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Der effzeh.com-Possbüggel: Bild dir deine Bande!

Foto: Ina Fassbender/Pool via Getty Images

Eine wahrlich komische Saison biegt für den 1. FC Köln auf die Zielgerade ein: Verhaltene Aufstiegseuphorie, tiefer Fall mit Trainerentlassung und Managerabschied, Wiederauferstehung über Markus Gisdol und Horst Heldt und dann kam das Coronavirus um die Ecke. Seitdem ist vom Positivlauf der “Geißböcke” nicht mehr viel zu spüren, ohne die eigenen Fans im Rücken scheint beim FC kaum mehr etwas zu laufen. Vier Geisterspiele seit der Fortsetzung der Bundesliga, kein einziger Sieg.

Langsam, aber sicher müssen Jonas Hector, Jhon Cordoba & Co. wieder ins Rollen kommen, soll der Klassenerhalt frühzeitig eingetütet werden. Es wäre ein versöhnlicher Abschluss einer Achterbahnfahrt der Gefühle, die diese Saison für alle FC-Fans bereit hielt. Auch über die aktuelle sportliche Situation hinaus muss sich am Geißbockheim und bei den Anhängern Gedanken gemacht werden – die Pause durch die Coronakrise hat viele Fragen aufgeworfen, die den Fußball noch länger beschäftigen (sollten).

Halt uns ens aff – die Zahl des Monats

6.000. So viele Namen sind auf dem neuen Mannschaftsbus des 1. FC Köln zu sehen. Namen der Dauerkarteninhaber, die auf eine Rückerstattung ihrer Zahlungen verzichtet und das entsprechende Paket beim Verein gebucht hatten. Wie viele Fans sich für die “Geld zurück!”-Option oder sich für eine Spende entschieden haben, konnte der FC noch nicht sagen. Entsprechende Zahlen lägen frühestens erst am Ende der Saison vor, teilten die “Geißböcke” auf effzeh.com-Anfrage mit. Übrigens: Die Anschaffung eines neuen Busses ist natürlich kein Zeichen unermesslichen Reichtums, sondern lediglich der Tatsache geschuldet, dass der Leasingvertrag für den bisherigen auslief. Auf diese Feststellung legt der Verein großen Wert.

Ens em Vertraue – die Fragerunde

Was haltet ihr von einer Doppelspitze Cordoba/Modeste? (via Instagram)

Persönlich muss ich sagen, dass ich in der Bundesliga kein Fan einer Doppelspitze beim 1. FC Köln bin. Anders als beispielsweise in der Aufstiegssaison, als die Mannschaft zum einen eine für das Niveau überragende Offensive auf den Platz bringen konnte und zum anderen im Großteil der Partien als Favorit antrat. Dafür sind wir eine Klasse höher nicht dominant genug und legen darauf auch nicht unbedingt großen Wert. Auch die bisherigen Erfahrungen in dieser Saison mit einem Sturmduo Jhon Cordoba / Anthony Modeste sprechen nicht unbedingt für diese Kombination in vorderster Front. In den Spielen, in denen sie zusammen im Angriffszentrum agierten, harmonierten beide nicht sonderlich gut. Obwohl sie sich als Stürmertyp eher nicht gleichen, schien das Duo dieselben Räume zu besetzen und zu ähnliche Wege zu gehen.

Foto: imago images / Norbert Schmidt

Jetzt kommt das große Aber: Zum einen zeigte sich Anthony Modeste damals in gänzlich anderer Verfassung als in den letzten Wochen. Der Franzose wirkt gelöst und hochmotiviert, die Treffer gegen Düsseldorf und Leipzig haben ihm sichtlich gut getan. Auch als Anspielstation ist der bullige Angreifer mittlerweile wieder ein wichtiger Faktor für die Mannschaft geworden. Und da sich der FC derzeit im Spielaufbau aus der eigenen Defensive äußerst schwer tut, könnte ein zweiter Brecher in vorderster Front durchaus eine taktische Alternative sein. Die Frage dürfte dann allerdings sein, wie sich die „Geißböcke“ dahinter organisieren. Mit einer flachen Doppelsechs im Mittelfeldzentrum könnte die Lücke zwischen Angriff und Abwehr zu groß werden, eine Raute könnte die Außen entblößen. Die richtige Balance zu finden: Das scheint mir bei einem Zwei-Mann-Sturm am Ende die größte Problematik zu sein, die sich in meinen Augen derzeit nicht lösen lässt.

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Wie schätzt ihr den kommenden Transfermarkt ein? Kommt jemand, geht jemand? (via Instagram)

Das ist aktuell tatsächlich schwierig abzuschätzen. Keiner weiß so genau, wie die Transferperiode im Sommer aussehen wird. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch organisatorisch. Klar ist derzeit, dass beim 1. FC Köln definitiv ziemlich viele Leihspieler zurückkehren werden, die zu großen Teilen keine Perspektive mehr im Verein besitzen. Für Frederik Sörensen schwärmt FC-Sportchef Horst Heldt ziemlich – ich denke allerdings, dass der Däne in Bern bleiben wird. Ich würde mich persönlich freuen, wenn wir es schaffen würden, Salih Özcan und Yann-Aurel Bisseck in den Kader einzubauen. Wie wichtig dem Verein Eigengewächse für die Identifikation auf und neben dem Platz geworden sind, zeigt sich schon durch die Vertragsverlängerungen mit Noah Katterbach, Ismail Jakobs, Jan Thielmann und Robert Voloder.

Auf der Zugangsseite hängt in meinen Augen viel davon ab, ob es der FC schafft, Kaderplätze frei zu bekommen. Und ob größere Verkäufe zu verzeichnen sind. Denn: Wenn es der Club nicht schafft, beispielsweise mit Jhon Cordoba zu verlängern, dann muss im Sommer wohl oder übel die Trennung erfolgen. Ansonsten glaube ich, dass wir zur neuen Saison nur einen prominenteren Transfer tätigen werden: Die endgültige Verpflichtung von Mark Uth. Die Schalke-Leihgabe wird, auch angesichts der finanziellen Lage bei Königsblau, wohl keine zehn Millionen Euro kosten, dennoch muss sich der FC für einen Transfer gewaltig strecken. Viel wird dann, auch dank der Investitionen der vergangenen Transferphasen, vermutlich nicht mehr im Portemonnaie übrig sein. Da ist es gut, dass die „Geißböcke“ eine starke Jugend ihr Eigen nennen können, um eben Spieler wie Voloder, Daniel Adamczyk oder Philipp Wydra ins kalte Wasser schmeißen zu können.

Wird der 1. FC Köln noch vor der Kommunalwahl grünes Licht für den Ausbau des Geißbockheim-Geländes bekommen? Was ist mit dem Alternativplan im sogenannten „Beller Bogen“? (via Mail)

Dass Oberbürgermeisterin Henriette Reker dem Stadtrat Mitte Mai eine Beschlussvorlage übermittelt hat, ist jedenfalls ein positives Signal, auch wenn sie sich selbst mittlerweile zur Gegnerin des Projekts aufgeschwungen hat. Dass die gewählten Vertreter in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause und somit vor der Kommunalwahl entscheiden werden, halte ich allen Störfeuern zum Trotz für relativ sicher. Und dann wird der Stadtrat dank der Fraktionen von CDU, SPD und FDP mit der Mehrheit der Stimmen für den Ausbau des Geißbockheim-Geländes votieren. Das heißt: Politisch dürfte es noch vor der Kommunalwahl grünes Licht geben, was allerdings nur ein weiterer Schritt auf dem beschwerlichen Weg ist. Die Klageandrohungen der Projektgegner dürften dann jedenfalls in die Tat umgesetzt werden.

Dass kurz vor Abschluss des politischen Verfahrens noch einmal ein sogenannter Alternativvorschlag aus der Tasche gezogen wird, kommt wenig überraschend und ist vor allem Taktiererei. Marsdorf als Ausweichquartier für den FC-Nachwuchs ist nicht das erste Mal in der Diskussion und wurde bereits mehrfach auf Herz und Nieren geprüft. Das Ergebnis bleibt dasselbe, auch wenn es nun grafisch und textlich etwas schöner aufbereitet würde. Dass die Initiatoren selbst davon sprechen, eine entsprechende Baugenehmigung im derzeit als Gewerbegebiete ausgewiesenen „Beller Bogen“ sei in lediglich 38 Monaten erreichbar, spricht Bände. Dass der FC auf ein solches vermeintliches „Kompromissangebot“ nicht eingeht, ist angesichts dieses und vieler anderer Probleme mit diesem Standort völlig klar. Zu verlieren hat der Verein vor der Kommunalwahl eh nichts mehr: Geht der Ausbau durch den Rat, ist er einen Schritt weiter. Geht er das nicht, muss er eh über Alternativen nachdenken. Warum also vorher die eigene Position unnötig schwächen?

Wat do nit sähs – unser Hot Take

Salary Cap, Beraterhonorare stutzen, Ablösesummen begrenzen, größere Mitbestimmung der Fans – was wurde in den vergangenen Wochen nicht alles diskutiert, wie sich der Fußball verändert wird durch die Coronavirus-Krise. Manches davon wie beispielsweise der herrlich naiv daherkommende Fünf-Punkte-Plan des DFB-Präsidenten Fritz Keller wirkte wie sinnloser Aktionismus, einiges in der Debatte wie eine schöne Utopie, nur leider ziemlich unausgegoren. Was dabei herauskommen wird? Nichts. Die meisten Gedankenspiele sind schlichtweg nicht umsetzbar, manche einfach nicht wirklich sinnvoll. Wie wenig es die Fußballbranche geschafft hat, ihr neues demütiges Erscheinungsbild aufrecht zu erhalten, zeigte bekanntlich schon das Verhalten während der Ligaunterbrechung. Geläutert ist niemand – Business as usual, sofern es die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zulassen.

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Jot kamellt

„Es ist nicht die richtige Entscheidung. Es ist Wettbewerbsverzerrung, es ist super unfair.“

Rachel Rinast, Spielerin der Frauenmannschaft des 1. FC Köln, im Sportschau-Interview über die Fortsetzung der Saison in der Frauen-Bundesliga

Koot verzällt

Montagsabends. Ohne Zuschauer. Gegen die in Ostdeutschland angesiedelte Marketingabteilung eines Brausekonzerns. Eigentlich schon Ärgernis genug, wäre da nicht eine Sichtung während des Spiels gewesen, die vielen FC-Fans den Puls in die Höhe trieb. Ausgerechnet die “Bild”-Zeitung war mit dem Slogan “Oft hart. Immer sportlich” auf eine der zahlreichen digitalen Werbebanden im sogenannten TV-relevanten Bereich zu sehen. Dass bei einem weltoffenen Club wie dem 1. FC Köln für das menschenfeindliche Boulevardblatt des Axel-Springer-Verlags geworben wird, sorgte für Kritik. “Der Springer-Verlag hat für BILD ein Sponsoringpaket für die gesamte Saison beim FC gebucht – wie auch der DuMont-Verlag für Express und Radio Köln”, teilte der Verein auf effzeh.com-Anfrage mit. Glücklich ist das in meinen Augen nicht, wenn man sich sonst bei jeder bietenden Gelegenheit auf die FC-Charta beruft. Aber dort verliert man beim Eintreten für seine Werte auch keine Sponsoringeinnahmen.

Gleich zwei Titel durfte der 1. FC Köln im Nachwuchsbereich feiern: Sowohl die U19 als auch die U17 sind durch den Saisonabbruch im Jugendfußball Meister der Bundesliga-Staffeln West geworden. Beide Teams rangierten zum Zeitpunkt der Entscheidung die Tabellen in ihren jeweiligen Ligen an. Für die FC-U19 ergibt sich sogar noch die Chance auf die Qualifikation für die UEFA Youth League: Zwischen dem Nordmeister Werder Bremen und den jungen “Geißböcken” wird der Startplatz, der eigentlich für den Deutschen Meister reserviert ist, ausgespielt. Ein Modus für die Ausscheidungsspiele steht noch nicht fest.

Dass Hennes definitiv das großartigste Maskottchen auf diesem Planeten ist, wissen Fans des 1. FC Köln schon seit Ewigkeiten. Nun bekam unser Geißbock allerdings das offizielle Gütesiegel des globalen Meinungswettkampfes: Auf Twitter suchte der englische Amateurclub Caversham United (bezeichnenderweise seit 2018 selbst “The Billy Goats”, also waschechte Geißböcke!) in einem offenen Abstimmungsturnier den Weltmeister der Maskottchen. Und schau an: Gegen Hennes war letztlich einfach kein Kraut gewachsen, in einem engen Endspiel bezwang unser Aushängeschild den Glücksbringer des MLS-Teams L.A. Galaxy. Glückwunsch, leeven Jung!

https://twitter.com/fckoeln_en/status/1267188340631179265

Social jeck

Hinger d’r Britz

Wer gedacht hat, die Öffentlichkeitsarbeit des glorreichen 1. FC Köln sei der Gipfel des Fremdschämens, der sollte aktuell dringend einen Blick nach Gelsenkirchen werfen. Der finanziell wohl ziemlich dramatisch dastehende FC Schalke 04 pfeift, anders als beispielsweise sein Rivale Borussia Dortmund oder auch der FC, auf eine kulante Regelung bei der Rückgabe der bereits bezahlten, aber nicht nutzbaren Eintrittskarten und zieht sich auf die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zurück, die unter anderem eine Stundung der Rückzahlung in Gutscheinform vorsehen. Falls jemand sein Geld doch früher wiedersehen will, muss ein Härtefallantrag gestellt werden – inklusive Begründung, weshalb das geschehen soll. Mit entsprechenden Belegen.

Dass das völlig überraschend bei den Schalke-Fans alles andere als gut ankommt, dürfte der Club ziemlich schnell gemerkt haben. Ein Shitstorm allererster Güteklasse ergoss sich über den “Knappen”, deren Spitzname wohl lange nicht mehr so angebracht zu sein scheint. Der Supportersclub Schalke reagierte mit einem längeren Wutpost und stellte die bei S04 immer berechtigte Frage: “SCHÄMT IHR EUCH EIGENTLICH NICHT???” Der Verein reagierte alsbald auf die negativen Reaktionen und bat in einer Stellungnahme um Entschuldigung für die “Fehler im Umgang mit Ticketrückerstattungen”. In den Anschreiben an Fans und dem darin aufgeführten „Härtefallantrag“ habe Schalke 04 unpersönliche und wenig empathische Formulierungen verwendet. “Das hätten wir besser formulieren können und müssen” – no shit, Sherlock!

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