Trotz langer Überzahl verliert der effzeh zuhause gegen den HSV mit 1:3. Zurück bleibt Ernüchterung, angesichts der Harmlosigkeit aber vor allem Beunruhigung bezüglich des weiteren Saisonverlaufes.
Unter dem Eindruck, demnächst nach London fahren zu dürfen, fanden sich Mannschaft und Fans in Müngersdorf ein. Nominell spielte die erste Elf, die Peter Stöger aufbieten konnte. Und tatsächlich wurden die ersten Minuten des Spiels von Seiten des effzeh akzeptabel gestaltet – bis auf einen Schuss von Yuya Osako wurde es zwar nicht gefährlich, aber der HSV wurde kontrolliert. Dann folgte jedoch das, was in den letzten Jahren häufig zu beobachten war: der effzeh ließ ein wenig nach, den HSV ins Spiel kommen – und kassierte vollkommen überflüssige Gegentore nach Standardsituationen.
Sieht man von den Begleiterscheinungen – Wechsel des Schiedsrichters, lange Überzahl für den effzeh – einmal ab, ist der Rest des Spiels schnell erzählt: obwohl die Kölner Mannschaft das Spiel eigentlich immer kontrollierte, war sie im Offensivspiel erschreckend einfalls- und mittellos. Der HSV spielte nicht einmal gut. Es reichte vollkommen aus, den effzeh aggressiv im Pressing anzugehen, defensiv die Räume zuzustellen und gelegentlich einen Konter einzustreuen, um als Sieger vom Platz zu gehen.
Zu lasch – in jeglicher Hinsicht
Insbesondere im zentralen Mittelfeld wurde auf erschreckende Weise deutlich, dass dort personelle Verstärkungen notwendig gewesen wären. Jonas Hector und Matthias Lehmann mögen extrem zuverlässige Spieler sein, aber sie sind im Spielaufbau limitiert und zu wenig dynamisch. Unklar ist, weshalb der in der vergangenen Hinrunde so starke Marco Höger außen vor blieb, der zwar ebenfalls kein Spielgestalter ist, aber mit seiner Übersicht und Zweikampfhärte Qualitäten bewies, die gestern bitter nötig gewesen wären. In Ballbesitzphasen genügte es dem HSV, sich einfach zurückzuziehen, abzuwarten und gelegentlich einen harten Zweikampf zu führen.
In der Abwehr unterliefen Dominique Heintz und insbesondere Frederik Sörensen erstaunliche Konzentrationsschwächen. Der Däne spielte unnötige Fehlpässe im Spielaufbau und hatte wie sein Nebenmann enorme Probleme mit Bobby Wood. Lukas Klünter und Jannes Horn deuteten Potential an, aber ihr Stellungsspiel war nicht immer optimal und ihre Flanken überwiegend unbrauchbar. Schwer erklärbar ist, weshalb die Mannschaft immer noch so anfällig bei gegnerischen Standardsituationen ist – gerade der HSV gewinnt seine Spiele seit mehreren Jahren nur dadurch, dass er jeden Standard in den Strafraum kickt und dann auf Tore hofft. Darauf kann man sich aber einstellen, was dem effzeh gestern nicht gelungen ist.
Immerhin ist Osako wieder dabei
Offensiv deutete Startelf-Rückkehrer Yuya Osako sein fußballerisches Können an, aber man merkte, wie ihn die Verletzung zurückgeworfen hat. Der Japaner wird Zeit benötigen, um wieder in den Rhythmus zu kommen und sich auf das Spiel seiner teils neuen Nebenleute einzustellen. Das neu formierte Sturmduo bestehend aus Jhon Cordoba und Sehrou Guirassy spielte allenfalls bemüht, war aber in der Kernkompetenz Abschluss jedoch unglücklich. Der Kolumbianer Cordoba zeigte Schwächen in der Ballverarbeitung und strahlte nur wenig spürbare Torgefahr aus – trotz seiner vielen Aktionen. Es passt allerdings auch nicht zu seinem Spiel, ihn als Strafraumspieler einzusetzen. Er benötigt Platz, um Tempo aufnehmen zu können. Das kann er jedoch nicht, wenn er nur mit dem Rücken zum Tor angespielt wird.
Schlechte Vorzeichen für den weiteren Saisonverlauf?
Die Einfalls- und Hilflosigkeit in der Offensive ist allerdings kein neues Phänomen, sondern war bereits letzte Saison zu beobachten – mit einem Unterschied: Anthony Modeste. Der Franzose erzielte oft Tore aus dem Nichts, die einige Spiele entscheidend beeinflussten und die spielerischen Mängel übertünchten. Es wäre vermessen, von Jhon Cordoba ähnliches zu erwarten. Es war aber fahrlässig, zu glauben, man könne Cordoba an die Stelle des Franzosen setzen und erwarten, dass alles offensiv schon irgendwie funktionieren werde, anstatt die Offensive qualitativ generell breiter aufzustellen.
Beunruhigend war also gestern nicht, dass das Spiel verloren wurde. Es gab schließlich auch genügend Torchancen für den effzeh. Beunruhigend ist aber, dass die Torchancen qualitativ überwiegend nicht gut genug waren und die Gefahr für den Gegner somit gering war – der HSV konnte alles relativ locker wegverteidigen. Der Wille war erkennbar, aber die Fähigkeiten, ihn in Tore umsetzen zu können, nicht. Deswegen kann man auch kaum einen Hauptschuldigen identifizieren. Es fehlt insgesamt schlichtweg an der nötigen Qualität. Wenn sich einige Spieler im Kader nicht unerwartet enorm steigern, kann es für den 1. FC Köln eine Saison werden, in der solche Spiele gegen allenfalls durchschnittliche Konkurrenten zum Normalfall werden.
Der Spieler des Spiels: Yuya Osako
Wie wichtig der Japaner für den effzeh sein kann, stellte er vor allem in der ersten halben Stunde unter Beweis – nachdem der 1. FC Köln jedoch mit 0:2 zurücklag, hatte auch Osako Schwierigkeiten, ins Spiel zu finden. Seine Fähigkeiten als Verbindungsspieler werden aber mehr gebraucht denn je, um die Offensivabteilung gefährlicher zu machen.