Für Fans des 1. FC Köln ist momentan eine sehr seltsame Phase im Leben angebrochen: Nicht nur, dass man sich wieder aktiv jedes Wochenende auf Spiele seines FC freuen darf oder das Gefühl hat, dass selbst gegen vergangene Saison noch übermächtige Gegner punktetechnisch etwas drin ist. Auch sagt man plötzlich Sätze, die noch vor wenigen Monaten undenkbar schienen. Einer dieser Sätze ist sicherlich ein unironisches „Benno Schmitz war der beste Mann auf dem Platz“. Ein anderer aber ist „Der 1. FC Köln hat sehr viel mit RB Leipzig gemeinsam“. Bitte warten Sie noch einen Moment mit den wütenden Zuschriften und lassen Sie uns erläutern, was damit gemeint ist.
Auf der Abgangsseite offenbaren beide Vereine nämlich tatsächlich erste Parallelen, haben doch beide ihren besten Abwehrspieler verloren und darüber hinaus ihren Trainer gewechselt. Bei Leipzig kommt zudem der Abgang des Kapitäns hinzu, wohingegen Köln in Ismail Jakobs einen wichtigen Flügelspieler verloren hat. Allerdings: Die “Geißböcke” scheinen diese Umstellungen besser verkraftet zu haben. Trotz des Verlustes des Abwehrhünens Sebastiaan Bornauw hat der FC zwei Gegentore weniger kassiert als zum gleichen Zeitpunkt der vergangenen Saison, wohingegen Leipzig – am vierten Spieltag der vergangenen Saison noch Tabellenführer – bereits vier Tore mehr hinnehmen musste und sich just auch in der Champions League derer sechs einschenken ließ.
Die Baumgart-Handschrift funktioniert bereits ausgesprochen gut
Zwar wies FC-Trainer Steffen Baumgart in der offiziellen Pressekonferenz vor dem Spiel zurecht daraufhin, dass man dies differenzierter betrachten müsse, aber auch ihm dürfte nicht entgangen sein, dass die Sachsen unter Neu-Trainer Jesser Marsch defensiv nicht unverwundbar sind und es Marsch noch nicht gelungen ist, das volle Potential der Einzelspieler zu entfalten. In Köln hingegen konnte Baumgart der Mannschaft auf Anhieb eine eigene Handschrift verleihen, die bereits bemerkenswert gut funktioniert. Diese Handschrift unterscheidet sich auf dem Papier gar nicht so sehr von jener, die auch Marsch für seine Mannen vorschwebt. „Leipzig ist sehr aggressiv im Gegenpressing. Sie kommen viel über zweite Bälle und aggressives Anlaufen“, so Trainer Baumgart.
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Aber genau diese Beschreibung trifft eigentlich auch auf seine eigene Mannschaft zu. Beide Mannschaften wollen durch hohes, aggressives Anlaufen und konstantes Nerven des Gegners für Ballgewinne in der gefährlichen Zone sorgen und so die Wege zum Tor kurz halten. Nicht nur Baumgart darf daher „ein Spiel mit hoher Intensität“ erwarten. Vermutlich dürfte dieses Spiel sogar neutralen Fans des Fußballsports sehr viele Gründe bieten, es zu schauen, da mit vielen hohen Ballgewinnen und entsprechend vielen Torraumszenen zu rechnen ist. Es ist gut möglich, dass dieses Spiel vier oder mehr Tore erleben könnte – nur die Verteilung wird aus Kölner Sicht entscheidend sein.
Ein leidenschaftliches Verteidigen eines irgendwie herausgespielten Vorsprungs mit Spielern, die knapp vor dem eigenen Strafraum versuchen, sich in jeden Schuss zu werfen, ist nicht zu erwarten. Zwar konnte man in der vergangenen Saison so gegen Leipzig gewinnen, aber Baumgarts Hauptkritikpunkt an den verlorenen zwei Punkten gegen Freiburg war der Rückfall in genau diese alten Muster, „anstatt aufs zweite Tor zu gehen. Wir hatten gedanklich die Absicherung im Kopf. Ich will, unabhängig vom Ergebnis, dass wir nach vorne denken. Man kann auch vorne absichern“, so der Trainer.
Erstes Flutlichtspiel mit Fans seit 18 Monaten
Allerdings wird dieses Vorhaben gegen Leipzig – Fehlstart oder nicht – ungleich schwieriger, da die Sachsen nicht nur individuell besser besetzt sind, sondern auch klare Geschwindigkeitsvorteile haben. Zwar ist auf Grund der Doppelbelastung unter der Woche nicht ganz absehbar, wer bei Leipzig in der Startelf stehen wird, verzichten müssen sie doch in jedem Falle auf Marcel Halstenberg mit einer Kapselreizung im Sprunggelenk. Die Rheinländer auf der anderen Seite müssen den gelb-rot-gesperrten Florian Kainz ersetzen und auch Joker Tim Lemperle fehlt angeschlagen. Für Kainz könnte der wiedergenesene Jan Thielmann in die Startelf rücken, insofern sein Fitnesszustand dies erlaubt. Diese Personalie würde auch helfen, die angesprochenen Speed-Defizite ein wenig wettzumachen.
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Denkbar wäre aber auch, mit Dejan Ljubicic, Salih Özcan und Ellyes Skhiri auf ein sehr kampf- und laufstarkes Mittelfeld zu setzen, um so die frühen Ballgewinne zu forcieren und ihrerseits das gegnerische offensive Mittelfeld um Dani Olmo nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Von Vorteil könnte allerdings auch sein, dass der FC sich ungestört der Vorbereitung auf dieses Spiel widmen konnte, wohingegen der Champions-League-Teilnehmer eine Reise nach Manchester in den Knochen hat und nun eben nach Köln muss, wo euphorisierte Fans das erste Fluchtlichtspiel seit anderthalb Jahren herbeisehnen und die eigene Mannschaft wie gegen Bochum nach vorne peitschen werden. Und vermutlich ist das dann auch der größte Unterschied zwischen zwei Vereinen, die in manchen Bereichen überraschende Parallelen aufweisen.