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Kleinigkeiten fehlten zum Nicht-Vergessen-Können

Die Biografie “Heinz Flohe – der mit dem Ball tanzte” beschäftigt sich neben vielen Geschichten aus dem Leben von Flocke auch mit den meist unglücklich verpassten Chancen des Fußballstars.

Jubel über einen sagenhaften Treffer in der Radrennbahn © Edition Steffan
Jubel über einen sagenhaften Treffer in der Radrennbahn © Edition Steffan

Jubel über einen sagenhaften Treffer in der Radrennbahn © Edition Steffan

Es gibt diese Momente in jedem Leben. Diese kleinen Begebenheiten, die bei geringgradig anderem Verlauf große Auswirkungen auf Erfolg oder Misserfolg haben würden. Sozusagen der persönliche Schmetterlingseffekt. Und natürlich malt man sich aus, dass alles viel besser gekommen wäre, wenn diese oder jene Situation nur ein Quentchen glücklicher verlaufen wäre. Das Leben, vor allem das fußballerische Dasein des Heinz Flohe ist gespickt mit solchen Momenten, so dass der Kölner Autor Frank Steffan unter diesem Gesichtspunkt dem Kölner Mittelfeld-As eine sehr individuelle Biopgraphie gewidmet hat.

Ein Aluminiumknaller in dem legendären DFB-Pokal-Endspiel, in dem sich Günther Netzer kurze Zeit später einwechselte und das Spiel entschied, ist ein solches Beispiel. Netzer war danach in aller Munde, ein wenig mehr Fortune und Flohe wäre es wohl gewesen. Oder sein souverän verwandelter Elfer im EM-Finale 1976 nach einem für ihn persönlich hervorragenden Turnier. Im Gedächtnis bleibt der Fehlschuss von Uli Hoeneß, der dem möglichen Turniersieger Flohe im Weg steht. Oder seine unterkühlte Beziehung zu Bundestrainer Helmut Schön, die einer noch erfolgreicheren Nationalmannschftskarriere im Weg stand. “Kleinigkeiten fehlten zum Nicht-Vergessen-Können” stellt der Autor bereits im Vorwort fest. Das alles scheint einem Nicht-Effzeh und Nicht-Flohe-Fan ausgesprochen verschwörungstheoretisch daherkommen. Wer dieses Buch allerdings aus rotweiß-nostalgischen Gesichtspunkten liest, wird viele kleine interessante Geschichten und Meinungen entdecken.

Der Autor und sein Protgaonist bei einem gemeinsamen Kneipenbesuch 1985 © Edition steffan

Der Autor und sein Protgaonist bei einem gemeinsamen Kneipenbesuch 1985 © Edition Steffan

Das Buch mit dem Titel “Der mit dem Ball tanzte” ist, und darauf legt der Autor wesentlichen Wert, nicht eine Zusammenfassung des Films, sondern vielmehr eine Ergänzung. Oder wie er selbst sagt: “[Das Buch] …ist der Versuch zu erklären und darzustellen, dass Flohe ein Innovator des deutschen Fußballs war, einer, der den Fußball revolutioniert hat.” Das Dribbling bestand bis zu seiner Zeit vor allem in “links antäuschen, rechts vorbeigehen”. Flocke war einer der ersten, die viel mehr daraus machten. Er schaute sich die Brasilianer an und kopierte deren Bewegungen. Mitspieler berichteten, dass er diese Täuschungen teilweise stundenlang übte bis sie perfekt waren. In Kombination mit Wolfgang Overath, der der klassische Spielmacher war, war das zu seiner Zeit das überragende Mittelfeldduo Deutschlands. Warum es erst ohne Overath zum Meistertitel reichte, und warum Flohe so wenig Ruhm für seine Künste bekam, ist eine Kernfrage des Buchs und wird sehr interessant aufgearbeitet.

Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt. Der erste Teil ist eine umfassende Biographie mit chronologisch geordneten Kapiteln aus dem Leben des Heinz Flohe. Hier finden sich viele kleine Geschichten. Der rote Faden sind die Fragen, warum Flocke ein Innovator des deutschen Fußballs war und warum man das seinerzeit und außerhalb des Rheinlandes so wenig wahrgenommen wurde. Im zweiten Teil kommen 33 Zeitzeugen zu Wort, die zu unterschiedlichen Themen und auch zu den Fragen des roten Faden Bezug nehmen, unter anderem Franz Beckenbauer, Jupp Heynckes, Günther Netzer, Wolfgang Overath und viele mehr. Der dritte Teil enthält sämtliche Pflichtspiele Flockes in seiner Profikarriere.

Wer mehr über den genialen 8er erfahren möchte, kann dies unter www.heinz-flohe.de oder auf der Facebookseite “flockefilm” (Heinz Flohe – der mit dem Ball tanzte) tun. Wer sich überzeugen will, was für ein brillianter Techniker Flohe war, kann sich die zahlreichen Szenen, die inzwischen auf Youtube zu finden sind, anschauen.

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