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Trügerischer Traumstart?

Sieben Punkte aus drei Spielen: Der effzeh ist brillant in die neue Saison gestartet. Doch wie weit ist das Team wirklich? effzeh.com macht den Formcheck.

Foto-Credits: Dirk Unschuld
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Sieben Punkte aus drei Spielen: Der effzeh ist brillant in die neue Saison gestartet. Doch wie weit ist das Team wirklich? effzeh.com macht den Formcheck.

Auf Basis der stabilen Defensive ein funktionierendes Offensivspiel entwickeln – so lautete Peter Stögers Zielsetzung für die laufende Saison. In den ersten Saisonspielen gab es davon bereits Ansätze zu sehen. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass es an vielen Stellen noch besser laufen muss. Was der effzeh noch verbessern muss und wo er sich bereits verbessert hat, förderten die ersten drei Ligaspielen bereits zu Tage. Peter Stöger ist intelligent und reflektiert genug, um sich von sieben Punkten aus drei Spielen sowie einem vorübergehenden vierten Platz nicht blenden zu lassen. Diese Einstellung scheint zudem Gültigkeit für den Verein zu besitzen, die öffentliche Zurechtweisung von Michael Trippel spricht zumindest dafür – wenngleich die Art und Weise einem unangebrachten Fehltritt entsprach, der nur unnötige Aufregung produzierte.

© effzeh.com

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Unabhängig davon, ob sich der effzeh nun das Kopf-an-Kopf Rennen mit Wolfsburg liefern wird oder nicht, gibt es viele Aspekte, die die Fans auf eine bessere Saison hoffen lassen können als in der vergangenen Spielzeit. Ein Blick nach ganz vorne genügt: Mit Anthony Modeste, Simon Zoller, Philipp Hosiner, Yuya Osako und Bard Finne besitzt Stöger einen stärkeren Sturm als zuletzt, kaum vergleichbar mit der Situation in der vergangenen Spielzeit. Dabei sind vor allem die Neuzugänge entscheidend: Modeste verdeutlichte sofort ohne jegliche Anlaufschwierigkeiten, wer der stärkste Stürmer im Kader ist. Mit seiner Spielintelligenz, seinem starken Antritt, seiner Robustheit und seiner Technik stellt er für den effzeh überall eine Bereicherung dar. Der Franzose hat bislang in jedem Spiel einen Scorerpunkt gesammelt, neben seinen Treffern sollten auch seine starken Vorlagen nicht unterschlagen werden. Auch wenn er sich defensiv häufiger Auszeiten gönnt als Vorgänger Anthony Ujah und aus dem Spiel heraus noch keinen Treffer in der Liga erzielte: Modeste ist bislang über alle Zweifel erhaben.

Das Upgrade ist gelungen

Hosiner dagegen agiert bislang zwar nur als Teilzeitkraft, deutete gegen den HSV jedoch an, wo seine Stärken liegen. Der Österreicher ist ein klassischer Stürmer mit starker Ballbehandlung, extrem intelligenten Laufwegen und einem starken Torabschluss, der ebenfalls keine Anlaufzeit benötigte. Und ob Simon Zoller nun ein Neuzugang ist oder nicht, ist vielen wahrscheinlich egal. Er spielt stark verbessert, erarbeitet sich viel mehr Spielsituationen und geht bessere Wege. Sein Spiel wirkt geradliniger und unkomplizierter. Abgesehen vom Torabschluss ist Zoller jedoch technisch noch zu fehleranfällig. Reduziert er dieses Manko, ist er zudem eine wirkliche Alternative auf der Außenbahn – und nicht nur eine Notlösung. Sie alle deuten an, dass sie Peter Stöger zusätzlich zu dem spielstarken Yuya Osako und dem unkonventionellen Bard Finne drei erstligataugliche Optionen bieten, die zudem im Sturmzentrum spielen können – ein Quantensprung zum letzten Jahr, als der alternativlose Anthony Ujah vorne zu oft allein gelassen wurde.

Abgesehen vom Angriff sind dem effzeh auch im offensiven Mittelfeld Upgrades gelungen. Selbst wenn Leonardo Bittencourt noch zu häufig falsche Entscheidungen trifft, zeigt er mit seiner Schnelligkeit und Dribbelstärke bereits, wie wertvoll er für das Team ist. Sein Pass auf Modeste war es gegen Stuttgart, der zum Elfmeter führte. Und überhaupt ist der effzeh in der Offensive nicht mehr so berechenbar wie in der Vorsaison. Natürlich: Peter Stöger hat nun mehr Optionen zur Verfügung, der Kader wurde gewaltig umgebaut. Aber die Mannschaft zeigt auch, dass sie jederzeit Tore erzielen kann. Außerdem sind Glückstore aus Standardsituationen, wie sie etwa der HSV oder Berlin häufig erzielen, (noch?) nicht vorgekommen. Jedem Tor ging ein Spielzug voraus und fast immer kam der Mannschaft ihr gedanklich schnelles Umschaltspiel zugute. Die Mannschaft handelt bei Fehlern des Gegners extrem reaktionsschnell. Wenn die Konter noch konsequenter gespielt werden, wenn sich die Abschlussstärke aus dem Spiel noch erhöht, besitzt der effzeh in der Offensive definitiv genügend Klasse, um sich im Mittelfeld der Liga zu halten.

Sitzt das Korsett zu locker?

Während die Offensive also deutlich besser erscheint als zuletzt, wirkt die Defensive umso anfälliger. Dabei sind es zwar auch individuelle Fehler, die zu Gegentoren führen, aber es wirkt so, als säße das Defensivkorsett aus der vergangenen Saison zu locker. Es gab viele Momente, in denen die Spieler zu nachlässig agierten und unkonzentriert waren. Matthias Lehmanns Lapsus gegen Kevin De Bruyne kann hier symbolisch gewertet werden – so etwas gab es im vergangengen Jahr fast gar nicht. Gerade Lehmann ist aber auch zu oft derjenige, der läuferisch viele Lücken schließen muss, gerade nach einem Ballverlust. Dass Peter Stöger das 4-1-4-1 gegen Stuttgart schnell zugunsten eines 4-2-3-1 mit Kevin Vogt aufgab, zeigt, dass er dieses Problem erkannt hat. Bislang haben sich die kleinen Unzulänglichkeiten im Ergebnis nicht negativ ausgewirkt, aber es ist sicher unbestritten, dass der Sieg in Stuttgart nur mit viel Glück zustande kam, da der VfB seine Chancen nicht nutzte. Auch, weil ein überragender Timo Horn im Tor stand, der aus der mitunter wackeligen Defensive herausragt.

Einen Großteil zur noch nicht erlangten Stabilität trägt allerdings auch die Tatsache bei, dass die Defensive nicht eingespielt ist. Zwar machen Frederik Sörensen und Dominique Heintz bislang einen soliden Eindruck und begehen wenige Fehler, aber sind, ihrer Kopfballstärke zum Trotz, aktuell noch nicht mit dem Duo Maroh-Wimmer vergleichbar. Völlig normal, spielte unser Abwehrbollwerk doch auch zwei Jahre zusammen. Wenn Dominic Maroh aber zurückkehrt, ist es zwar offen, ob er direkt zum Einsatz kommt, aber Peter Stöger weiß, dass er sich auf Maroh verlassen kann und dieser, eingesetzt, die Defensive stabilisieren dürfte – egal, ob er nun neben Heintz oder Sörensen spielt. Dazu kommt, dass die Außenverteidiger Olkowski und Hector zwar offensiv potent sind, defensiv jedoch noch zu viel zulassen und einige Konzentrationsschwächen zeigten. Noch sind beide allerdings immerhin fit – einen längerfristigen Ausfall eines der beiden könnte der effzeh nicht kompensieren, denn weder Marcel Risse noch Dusan Svento haben ihre Tauglichkeit auf diesen Positionen in Pflichtspielen kontinuierlich nachgewiesen.

Jojic der Schlüsselspieler

Während das Konterspiel zwar bislang herausragend funktioniert, tut sich der effzeh gegen einen abwartenden Gegner nach wie vor schwer. Nun steht die Stöger-Elf mit diesem Problem in der Liga definitiv nicht alleine da, aber die Schwierigkeiten werden dadurch nicht weniger. Dass mit Milos Jojic der Spieler, der genau diese Mängel beheben sollte, zur Zeit noch im Formtief steckt, ist ärgerlich. Er deutete zwar bereits an, über welch starke technischen Fähigkeiten er verfügt, aber dabei blieb es bislang auch. Leider scheint Kazuki Nagasawa, bislang ohne Einsatz, ebenfalls keine Alternative zu sein. Sein japanisches Pendant Yuya Osako laborierte an einer leichten Verletzung, hat aber die Fähigkeiten, um das spielerische Niveau der Mannschaft deutlich zu heben. Mit einem formstarken Jojic wäre der FC allerdings aus dem Spiel heraus gefährlicher als ohne ihn, nicht umsonst wurde er so deutlich, unter anderem von Jörg Schmadtke, kritisiert. Der Serbe könnte zudem endlich der gute Standardschütze werden, den der effzeh seit Jahren sucht. Die Probleme, die das Team allerdings nach wie vor bei Standards hat, wenn der Gegner sie ausführen darf, wird er nicht beheben.

© effzeh.com

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Insgesamt ist es somit schwierig, aus einer frühen Bestandsaufnahme eine Prognose für die Saison zu erstellen. Der effzeh ist zur Zeit Vierter, weil er das nötige Glück hatte, umkämpfte Spiele für sich entscheiden zu können. Die Leistungen waren definitiv nicht so herausragend wie der Tabellenplatz. Zu oft war die Defensive instabil, zu oft ließ sich die Mannschaft auf das Spiel des Gegners ein. Gleichzeitig ist der effzeh viel torgefährlicher und reaktionsstärker. Die Mannschaft kann auf viele Spielsituationen gut und wirkt mental gefestigt. Es gibt somit gute Gründe, um vorsichtig optimistisch auf den weiteren Saisonverlauf zu blicken. Das Team spielte nicht euphorisch auf (wie etwa Gladbach vor einigen Jahren gegen Leverkusen), sodass nicht befürchtet werden muss, die Verantwortlichen ließen sich von der Spielweise und dem Tabellenplatz blenden. Peter Stöger hat in den Vorjahren häufig bewiesen, dass er in der Lage ist, die Schwächen der Mannschaft stetig zu reduzieren. Sollte ihm das wieder gelingen, kann der effzeh das Erreichen von 41 Punkten als ein realistisches internes Ziel ausgeben.

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