Ziemlich überraschend tauchte eine Stunde vor dem Spiel bei Borussia Dortmund ein Name in der Aufstellung des 1. FC Köln auf: Die „Geißböcke“ setzten für das schwere Spiel im Westfalenstadion neben Sebastiaan Bornauw und Rafael Czichos als Teil einer Dreierkette auf Sava-Arangel Cestic. Das Bundesliga-Debüt für den 19 Jahre jungen Innenverteidiger – und das ausgerechnet gegen die hochgelobte BVB-Offensive um Superstar Erling Haaland, der in den vergangenen Wochen sein Können mehr als eindringlich gezeigt hatte. Und ausgerechnet inmitten der Kölner Krise: 18 Spiele ohne Sieg, 19 Partien ohne weiße Weste, Abstiegsangst und Trainerdiskussion. Eine mutige Wahl des unter Druck geratenen FC-Coaches Markus Gisdol, die sich jedoch für den FC auszahlen sollte.
Denn so überraschend, wie Cestics Startelf-Nominierung daher kam, so überraschend präsentierte sich auch der 1,92 Meter große Abwehrhüne gegen die Schwarzgelben. Körperlich robust, schnell auf den Beinen und am Ball mit Bierruhe ausgestattet: Wer den Deutsch-Serben im Duell mit Haaland, Reus, Sancho und Co. erlebte, der hätte nicht vermutet, dass der sensationelle 2:1-Auswärtssieg der „Geißböcke“ das erste Bundesliga-Spiel seiner Karriere gewesen war. Von Anfang an abgeklärt erledigt Cestic seine Aufgabe im Abwehrzentrum nahezu makellos. 60 Prozent Zweikampfquote (75 Prozent in der Luft), nur ein Foul, dafür zehn Klärungsaktionen: Ein blitzsauberes Debüt brachte der junge Innenverteidiger in Dortmund auf den Rasen. Das sah auch Gisdol so: „Er hat das gut gemacht“, lobte ihn der FC-Coach und schob dann wohl wissend hinterher: „Und wenn ein Schwabe gut sagt, bedeutet das manchmal etwas mehr.“
Vertragsverlängerung bis 2024 bereits Mitte November
Dennoch bemühten sich alle Beteiligten, den Ball nach dem soliden Auftritt des neuen Gesichts in der Kölner Abwehr möglichst flach zu halten. „Bitte bewertet ihn nicht. Es geht sehr schnell mit Superlativen“, mahnte Gisdol nach dem Überraschungserfolg beim BVB zur Ruhe im Umgang mit dem 19-Jährigen, der im Sommer 2019 aus der Jugend des FC Schalke 04 ans Geißbockheim gewechselt war. Andere Sorgen trieben derweil die FC-Fans um, die nach Cestics Debüt-Performance die Vertragssituation des Youngsters anführten. Sollte das Arbeitspapier des Hoffnungsträgers tatsächlich schon im kommenden Sommer auslaufen? Drohte ein ablösefreier Abgang des talentierten Abwehrspielers, dessen Karriere bei den „Geißböcken“ doch gerade erst ins Rollen kommt? Eine Horrorvorstellung für alle, die es mit den Kölnern halten – zumal der bittere Wechsel von Florian Wirtz zum rheinischen Rivalen aus Leverkusen nicht einmal ein Jahr her ist.
Entwarnung folgte alsbald: Bereits Mitte November hatte der FC den Vertrag mit Cestic verlängert, der Abwehrhüne unterschrieb einen neuen Kontrakt bis 2024. „Sava-Arangel hat es bei seinem Debüt wirklich gut gemacht. Wir waren aber auch vorher schon von seiner Qualität überzeugt. Er ist ein junger und ehrgeiziger Bursche und wir freuen uns, dass er bei uns langfristig verlängert hat. Es ist unser Weg, auf junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen“, betonte FC-Sportchef Horst Heldt angesichts der Vertragsverlängerung mit dem Deutsch-Serben. „Mit dem Spiel am Samstag ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich spüre hier beim 1. FC Köln das Vertrauen in mich und werde weiterhin alles geben, um es zurückzuzahlen“, sagte derweil der Bundesliga-Debütant, dessen Zukunft weiterhin am Geißbockheim liegen wird.
Abschied aus der Knappenschmiede: “Ich habe einen Tapetenwechsel gebraucht”
Vertrauen, das er nicht erst seit seinem ersten Auftritt in der höchsten deutschen Spielklasse spürt. Vertrauen, das ihn zuvorderst überhaupt erst zum 1. FC Köln gebracht hat. Der gebürtige Offenbacher sah im Sommer 2019 auf Schalke keine Zukunft mehr für sich, nach einer starken Saison in der U17 hatte Cestic im ersten Jahr unter Talentschmied Norbert Elgert keine Einsatzchance mehr – auch aufgrund der starken Konkurrenz um Malick Thiaw. „Ich habe einen Tapetenwechsel gebraucht“, schilderte der Youngster nach seinem Wechsel zum FC im Gespräch mit der „Kölnischen Rundschau“ seine Beweggründe. Die „Königsblauen“ hatten durchaus das Talent des großen Innenverteidigers erkannt, konnten ihn aber nicht mehr für einen Verbleib in der Knappenschmiede begeistern. In Köln spielte sich Cestic schnell fest – und überzeugte auch U19-Coach Ruthenbeck. „Sava ist ein prima Junge, der schon sehr reif für sein Alter ist“, erklärte dieser im Winter 2019 gegenüber effzeh.com.
Wie reif er bereits ist, das konnte der serbische U18-Nationalspieler dann auch wenig später im Profi-Trainingslager in Benidorm zeigen. Zwar konnte sich Cestic erst einmal nicht in den Bundesliga-Kader spielen, beeindruckte aber durch seine Leistungen in den Einheiten auch die Verantwortlichen der „Geißböcke“. Schnell war klar, dass der Abwehrhüne auch in der anstehenden Saison eine Rolle spielen soll – im Profikader und bei der U21. Gedankenspiele, den talentierten Innenverteidiger durch eine Leihe Spielpraxis im Seniorenbereich zu verschaffen, wurden verworfen. Nach überzeugenden Leistungen in der Regionalliga-Reserve, die derzeit äußerst erfolgreich unterwegs ist, folgt für den ballsicheren und zweikampfstarken Rechtsfuß die Beförderung: Am 2. und 3. Bundesliga-Spieltag steht Cestic erstmals im Profikader, gegen Dortmund ist dann das ebenso überraschende wie überraschend erfolgreiche Bundesliga-Debüt fällig.
Nicht der erste Youngster auf dem Weg ins FC-Team
Nicht der erste Youngster, der beim FC in der jüngeren Vergangenheit seinen Weg in der 1. Mannschaft gefunden hat. Neben Cestic standen noch die Kölner Eigengewächse Ismail Jakobs, Salih Özcan und Jan Thielmann beim Auswärtsspiel in Dortmund in der Anfangsformation, auf der Bank wartete Noah Katterbach auf seine Einsatzchance. Der kölsche Weg: Er scheint auch das Vertrauen in den eigenen Nachwuchs zu beinhalten. Vertrauen, das zumindest Sava-Arangel Cestic zurückzahlen konnte. Auch wenn seine Leistung gegen den BVB für viele überraschend kam. Die Ruhe im Auge des Sturms – im hektischen Bundesliga-Alltag, der gerade in Köln noch einmal ganz andere Ausschläge hat, wirkte der 19 Jahre junge Innenverteidiger wie ein altgedienter Abwehrrecke. Bei den anstehenden Aufgaben wird er diese Charaktereigenschaft noch öfter gebrauchen können.
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