Als man Anthony Modeste am Sonntagabend kurz nach der Partie gegen den Hamburger SV vor die clubeigene Kamera und um ein paar Worte zum Spiel bat, wusste der Franzose vielleicht noch gar nicht so genau, wie viele Tore er denn nun eigentlich erzielt hatte. „Ich habe vielleicht zehn“, sagte Modeste und schob schnell „elf, könnte zwölf haben“ nach und musste schließlich lächeln. Er behielt Recht damit: Die DFL hat dem Franzosen auch das Tor zum 1:0, für das zwischenzeitlich auch Simon Zoller als Torschütze in Frage gekommen war, zugesprochen und den lupenreinen Hattrick so perfekt gemacht.
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Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images
Elf Tore nach neun Spielen – so gut steht in den europäischen Topligen kein anderer Spieler da! Und auch gegen den schwer angeschlagenen Liga-Dino aus Hamburg spielte der Stürmer wieder die Hauptrolle. Ob wild auf Handspiel drängend in den ersten Minuten, mit seinem Elfmeter-Pfostenschuss kurz vor der Halbzeitpause, oder dem lupenreinen Hattrick in der zweiten Halbzeit. Modeste steht im Scheinwerferlicht – und glänzt derzeit in voller Pracht. Doch die Leistungen des 1. FC Köln nur an seinem formstarken Stürmer fest zu machen, wäre ein Fehler. „Die kommen immer wieder Retour, auch wenn das Gefühl so ist, dass die Partie schwer ist, oder wenn sie in Rückstand sind, dann fighten sie“, erklärte Peter Stöger nach der Partie den eigentlichen Entwicklungsschritt seiner Mannschaft.
“Es war gefühlt ein ekliges Spiel”
Gegen den HSV gerieten die Kölner zwar nicht in Rückstand, dennoch tat sich die Elf nach einer anstrengenden englischen Woche samt DFB-Pokal-Sieg in der Verlängerung sichtbar schwer. Daran änderten auch die zahlreichen fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen, die das gesamte Spiel prägen sollten, nichts. „Es war gefühlt ein ekliges Spiel, wir sind nicht so gut in die Zweikämpfe gekommen in der ersten Halbzeit, wie wir das eigentlich wollten“, fasste der gut aufgelegte Marcel Risse nach der Partie zusammen. Dass Modeste kurz vor der Pause vom Elfmeterpunkt vergab, rundete den Eindruck eines schwierigen ersten Durchgangs nur noch ab. Aber für die Kölner war es eben auch die neuerliche Gelegenheit, wieder einmal „Retour zu kommen“.
[perfectpullquote align=”full” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]”Im Bewusstsein, dass wir mittlerweile solche Mannschaften bespielen können, haben wir das gut gemacht.”[/perfectpullquote]
„Der Knackpunkt war die Rote Karte, da haben wir deutlich mehr Platz und Räume bekommen und dann auch konsequent die Tore gemacht“, lieferte erneut Risse ein passendes Resümee. Nachdem Hamburgs Bobby Wood für einen dummen Ellbogenstoß gegen Dominique Heintz vom Platz geflogen war, dauerte es nur drei Minuten bis Zoller und Modeste die Führung für die Hausherren erzielten. Es folgten prompt weitere gute Chancen, ehe der Franzose dank doppelter Vorarbeit von Risse den 3:0-Endstand herstellte.
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„Im Bewusstsein, dass wir mittlerweile solche Mannschaften bespielen können, haben wir das gut gemacht“, fand der für Artjoms Rudnevs eingewechselte Zoller nach der Partie. „Die Jungs haben viel Selbstvertrauen und arbeiten viel“, drückte es Trainer Stöger aus. Diese Qualitäten sind aber nicht allein den Fähigkeiten auf dem Platz geschuldet – die Mannschaft funktioniert auch sozial in einer Art und Weise, wie man sie in der Domstadt lange Zeit vermisst hat.
War natürlich auch dabei: Leonardo Bittencourt | Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images
“Die Jungs haben viel Selbstvertrauen”
Jürgen Klinsmann trat einst mal bei den Bayern mit der Vorgabe an, jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen zu wollen. Vielleicht ist Stögers Geheimnis ja, einfach die Spieler selbst dazu zu bringen, sich gegenseitig jeden Tag – nicht nur auf dem Platz – ein bisschen besser zu machen? Dass Modeste nach der Verletzung Leonardo Bittencourts ein „Gute Besserung, Brudi“ twitterte und sich dann zum Jubeln ein Trikot des Teamkollegen schnappte, mag nicht einzigartig sein. Dass Bittencourt daraufhin mit den Hashtags „#bringtmichruhigzumweinen“ und „#effzehfamilie“ reagierte, in Zeiten von maßloser Social-PR vielleicht auch nicht. Aber beim 1. FC Köln fühlt sich das alles derzeit außergewöhnlich echt an.
Und so passte es auch ins Bild, dass der irgendwie ja schon um ein Tor beraubte Simon Zoller am Sonntagabend dann auch ins keinster Weise den inneren Cristiano Ronaldo rausließ, um der eigenen Statistik nachzutrauern, sondern Teamkollege Modeste, der die Zoller-Flanke ins Tor gestreichelt hatte, stattdessen lieber auf bezeichnende Art und Weise gratulierte: „Glückwunsch, Brudi!“
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