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Keine 100 Tage bis zur Trennung: Sieger-Rücktritt setzt Vorstand des 1. FC Köln unter Druck

Nach nicht einmal 100 Tagen befindet sich der Kölner Vereinsvorstand bereits in der Krise: Vizepräsident Sieger schmeißt hin, Wolf und Sauren bleiben beschädigt zurück.

Eigentlich sollte beim 1. FC Köln Ruhe einkehren. Nach der Mitgliederversammlung im September und dem damit verbundenen Abschied von Toni Schumacher und Markus Ritterbach, sollte mit einem neuen Triumvirat an der Vereinsspitze endlich wieder geordnetes Arbeiten am Geißbockheim möglich werden. Doch nach nicht einmal 100 Tagen Amtszeit steht der neue Vorstand fast schon so zerbeult da wie der alte. Während beim vorherigen Vorstand der Präsident vorzeitig von Bord gegangen war, ist es nun Vizepräsident Dr. Jürgen Sieger, der die Reißleine gezogen hat.

Zunächst erscheint dieser Schritt durchaus überraschend. Ein neuer Vorstand, mit stabiler Mehrheit gewählt, sollte die Fehler der Vorgänger aufräumen und den Club wieder auf einen soliden Pfad führen. Das war der Wunsch des Mitgliederrats, der für die Auswahl der Kandidaten zuständig war. Und es war auch das Credo, mit dem das Team um Präsident Werner Wolf und seine Vizepräsidenten Eckhard Sauren und Jürgen Sieger für sich geworben hatte. Der Eindruck entstand, hier würden drei Leute mit klaren Vorstellungen zusammen für das Wohl des 1. FC Köln arbeiten.

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Unterschiedliche Herangehensweise an die Aufgabe FC

Während die ersten Tage nach der Wahl dafür genutzt wurden, sich „ein genaues Bild“ zu verschaffen, folgte wenig später bereits die Umstrukturierung von Beirat und Aufsichtsrat – eine überfällige Änderung und somit ein guter erster Schritt für das Triumvirat an der Vereinsspitze. Der geneigte Beobachter konnte sich durchaus Hoffnungen machen, der 1. FC Köln habe endlich wieder einen Vorstand, der konzentriert, ruhig und ohne großes Aufsehen zusammenarbeite.

FC-Stammtisch Talk Wolf Sieger Sauren

FC-Vorstand beim FC-Stammtisch: Sauren, Moderator Friedrichs, Wolf und Sieger | Foto: Dieter Voß

Intern kam es effzeh.com-Informationen zufolge jedoch schon früh zu ersten Irritationen. Während Sieger mit viel Elan und konkreten Ideen an seine neue Aufgabe heranging, zeigten sich die Vorstandskollegen vergleichsweise wenig eifrig. Der Präsident setzte auf einen internen Kuschelkurs, schmierte auch noch Ex-Geschäftsführer Veh öffentlich Honig um den Mund, statt mit dem notwendigen Schwung konkrete Veränderungen vorzunehmen und dabei vielleicht auch harte Entscheidungen zu treffen.

Offensichtlicher wurden die unterschiedlichen Auffassungen schließlich im Zuge der personellen Veränderungen beim 1. FC Köln aufgrund der sportlichen Talfahrt. Rund um die Freistellung von Ex-Geschäftsführer Armin Veh und Ex-Trainer Achim Beierlorzer verschärften sich die Konflikte in den Gremien. Dass der personelle Schnitt erst nach dem Hoffenheim-Spiel erfolgte, war das erste Symptom einer durchaus angespannten Gemengelage. Bei der Nachfolgersuche sollten die Unstimmigkeiten dann nicht weniger werden.

Knappes Ergebnis im Gemeinsamen Ausschuss

Schlussendlich verpflichtete der 1. FC Köln Horst Heldt als Geschäftsführer, obwohl der ehemalige FC-Spieler nur Tage zuvor noch als chancenlos gegolten hatte. Mit ihm kam Markus Gisdol als neuer Trainer. Die Entscheidung fiel kurz nach einem Interview des Präsidenten, in dem Werner Wolf noch betont hatte, nichts überstürzen zu wollen. Qualität sei nun wichtiger als Tempo. Etwas mehr als 24 Stunden später waren die Würfel plötzlich doch gefallen – und der Verein bemühte sich, die Entscheidung als einstimmig zu verkaufen. Der Realität entsprach das nicht – der Gemeinsame Ausschuss hatte nach effzeh.com-Informationen nicht unisono für Heldt und Gisdol gestimmt.

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Bereits bei der ersten wichtigen, tagesaktuellen Entscheidung konnten Wolf, Sauren und Sieger keine Einigkeit in den Gremien erzielen – und innerhalb des Vorstands wohl auch nicht. Auch beim Mitgliederrat kam das Vorgehen nicht unbedingt gut an. Plötzlich schien wieder Aktionismus und Kölschtümelei auf der Tagesordnung zu stehen, ein langfristiger Plan war kaum erkennbar. Für Sieger dürfte diese Episode eine große Rolle für seine jetzige Entscheidung gespielt haben. Um persönliche Befindlichkeiten geht es dem Juristen wohl kaum. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit scheint der mit einigen Ambitionen an den Start gegangene Vizepräsident nun dennoch nicht mehr für möglich gehalten zu haben.

Sieger: “Entscheidung nicht leicht gefallen”

Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images

Der Jurist beließ es auch an diesem Wochenende bei wenigen Worten. Nachtreten ist nicht Siegers Stil. Als er vor ein paar Jahren von Ex-Präsident Werner Spinner aus dem Aufsichtsrat geworfen wurde, blieb der Gesellschaftsrechtler genauso ruhig wie jetzt – obwohl er zuvor mit interner Kritik an Spinner lediglich seiner Aufgabe nachgekommen war. „Mir ist die Entscheidung nicht leichtgefallen“, erklärte der nunmehr ehemalige Vizepräsident nun. „Allen Gremien danke ich für die gute, intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ich danke Carsten Wettich, dass er bereit ist, zusätzlich zu seiner beruflichen Belastung diese Aufgabe interimsweise zu übernehmen.“ Der 1. FC Köln erklärte den Abschied des Vizepräsidenten mit „privaten Gründen“, Werner Wolf fand dankende Worte für seinen Ex-Vizepräsidenten.

Zunächst übernimmt nun Carsten Wettich, stellvertretender Vorsitzender des Mitgliederrats, den vakanten Vize-Posten. Der Jurist verlässt somit sein eigentliches Gremium und gehört nun bis zur Mitgliederversammlung 2020, auf der Siegers Nachfolger für die restliche Amtszeit des Präsidiums gewählt werden wird, dem Vereinvorstand an. Stefan Müller-Römer bleibt aller Verschwörungstheorien zum Trotz, die in diesen Tagen mal wieder von so manchem im Umfeld des Clubs gesponnen werden, im Mitgliederrat. Ho-Yeon Kim erbt unterdessen den Platz im Gemeinsamen Aussschuss, der durch Wettichs Schritt nach oben frei geworden ist.

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Werner Wolf und Eckhard Sauren stehen fortan noch mehr unter Beobachtung. Bisher stehen für den Präsidenten und seinen Vize-Präsidenten lediglich relativ unkreative Personalentscheidungen, wenig öffentliche Präsenz und der frühzeitige Verlust eines kompetenten Kollegen zu Buche. Es dürfte keineswegs die Bilanz sein, die sich die Unterstützer bei der Wahl des neuen Vorstands erhofft hatten. Es kommt wohl auch auf die sportliche Entwicklung in den kommenden Monaten an, ob das zum Duo geschrumpfte Präsidium langfristig den Ton beim 1. FC Köln angeben wird.

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