Die größte Aufgabe allerdings dürfte weiterhin die Suche nach Stabilität im eigenen Spiel, nach der Balance zwischen Defensive und Offensive sein: Hatte der FC in den vergangenen Spielen viel Wert auf die Abwehrarbeit gelegt und dadurch das Angriffsspiel nahezu komplett lahm gelegt, mussten die Kölner in Sinsheim nun angesichts des Spielstandes nach einer halben Stunde mehr wagen. Gerade über die rechte Seite, die Wolf betont offensiv beackerte, wagten sich die „Geißböcke“ vermehrt nach vorn. Die Lücken dahinter konnte die TSG nur noch sehr inkonsequent nutzen, zeigte sich besonders im eigenen Passspiel nicht mehr präzise genug (24 Prozent Fehlpassquote).
So erzählt auch dieses Spiel wieder mehrere Geschichten über das Gisdol-Team, die sich alle je nach Sichtweise entsprechend interpretieren lassen. Dass der FC sich nach schwachem Beginn fing und sogar vor der Pause zwei große Möglichkeiten durch Wolf hatte: Stimmt. Dass der Gegner nach 2:0 vom Gas ging, aber dennoch gegen harmlose „Geißböcke“ kaum in größere Schwierigkeiten geriet: Stimmt ebenfalls. Dass die Kölner Fortschritte im Spiel mit Ball machten und offensiv verbessert daher kamen: Richtig. Dass der Tabellen-16. immer noch riesige Probleme im Spielaufbau hat, im letzten Drittel weiterhin weder über einen Plan noch über die individuellen Fähigkeiten verfügt: Genauso richtig.
Es sind nicht nur individuelle Fehler
Es war eine Leistung, die schwerlich greifbar war – nicht nur für FC-Coach Gisdol, der sich nach der Partie eine Nacht erbat, die 90 Minuten nüchtern und sachlich einordnen zu können. Auf der einen Seite spricht das Ergebnis eine deutliche Sprache, andererseits sehen die Kerndaten nicht so schlecht aus. 13 Abschlüsse (davon 4 aufs Tor), fast gleichauf im Ballbesitz, der Laufleistung, der Zweikampfbilanz sowie den xG-Werten und sogar genauer im Passspiel. Keinesfalls haben die „Geißböcke“ in Sinsheim einen bodenlos schlechten Auswärtsauftritt hingelegt, doch letztlich fehlte einiges, um bei der TSG Hoffenheim Zählbares einzufahren.
“Wir müssen viel konsequenter den Plan verfolgen, den wir uns vor dem Spiel vorgenommen haben.”
Das war diesmal sicherlich insbesondere individuellen Aussetzern geschuldet: Die Elfmeter wurden ziemlich plump verschuldet, beim 0:2 verteidigte der FC vor und während des Standards nicht konsequent genug. Die Erkenntnis: „Wir haben zu dumm verteidigt, wir müssen die Fehler abstellen“, forderte Marius Wolf und hat damit nicht unrecht. Allerdings waren es bei weitem nicht nur Fehler einzelner Spieler, die zu Gegentoren führten: Dominick Drexler sprach nach der Partie von mangelhafter Restverteidigung, die der Gisdol-Elf das Leben schwer machte. Seine Analyse stimmt ebenfalls: Im Kollektiv arbeiteten die „Geißböcke“ nicht gut genug, nicht konsequent genug gegen den Ball – und offenbarten dadurch, dass die Raumaufteilung in beide Spielrichtungen derzeit nicht auf Bundesliga-Niveau ist.
Ein Plan, der nicht umgesetzt wird, ist kein guter Plan
Dazu passt auch, was Drexler direkt nach der Partie ziemlich unverblümt, aber zugleich sehr reflektiert ins Mikro sprach: „Wir müssen viel konsequenter den Plan verfolgen, den wir uns vor dem Spiel vorgenommen haben“, erklärte der Mittelfeldspieler und nahm damit die ganze Mannschaft in die Pflicht. Sie hätten zu Beginn der Begegnung einen Plan gehabt, wie sie Hoffenheim anlaufen wollten. Stattdessen lief der FC früh einem Rückstand hinterher – am Ende einer harten Englischen Woche gegen einen spielstarken Gegner, wie Drexler hinzufügte. Das dürfte so ziemlich das Gegenteil der angedachten Ausrichtung gewesen sein.
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Wie schon in Freiburg und auf Schalke wollte der FC auswärts den Gegner erst einmal kommen lassen, um aus massierter Deckung heraus kontern zu können – tief stehen und mauern, vorne hilft der liebe Gott. Diese Reminiszenz an die Soldo-Ära bei den „Geißböcken“ gelang bei der TSG wie schon in Freiburg nicht, weil ein frühes Gegentor die ersten Auflösungserscheinungen beförderten. Im Kellerduell bei S04 konnte sich das Gisdol-Team beim schwachen Gegner bedanken, dass diese von vielen als „Angsthasenfußball“ gescholtene Herangehensweise nicht bestraft wurde. Dass Hoffenheim dies eiskalt nutzte, um sich fast uneinholbar in Führung zu bringen, kam daher wenig verwunderlich. Ein Plan, der nicht umgesetzt wird, ist definitiv kein guter Plan – und manchmal eben noch schlimmer als gar kein Plan.