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Vorspiel

Der 1. FC Köln vor dem Auswärtsspiel gegen Hertha BSC: Zum Siegen verdammt

Am Samstag könnte für den 1. FC Köln bereits der bittere Gang in die 2. Bundesliga feststehen. Um den siebten Abstieg in 23 Jahren zu vermeiden, sind die “Geißböcke” im Gastspiel bei Hertha BSC zum Siegen verdammt.

Foto: imago images / Herbert Bucco

Manchmal liegen Glück und Pech im Fußball so nah beieinander, dass man glaubt, es handle sich um eine griechische Tragödie: Während dem 1. FC Köln in der Nachspielzeit gegen den SC Freiburg in einer mindestens strittigen Entscheidung ein Tor von Jan Thielmann aberkannt wurde, traf der FC Schalke 04 gegen die Hertha aus Berlin in der Nachspielzeit gleich zweimal nur den Pfosten. Anstatt zwei Punkten trennen die “Geißböcke” nun vor dem direkten Duell am 33. (und damit vorletzten) Spieltag also satte fünf Zähler von den Hauptstädtern.

“Wir haben eine wichtige Aufgabe in Berlin vor der Brust. Angstgefühle sind aber nicht da. Wir werden sehr konzentriert sein“, gibt sich FC-Coach Friedhelm Funkel vor dem Duell bei Hertha BSC betont optimistisch. “Die Mannschaft ist zuversichtlich. In den Gesprächen ist ganz deutlich herauszuhören, dass sie nach wie vor daran glaubt, dass wir die Klasse halten können – egal ob direkt oder über die Relegation. Die Mannschaft hält zusammen und sie steht zusammen“, so der Trainerroutinier, auf dessen Erfahrung an der Seitenlinie die “Geißböcke” im Abstiegskampf vertrauen.

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Die Situation vor dem Spieltag

Der 1. FC Köln geht allerdings auch aufgrund der schon geschilderten Momente aus der deutlich schlechteren Position in die Partie am Samstagnachmittag: Mindestens einen, wenn nicht gar zwei Kontrahenten muss die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel hinter sich lassen, um die Klasse noch direkt oder in der Relegation halten zu können. Der FC ist daher in beiden noch ausstehenden Partien jeweils zum Siegen verdammt. Die Trainer-Neuverpflichtung von Steffen Baumgart sorgt zwar für einige Euphorie im Umfeld, aber nur ein Erfolg bei Hertha BSC könnte noch einmal für eine Gefühlswelle sorgen, die die Mannschaft mit Hilfe der Stadt und Fans (wenn auch in Abwesenheit) zum Klassenerhalt tragen kann.

“Die Mannschaft ist zuversichtlich, sie glaubt nach wie vor daran, dass wir die Klasse halten können – egal ob direkt oder über die Relegation.”

Aber auch die “Alte Dame” ist noch nicht gerettet: Mit einem Punktepolster von drei Punkten und dem deutlich besseren Torverhältnis auf Bremen und Bielefeld sowie eben jenen fünf Punkten auf Köln könnte man zwar mit einem Unentschieden am Samstag nicht mehr direkt absteigen, aber jede:r in Berlin möchte sich sicherlich die Relegation ersparen und sich nicht abhängig machen von den Ergebnissen der Konkurrenz. Daher wird auch die Hertha nicht zum munteren Samstagsausflug im Olympiastadion erscheinen, sondern die drei Punkte in der Hauptstadt behalten wollen. Sollten wirklich Fans zugelassen sein, kann dies eine müde Mannschaft auch dazu pushen, noch einmal alles zu geben.

Ausfälle und Aufstellungen

Allerdings wird dieses Unterfangen für Hertha trotz der derzeit guten Form (seit sieben Spieleb ungeschlagen) kein Selbstgänger werden, denn der Sieg gegen Schalke wurde teuer erkauft. Nicht nur hat Vladimir Darida seine fünfte Gelbe Karte gesehen und wird daher gesperrt fehlen, auch Dodi Lukebakio sah innerhalb von 22 Minuten nach Einwechslung gleich zweimal Gelb und wird nun eine Gelb-Rot-Sperre absitzen müssen. Zudem konnte Krzysztof Piatek den Platz nur gestützt verlassen und fällt nun für den Rest der Saison aus.

Der ehemalige Kölner Jhon Cordoba wird Hertha am Samstag fehlen | Foto: Lars Baron/Getty Images

Hinzu kommen die Verletzungen vieler weiterer Spieler: Mit Luca Netz, Rune Jarstein, Mattéo Guendouzi und Jhon Cordóba fällt eine halbe Bundesliga-Mannschaft aus, dazu ist auch Matheus Cunha angeschlagen, ein Einsatz scheint erst wieder am 34. Spieltag möglich. Zurück in den Kader rücken hingegen Márton Dardai und Lukas Klünter, die Einsatzfähigkeit von Sami Khedira allerdings bleibt abzuwarten. Es steht daher zu vermuten, dass Trainer Pál Dardai wieder erneut viel rotieren wird, wenn auch dieses Mal gezwungenermaßen. Während Darida wohl von Santiago Ascacibar vertreten werden wird, könnte im Sturm der Siegtorschütze gegen Schalke, Jessic Ngankam, von Beginn an auflaufen. Generell ist der Herthaner Kader sowohl in Tiefe als auch Breite sehr üppig besetzt, so dass Dardai weiterhin auf viele gestandene Spieler zurückgreifen kann.

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Aber auch der FC ist nicht frei von Personalsorgen: Die beiden Youngster Tim Lemperle und Marvin Obuz wurden nicht mit ins Quarantänehotel genommen und können daher nicht eingesetzt werden, Wintertransfer Emmanuel Dennis trat die Reise ebenfalls „angeschlagen“, so Trainer Funkel auf der Pressekonferenz, nicht an. Mit Jonas Hector und Sebastian Andersson drohen jedoch erneut zwei absolute Schlüsselspieler auszufallen. Zwar musste der 1. FC Köln in dieser Saison schon öfter ohne beide Spieler auskommen und hat sogar die Mehrheit seiner Saisonsiege ohne mindestens einen von beiden errungen, jedoch waren beide zuletzt in guter Form und sind absolute Unterschiedsspieler, die auch Spiel und Spielanlage der Kölner Mannschaft zuletzt prägten.

Hectors Fehlen könnte extrem weh tun

Gerade Hector ging zudem in den letzten Wochen als absoluter Mentalitätsspieler und Anführer auf dem Platz voran. Sollten beide ausfallen, wird wohl Duda wieder als „falsche 9“ in den Sturm rücken, während Hector gleich durch mehrere Spieler ersetzt werden könnte, je nachdem, welchen Ansatz Friedhelm Funkel wählen wird: So könnte er Max Meyer als weiteren Spielgestalter, der den Zehnerraum besetzt hält (während Duda im Sturm die Anspielstation gibt) bringen. Oder aber er möchte Hectors zuletzt sehr hohes Anlaufen beibehalten, dann wäre womöglich Elvis Rexhbecaj die bessere Wahl. Zuletzt könnte auch Salih Özcan für den Kapitän in die Startelf rotieren, wenn Funkel mehr Körperlichkeit ins Spiel bringen möchte.

HECTOR Jonas Kapitaen Teama 1.FC Koeln nach dem Spiel mit DUDA Ondrej Fussball Bundesliga Saison 2020-2021 Spiel 1.FC Koeln - SC Freiburg 1 : 4 am 09. Mai in Koeln DFL REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO *** HECTOR Jonas Kapitaen Team 1 FC Koeln after the match with DUDA Ondrej Football Bundesliga Season 2020 2021 Match 1 FC Koeln SC Freiburg 1 4 on 09 May in Koeln DFL REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and or QUASI VIDEO

Foto: imago images / Laci Perenyi

Ansonsten setzte der FC-Interimstrainer bislang immer auf eine eingespielte Startelf, so dass weitere freiwillige Wechsel eher nicht zu erwarten sind. Einzig denkbar wäre, dass der gegen Freiburg indisponierte Jannes Horn eine Pause bekommen könnte und entweder durch Ismail Jakobs oder Noah Katterbach vertreten werden könnte. Gerade Jakobs hat gegen Freiburg mit einer Torvorlage und dem Herausholen eines Elfmeters auf sich aufmerksam gemacht und ist gelernter Linksverteidiger, auch wenn er zuvor eher auf der offensiven Außenbahn eingesetzt wurde. Katterbach hingegen stand gegen Freiburg nicht einmal im Kader.

Das alte Lied von der Einstellung

Viel wichtiger als die Auf- wird jedoch die Einstellung sein. Nach einer indiskutablen ersten Halbzeit gegen Freiburg folgte zumindest ein Aufbäumen in der zweiten Hälfte. Bei der Hertha wird man sich solche Nachlässigkeiten nicht erlauben können und über 90 Minuten konstant abliefern müssen, da der FC ja, wie bereits gesagt, gewinnen muss. Dazu wird es nicht nur wichtig sein, von Beginn an wach und griffig zu sein, sondern auch die defensiven Schlafmützigkeiten, die Freiburg zum Toreschießen einlud, abzustellen. Wie unter Funkel bislang immer, wird daher zu erwarten sein, dass Ellyes Skhiri primär nach hinten orientiert bleibt, während sein Partner im Mittelfeld den offensiven Part übernehmen soll. Dabei muss Skhiri allerdings clever in die Zweikämpfe gehen: Der Tunesier ist (wie auch Jakobs und Rexhbecaj) mit vier Gelben Karten vorbelastet.

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Wichtig wird jedoch sein, den Zehnerraum konsequent zu besetzen. Gegen Freiburg zog es Hector zu oft auf die Außenbahn, so dass das Mittelfeldzentrum für Umschaltmomente oft zu verwaist war. Dies hat Funkel auch auf der Pressekonferenz nach dem Spiel bemängelt. Zudem zeigte sich Hertha gegen Schalke anfällig für Überladungen dieses Raumes (das 1:0 fiel auf diese Art), außerdem wirkten die Berliner nicht immer sicher bei schnellen Klatsch-Pass-Situationen mit schnellen Bällen auf die Außen, die dann mit schnellem Antritt durchstarten. Der Kader des 1. FC Köln gibt solche Spielertypen durchaus her, gerade auf den Außen. Sollte Hector ausfallen, wäre daher auch Max Meyer die logische Wahl, wenn Funkel einen solchen Ansatz wählt.

“wir werden uns einen Plan zurechtlegen, um ein gutes Spiel in Berlin zu machen und Punkte mit nach Köln zu nehmen.”

Zudem wird es darauf ankommen, den Vorteil auszuspielen, dass man selber ausgeruht und gut trainiert ist, während Hertha BSC aus zwei englischen Wochen kommt und noch am Mittwoch ein anstrengendes Spiel samt Reisestrapazen absolvieren musste. Es wird also darauf ankommen, die Berliner durch ruhigen Ballbesitz ins Laufen zu bekommen. Doch gerade in dieser Disziplin zeigte Köln sich bislang höchst ausbaufähig – und auch anfällig für aggressives Pressing des Gegners während eigenen Ballbesitzphasen. Hier wird es darum gehen, Lösungen gegen das zu erwartende Pressing zu finden und die schnellen Außen einzusetzen. Gegen Leverkusen hat man bereits Ansätze dessen gesehen und die erste Hälfte gegen Augsburg könnte sogar eine Blaupause dafür sein, wie man einen Gegner durch schnelles Umschalten auf die Flügel und Rücklagen in die Mitte knacken kann. Zudem muss – ob mit oder ohne Andersson – die Strafraumbesetzung konsequent gegeben sein.

Funkel erwartet keine Erschöpfungserscheinungen

Große Erkenntnisse aus den vergangenen Auftritten der Berliner wollte Funkel nicht gewonnen haben – oder aber diese nicht verraten vor dem eminent wichtigen Duell im Olympiastadion. “Pal Dardai hat zuletzt viel umgestellt, das System gewechselt. Mal Dreier-, mal Viererkette gespielt. Wir müssen abwarten, in welcher Formation Hertha gegen uns antritt. Aber wir werden uns einen Plan zurechtlegen, um ein gutes Spiel in Berlin zu machen und Punkte mit nach Köln zu nehmen”, betonte der FC-Coach, der keine Erschöpfungserscheinungen bei den Berlinern erwartet.. Ein letztes Detail am Rande: Hertha-Trainer Dardai machte sein letztes Spiel in der Saison 2009/10. Sein Trainer damals: Friedhelm Funkel. Endergebnis: Die Hertha stieg am Ende sang- und klanglos ab. Wenn dem 1. FC Köln ein ähnliches Schicksal erspart bleiben soll, ist er zum Siegen verdammt.

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