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Meinung

Aufbruch durch Umbruch? So könnte der 1. FC Köln unter Steffen Baumgart aussehen

Quo vadis, 1. FC Köln? Die neue Saison bringt dem FC mit Steffen Baumgart vor allem einen neuen, einen ganz anderen Trainer. Diese gute Neuigkeit geht in all dem aktuellen Getöse rund um den Club unter. Dabei bietet sie eine große Chance.

Steffen Baumgart in Aktion (IMAGO / Jan Huebner)

In der Kölner Medienlandschaft rumort es. Der Vorstand, die Mitgliederversammlung, der geschasste Manager Horst Heldt, der Spielerberater Volker Struth, Altinternationale, der Stadtheilige Lukas Podolski – in den vergangenen Tagen hat sich jeder zu Wort gemeldet, der etwas mit dem 1. FC Köln zu tun hat. Irgendwie. In all dem kölschen Tohuwabohu geht ein wenig unter, dass den “Geißböcken” gegen Ende der Amtszeit Horst Heldts noch ein echter Coup gelungen ist: Steffen Baumgart heißt der FC-Trainer in der kommenden Spielzeit, gemeinsam mit Alexander Wehrle und dem mittlerweile als Interimssportchef fungierenden Vorstandsberater Jörg Jakobs hatte Heldt den Paderborner Coach in die Domstadt gelockt – obwohl er eigentlich Thorsten Fink favorisiert hatte.

Warum das ein Coup ist? Dafür reicht ein Blick nur wenige Wochen zurück. Egal, wo ein Trainer entlassen und demzufolge ein neuer gesucht wurde – ob bei Hannover 96, dem Hamburger SV, Schalke 04 oder eben dem glorreichen 1. FC Köln – überall fiel relativ schnell der Name Steffen Baumgart. Und der 49-Jährige, mit bekannten Sympathien zum HSV, entschied sich für den 1. FC Köln. In der vereinseigenen Dokumentation “24/7 FC” ist zu sehen, wie Alexander Wehrle und Horst Heldt Baumgart und seine Frau willkommen heißen und zum Einstand eine kleine Statue des kölschen Geißbocks Hennes übergeben. Der baldige Kölner Trainer freut sich sichtlich über diese Geste.

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Der Weg zum Tor muss kürzer werden

Auch als der künftige Cheftrainer beim Relegationshinspiel im Stadion ist, fiebert er direkt mit, ist emotional, tigert auf und ab, als stünde er bereits an der Seitenlinie. Man bekommt das Gefühl, da hat einer Bock auf diesen Job. Und das ist auch kein Wunder, denn Köln und Baumgart, das könnte eine gute Kombination werden. Und das hat einerseits mit dem neuen Trainer zu tun, andererseits aber damit, wie der 1. FC Köln zuletzt gespielt hat. Eine zentrale Baustelle: Tore schießen. Damit tat sich der FC zuletzt sichtbar schwer. Die Ideen im Spiel nach vorne fehlten lange Zeit in dieser Saison, auch der Abschluss war mangelhaft. Das könnte unter Baumgart tatsächlich besser werden. Sein Spielstil wird mit „Attacke-Fußball“ (SZ) oder „bedingungsloser offensiver Tempofußball“ (NDR) beschrieben, in seinen etwas mehr als vier Spielzeiten in Paderborn gab es im Schnitt 1,98 Tore pro Spiel zu bewundern (darunter allerdings auch der Drittliga-Rekord von 90 Treffern direkt in seiner ersten Saison).

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Foto: imago images / Nordphoto

So leicht wird das mit Köln und vor allem in der Bundesliga nicht werden. Baumgarts bislang einzige Bundesliga-Saison endete mit dem Paderborner Abstieg, 37 erzielte Tore sind gerade drei mehr, als sie dem FC in der gerade abgelaufenen Spielzeit gelangen. Trotzdem: Mit Ismail Jakobs und Jan Thielmann ist die Schnelligkeit und Geradlinigkeit, die Baumgart sehen will, derzeit im Kader. Wenn tatsächlich ein Mark Uth die Offensive um Florian Kainz, Ondrej Duda, Sebastian Andersson und Rückkehrer Anthony Modeste in den kommenden Tagen ergänzt und der Kader konkreter wird, dann ist da durchaus Raum für Hoffnung, dass Baumgart dem FC endlich mal eine offensive Spielidee implementieren könnte.

Das Bemerkenswerte an seinem Ansatz in Paderborn war, dass er seine Idee durchsetzte, eben ohne der Favorit zu sein. Baumgart war der Anführer des „ewigen Underdogs Paderborn“ (SZ). Dabei verpflichteten die Ostwestfalen ausschließlich No-Names, schon der Aufstieg aus der 3. Liga war eine Sensation, der Durchmarsch in die Bundesliga kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gelingt es Baumgart, seine Idee diesen Kölner Spielern zu vermitteln, dabei noch Kapitän Jonas Hector wie unter Friedhelm Funkel als bedingungslosen Leader aufzubauen, dann hat dieser 1. FC Köln Potential.

Passt das wirklich?

Doch auch Steffen Baumgart wird sich umstellen müssen, auf den Trainer wartet in Köln eine ganz andere Hausnummer, als er es bislang gewohnt war. „Ich hätte kein Problem damit, wenn keiner mehr kommt“, antwortete der 49-Jährige auf die Frage nach der gestiegenen Aufmerksamkeit im beschaulichen Paderborn. Damals seien neun Fernsehteams an einem Tag da gewesen. Daran wird der neue Kölner Coach sich gewöhnen müssen. Er kann sich ja mal die Bilder anschauen, als Christoph Daum zum FC zurückkehrte und das erste Training als Huldigung an den Messias im Müngersdorfer Stadion abgehalten wurde.

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Trotzdem: Genau dieser Gras fressende Steffen Baumgart könnte eben genau das sein, was der 1. FC Köln, was vor allem die Spieler des FC brauchen und seit Jahren gebraucht haben. Weg von der elitären Arroganz, hin zu mehr Ehrlichkeit. Hin zu: Wir sind eine verdammte Fahrstuhlmannschaft, wir sind der Underdog, gerade auch in Partien gegen Augsburg, Mainz, Freiburg. Diese Clubs sind seit Jahren in der Bundesliga etabliert. Der FC ist dagegen mit Hängen und Würgen so gerade dringeblieben. Die neue Devise unter Baumgart lautet: Arbeit, Arbeit, Arbeit. „Es geht immer um den Ball. Wir arbeiten so lange am Ball, bis wir ihn haben“, drückt der künftige Mann an der Seitenlinie selbst seinen Ansatz aus. Und schon klingt es eher nach dem Dauerpressing Jürgen Klopps. Allerdings eben auf dem Niveau eines Underdogs. Spannende Mischung.

Weiter auf die Jugend setzen

Doch Baumgart erwartet bei den “Geißböcke” ja nicht nur Negatives. Eines der besten Nachwuchsleistungszentren der Republik steht dem neuen Coach zur Verfügung. Jedenfalls bringt kaum ein Bundesligist so regelmäßig den eigenen Nachwuchs aufs Bundesliga-Parkett wie zuletzt der FC. Jakobs, Thielmann, Noah Katterbach, Sava-Arangel Cestic, es stehen Talente wie Robert Voloder, Tim Lemperle oder Marvin Obuz in den Startlöchern. Steffen Baumgart wird sich hier einen guten Überblick verschaffen können. Und das ganz in Ruhe. Genau so kommt der neue Coach auch rüber. Nach der Relegation hat er den Spielern, die nicht mit Nationalteams unterwegs sind, erstmal 14 Tage Ruhe verordnet. Nichtstun sei wichtig.

Anschließend ist eine Vorbereitung von „minimum fünf Wochen, maximal sechs Wochen“ geplant. Baumgart überlässt hier, ebenfalls zu beobachten in der Doku auf SKY, kaum etwas dem Zufall. “Bevor wir ins Mannschaftstraining gehen, hätte ich gerne, dass man sich mit allen zum Essen abends trifft“, äußerte der neue Übungsleiter noch beim ersten Kennenlerngespräch mit seinem neuen Funktionsteam. Sein Auftreten auch dabei: komplett unprätentiös, authentisch, so gar nicht effzeh-like. Und genau das könnte dem 1. FC Köln richtig richtig gut tun.

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