trainer Christian Fiel. Dabei ist er erst seit Februar Trainer bei Dynamo Dresden. Das aus ihrer Sicht verheerende 1:8 im Hinspiel hat er also nicht in verantwortlicher Position verfolgt, aber er kickte im Jahr 2002 bei Union Berlin. Die Älteren mit gutem Gedächtnis werden sich erinnern, in jenem Jahr verloren die Berliner im damals halb umgebauten Müngersdorfer Stadion mit 0:7, ein gewisser Thomas Cichon erzielte ein Tor und bekam vom “Kicker” die Spielnote 1. Auf der Spieltagspressekonferenz am Freitag ließ Fiel durchblicken, dass Union damals nicht wusste, wo links und rechts war. Seine Message dahinter: Auch hohe Niederlagen gegen gute Gegner können passieren. In Köln erinnert man sich heute übrigens weniger auf Grund der anscheinend tadellosen Performance von Thomas Chichon an das Spiel, sondern eher, weil die Stadionregie es sich nicht nehmen ließ, nach dem zwischenzeitlichen 5:0 einen Karnevalstusch einzuspielen.
Doch zurück in die Gegenwart: Auf dem Papier wirkt das Spiel gegen Dynamo Dresden am Ostersonntag für die “Geißböcke” durchaus machbar. Die Dresdner liegen in der Rückrundentabelle mit gerade einmal elf Punkten auf dem vorletzten Platz und holten zuhause auch erst magere 17 Punkte, was Platz 15 in der Heimtabelle bedeutet. Allerdings befinden sich die Kölner nach zwei Unentschieden in Folge einmal mehr in einer Art Mini-Krise, ernteten nach dem Heimspiel gegen Hamburg sogar ein kleineres Pfeifkonzert. Es will keine richtige Euphorie aufkommen in der Domstadt, trotz Tabellenführung. Zu wackelig präsentiert sich die Defensive schon die ganze Saison. Und viel zu unsouverän gingen die Verantwortlichen zuletzt mit Kritik um, nachdem sie den Fans letzten Sommer vollmundig und sehr offensiv guten und erfolgreichen Fußball versprachen.
Wer ersetzt Christian Clemens beim 1. FC Köln?
Und dennoch kann, sollten die Würfel am Wochenende günstig fallen, der Aufstieg bereits mit einem Sieg am Sonntag fix gemacht werden. Dafür braucht es eine Niederlage von Union Berlin in Fürth und Paderborn darf auswärts in Kiel maximal unentschieden spielen. Angesichts der Form der beiden respektive der jeweiligen Gegner scheint das zumindest nicht unmöglich. Für den effzeh meint es der Spielplan dabei recht günstig, die beiden Spiele finden bereits Samstag statt. So weiß man auch rechtzeitig, ob es sich lohnt, die entsprechenden Aufstiegsshirts und ausreichend Kölsch mit auf den Weg in den Osten der Republik einzupacken.
Trainer Markus Anfang beschäftigen solche Fragen eher nicht. Auch wenn er bekannte, natürlich auch auf die Konkurrenz zu schauen und sich für deren Ergebnisse zu interessieren. Doch es braucht so oder so einen Sieg in der sächsischen Haupstadt, deswegen sind Aufstiegsrechnereien für die Vorbereitung nicht relevant, wie er den anwesenden Journalisten auf der Pressekonferenz vorrechnete. Die Frage, ob er im Fall der Fälle Sonntagnacht noch mit Fans auf den Ringen anstoßen wolle oder erst Ostermontag beim mittlerweile fast schon traditionellen FC-Renntag in Weidenpesch lächelte Anfang hingegen weg. Feiern wäre schön, aber vorher muss so oder so eine konzentrierte Leistung stehen.
Systemumstellung unwahrscheinlich
Dafür muss der Kader gezwungenermaßen ein wenig umgestellt werden, mit Christian Clemens fällt ein formstarker Spieler voraussichtlich aus. Die Kandidaten, um “Chrille” in der Startaufstellung zu ersetzen, sind vermutlich Marcel Risse oder Louis Schaub. Für letzteren spricht sein guter Auftritt in Duisburg und die Tatsache, dass er nach seiner Verletzung wieder bei 100% ist, wie Anfang betonte – ein Flügelverteidiger ist er jedoch nicht.
Zuletzt gegen Hamburg setzte er jedoch auf Risse, als Clemens verletzt ausgewechselt werden musste. Andere personelle Wechsel sind nicht ausgeschlossen, eine größere taktische Umstellung wie vor dem Hinspiel ist jedoch sehr unwahrscheinlich, als Anfang von einer Viererkette auf eine Dreierkette und vorne zwei Spitzen umstellte und damit ein gutes Stück weit sein präferiertes System über den Haufen warf.
Dresden mit Trauerflor und Schweigeminute
In Dresden hat sich mit dem Trainerwechsel hin zu Christian Fiel im Februar einiges getan. Der in der Nähe von Stuttgart geborene Deutsch-Spanier lässt sein Team gerne offensiveren Fußball spielen und wird das auch gegen den Tabellenführer nicht komplett aufgeben wollen. Die drei Topstürmer Modeste, Terodde und Cordoba machen Fiel dabei keine Angst, vielmehr soll es seine Mannschaft beflügeln, sich mit solchen Topspielern messen zu dürfen. Doch die Sachsen sind abstiegsgefährdet und liegen auf Platz 13 nur sechs Punkte vor dem Relegationsplatz, welcher derzeit von Magdeburg belegt wird.
Ein paar Zähler werden also noch benötigt – mit der 1:3-Niederlage in Sandhausen (15.) letzte Woche hat man den ersten kleineren Matchball vergeben und geht entsprechend mental etwas angeschlagen ins Kräftemessen mit dem Spitzenreiter. Auf Dresdner Seite wird zudem Abwehrspieler Dario Dumic aufgrund seiner fünften gelben Karte fehlen. Ob das angeschlagene Trio Hamalainen, Müller und Hartmann wieder zur Verfügung stehen wird, konnte und wollte Fiel am Freitag nicht beantworten.
“Normalerweise muss der Gedanke in unserem Kopf sein: Woah, jetzt messen wir uns mit den Besten!”
Lieber machte der Trainer den Kölnern ein Angebot, indem er etwas augenzwinkernd vorschlug, die drei Punkte zu nehmen, damit die Kölner nächste Woche lieber zuhause den Aufstieg mit Platzsturm und allem drum und dran feiern können. Ob diese Spielart des ‘lieber-nicht-aufsteigen-als falsch-aufsteigen’ auf Gegenliebe stoßen wird, darf jedoch auch diesem Fall bezweifelt werden. Das Rudolf-Harbig-Stadion jedenfalls ist ausverkauft, über 3000 Kölner werden erwartet.
Die Dresdner werden vor dem Spiel eine Schweigeminute für Siegmar Wätzlich abhalten und mit Trauerflor spielen. Wätzlich spielte 220 Mal für Dynamo und war 25 Mal für die Auswahlmannschaft der DDR im Einsatz. Steht vor dem Spiel also das Gedenken im Vordergrund, wird mit Anpfiff die Stimmung in den jeweiligen Blöcken mit Sicherheit exzellent sein. Denn ein Sieg bringt beide Mannschaft ganz nah an die jeweilige Ziellinie, in Kölner Fall vielleicht sogar über die Ziellinie. Dann würde das deutlich vernehmbare Grundrauschen rund um den 1. FC Köln zumindest über Ostern den Aufstiegsfeierlichkeiten weichen. Und Feiern, das macht der Kölner ja eh lieber.