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Meinung

Der 1. FC Köln ohne Hennes? Unvorstellbar, aber eigentlich vernünftig?

Direkt nach dem Klassenerhalt des 1. FC Köln forderte die Tierschutzorganisation PETA den Verein auf, demnächst auf Maskottchen Hennes zu verzichten. Wir haben das zum Anlass für eine Debatte genommen: Ein Plädoyer für unser Wappentier – und schweren Herzens eins dagegen.

COLOGNE, GERMANY - AUGUST 23: Hennes the 1. FC Koeln mascot is seen prior to the Bundesliga match between 1. FC Koeln and Borussia Dortmund at RheinEnergieStadion on August 23, 2019 in Cologne, Germany. (Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)
Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Der 1. FC Köln ohne Geißbock – einfach undenkbar

Text: Moritz Zimmermann

Pünktlich mit dem Abpfiff des Relegations-Rückspiels des 1. FC Köln in Kiel veröffentlichte die Organisation PETA die Forderung, der 1. FC Köln solle Hennes IX. an einen Lebenshof übergeben und seinen Glücksbringer gegen ein „zeitgemäßes Maskottchen“ austauschen. Damit meint die Tierschutzorganisation ein Kostüm, in welches ein Mensch schlüpfen möge. Die Forderung ist nicht neu, seit Jahren arbeiten sich Tierschützer in Momenten, die viel Öffentlichkeit versprechen, an Hennes, dem Geißbock, ab. Die letzte größere Aufregung gab es, als Ex-Torjäger Anthony Ujah Hennes 2015 im Jubel bei den Hörnern packte.

Mit ihren Protesten haben die Tierschützer*innen eine Menge erreicht. Die wohl wichtigste Veränderung, seit Zirkusdirektorin Carola Williams 1950 bei einer Karnevalssitzung den Ur-Hennes an die Verantwortlichen des FC übergab, war nun ausgerechnet die, die bei ebenjenem Relegations-Rückspiel zu beobachten war: Während die Spieler und Verantwortlichen des 1. FC Köln in Kiel freudetaumelnd die Rettung in letzter Sekunde feierten, fraß Hennes IX. völlig entspannt Gras. In seinem Gehege im Kölner Zoo. Die Zeiten, in denen der Geißbock mit zum Auswärtsspiel fuhr, gar im Mannschaftsbus, auch die, in denen er auf dem Anhänger eines Mopeds transportiert wurde, diese Zeiten sind Vergangenheit.

Hennes wohnt im Zoo

Hennes wohnt nun im Kölner Zoo in seinem Stall. Dort geht es ihm hervorragend. Und wer sich selbst davon ein Bild machen möchte, der kann das jederzeit tun. Auch Tierschützer*innen. Per Webcam gibt es eine Live-Übertragung direkt in den Stall. Auch in der aktuellen Pressemitteilung bezieht sich PETA bei den Vorwürfen übrigens hauptsächlich darauf, dass der Bock in Gefahr gebracht würde und nennt als Beispiel ebenjenen Vorfall um Ujah aus dem Jahre 2015. Bereits vor sechs Jahren sagte der damalige Vorstandschef des Zoos, Christopher Landsberg, es sei „alles in bester Ordnung“. Hennes habe nicht gelitten, „Hörner dienen einem Ziegenbock zur Verteidigung, er braucht sie im Kampf“, deshalb habe das Tier keinen Schmerz verspürt. Zudem sagte der Zoo-Vorstandschef: „Ganz nebenbei erfordert Tierquälerei einen Vorsatz. Und den kann man Ujah nun wirklich nicht vorwerfen.“

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Und eben auch der 1. FC Köln ist um das Wohl seines Wappentiers enorm bemüht. Die fürstliche Residenz im Zoo zeigt das, das Minimieren der Reisen auf ein absolutes Minimum und eine angemessene Transportweise ebenfalls. Um die Verpflegung des Geißbocks braucht man sich ohnehin nicht sorgen. Bleibt der Auftritt im Müngersdorfer Stadion, an 17 Spieltagen einer Bundesligasaison. Dazu muss man eines wissen, auch wenn es kaum zu glauben ist, aber auch Hennes IX. ist im Wesentlichen eine Ziege. Und Ziegen gehen am Morgen und am Nachmittag auf Nahrungssuche. 15:30 Uhr klingt da nach einer guten Ausgehzeit. Die Männchen leben zudem meist als Einzelgänger und sie fressen Kräuter und Gräser. Zudem fühlen sie sich sowohl in Steppen als auch im Gebirge bockwohl. Für mich klingt das Stadion da nicht als besonders ungeeigneter Ort.

Was ist zeitgemäß?

Nun fordert PETA den Tausch in ein zeitgemäßes Maskottchen. Was das ist, kann man seit Jahren mit großem Erschrecken feststellen. Der hosenlose Löwe Goleo wird vielen ein Begriff sein.  Aber kennt ihr denn auch das aktuelle Maskottchen der Europameisterschaft? Ich kannte es bis vor diesem Text auch nicht. Sein Name ist Skillzy, es soll einen Jungen darstellen, hat dabei Ähnlichkeit mit Gareth Bale und kann vor allem jede Menge Tricks mit dem Fußball. Ich habe dazu eine Menge Fragen. Warum so unkreativ? Warum kein Mädchen? Was soll das? Sind nur einige. Dabei stimmt: Skillzy scheint mir ein „zeitgemäßes“ Maskottchen zu sein. Muss ich aber ja nicht gut finden.

Skillzy – Maskottchen der Europameisterschaft (Imago / Peter Kovalev)

Stattdessen bin ich stolz darauf, dass der 1. FC Köln mit Hennes einen echten Glücksbringer hat. Dass diese Funktion eher Folklore ist, dürfte beim sportlichen Abschneiden der vergangenen Jahre mehr als nur deutlich sein. Niemand glaubt also wirklich, dass Hennes da ist, um uns Glück zu bringen. Aber Hennes ist ein Symbol. Hennes steht eben nicht für die Skillzys dieser Zeit – und der Geißbock hat eine Strahlkraft weit über die Grenzen des Rheinlands, ja sogar weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. „He was a goat but we loved him“, schrieb Kollegen Arne Steinberg kürzlich in einem emotionsgeladenen Text zum Tod von Hennes XIII. für den englischen Guardian. Der Text erklärt vor allem, dass ein Tier wie unser Geißbock erdet. Keine Super League, keine noch krankeren Träume von FIFA, UEFA, DFB und Co. Einfach dem Geißbock beim Möhrenfuttern zusehen. Heimat. Stolz. Oder um es in Arnes Worten zu sagen: Hennes repräsentiert etwas, was mehr und mehr abnimmt, etwas, zu dem Fans einen Bezug haben und worauf sie stolz sein können. Lasst uns das.

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